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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Duftiger Spiegelschmuck
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Die dekorativen Arbeiten des Tapezirers an Holzmöbeln
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0178
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Nr. 18.

Fachblatt für ^nnen-Dekoration".

5-eite 151.

Nuftrgev SxLegelschmurß.

ler Schmuck des Zimmers zeugt vor Allem von dem Geiste, der im Hause
^ waltet. Nie und nirgends mehr als in der Sommerfrische, wo die Hausfrau,
' befreit von den herkömmlichen Formen des großstädtischen Lebens, selbst in den
kleinen und kleinsten Dingen den Eingebungen des Augenblicks Folge leisten kann.
Und hier wird cs die Freundin der Blumen am Besten verstehen, ihr Heim mit
den blühenden Kindern des Waldes und der Wiese in fantasiereicher Weise heraus-
zuputzen.

Die Erfahrung lehrt, wie sehr das Zimmer schon durch die düstere Pracht
^ exotischer Gräser, bunter Federn und kühn geschwungener Wedel gewinnt, die eine
kundige Hand zu den bekannten Makart-Bouquets verbindet. Letztere bestehen meist
aus Halmen, aus Getreide- und Rohrkolben, aus Schilf- und Frauenhaarkätzchen,
kurz aus Pflanzen, die bei uns entweder wild oder als Kulturgewächse Vorkommen,
, dann aus Palmblättern, Cacteen usw-, die sämmtlich getrocknet, gepreßt, gebleicht
oder leicht gefärot, theils zu flachen, theils zu runden Sträußen gruppirt werden,
um entweder an der Wand oder in Vasen zu paradiren, während andere Formen
— Fächer, Guirlanden und Aehnliches — zu sonstigen dekorativen Zwecken dienen.

So beliebt aber diese Art des Zimmer-
schmuckes lange Zeit hindurch gewesen,
so vollständig hat mit ihr die Mode seit
Kurzem aufgeräumt. Sie hat dem getrock-
neten Bouquet nur mehr den bescheidensten
Winkel des Salons gelassen oder das-
selbe von der Oberfläche des Zimmers
verbannt.

Ganz anders verhält sich dies mit der
, Anwendung natürlicher, beziehungsweise
frischer Blumen, Halme und Blätter zu
verwandten Zwecken. Der durch ihr rasches
Verwelken und außerdem durch die Manig-
faltigkeit der von Woche zu Woche ja selbst
von Tag zu Tag zur Blüthe und Reife
gelangenden Arten bedingte Wechsel solcher
Dekorationen verleiht dem Zimmer immer
neuen Reiz, läßt die Hausfrau in ihrem
Eifer/neuen Blumenschmuck für ihr Heim
zu schaffen, nie erlahmen und überrascht
die Fremden täglich mit neuen Bildern.

Das Auge des Naturfreundes wird
selbst durch das bescheidenste Blümchen
innerhalb des tobten Rahmens der Stube
befriedigt. Daher der dunkle Drang
auch solcher Menschen, denen sonst jeglicher
geniale Schwung versagt ist, wenigstens
auf dem Tische in des Zimmers Mitte
oder auf irgend einem Kästchen oder unbe-
nutztem Sockel ein Sträußchen aufzustellen.

Freilich läßt sich auch dieser an sich un-
bedeutenden Sache ein gewisser Zweck ver-
leihen.

Man weiß, wie kahl Portraits und
folgerichtig auch die Spiegel, wenn auch
noch so schön umrahmt, an den Wänden
hängen. Es gälte nun, ihrer Erscheinung
eine lebendige Basis zu geben. Und dieses
läßt sich am Besten mit frischem Blatt-
und Blumenschmuck erreichen. Namentlich
schräg von den Wänden abstehende Spiegel
sind zu solchem Zwecke wie geschaffen.

Zur Herstellung des gedachten Bilder-
und Spiegelschmuckes ist natürlich nur
das simpelste Material verwendbar. Die
Ranken wilder Reben, ein Kolben grünen
Schilfes, schief in eine Ecke des oberen
Spiegelrandes gesteckt und diesen nach der
Länge überragend, etwa ein Band von Weidenröschen gebunden und dazwischen ein
Sträußchen blauer Vergißmeinnicht, täglich frisch gepflückt und bald durch diese oder
jene Blüthe ersetzt, vielleicht ein üppiger Wedel feinen Farrenkrautes — das gäbe
eine Auswahl jener Pflanzen, die bei sorgsamer Pflege etwas von dem Hauche des
grünenden Waldes und blüthenschweren Aulandes in die trauliche Stube trügen.

Unser Gedanke ist nicht neu. Er hat in ungezählten Fällen schon seine Ver-
wirklichung gefunden. Und was das Sonderbarste an der Sache ist: er ist, die
Natur ersetzend und kopirend, längst von Photographen und Rahmenhändlern aus-
gestaltet worden. Wenigstens sind jetzt Bilderrahmen mit bronzenen Blattwerk und
ähnliche Spregelrahmen an der Tagesordnung.

Doch bleiben derartige tobte Verzierungen weit hinter den lebendigen des
Blumenschmuckes zurück. Man vergegenwärtige sich das Spiegelbild eines frischen
blühend gesunden Mädchenkopses, das mitten in der drückenden Atmosphäre des
Salons in jugendlichem Glanze unter duftenden Blumen erscheint!

Um nicht mißverstanden zu werden, sei noch gestattet zu versichern, daß auch
wir nicht mit einer bald in's Absurde gehenden Uebertreibung in der Anwendung

lebenden Blumenschmuckes für das Zimmer einverstanden wären. Er sei keine Last
für die Stube. Nicht ein „ausreichendes" sondern ein höchst bescheidenes Mäaß
allein vermag ihm gebührende Geltung zu verschaffen. Am zwanglosesten freilich
in der Sommerfrische, wo der Wald bis in die Stube grünt und wo die Wiese bis
an's Thor des Hauses blüht. Sich von dort ein Stückchen duftiger Schönheit
wegzuholen, sei unseren Frauen und Mädchen empfohlen.

Abbildung

Uotogrsstr- oder Spiegel

Entworfen von Professor A. Seder und

Nie üekovativen Mvöeiten Ses Gape-Lrers
an WokMööetn.

!tMon den Polstermöbcln abgesehen, sind die dekorativen Arbeiten, welche der
Tapezirer an Holzmöbeln zu verrichten hat, nur wenige, und nimmt darunter
der moderne Toilettetisch die erste Stelle ein.

Ein mit allen Mitteln der Dekorationskunst ausgestatteter Toilettetisch, zu
welchem außer dem Behänge des Tisches selbst und einem künstlerisch ausgestatteten
Spiegel, auch ein dem Betthimmel verwandtes, aus einer oberen kroncnartigen

Gallerie herabhängendes Zelt gehört, bildet
nach dex Meinung vieler Damen den
unerläßlichen Bestandthcil eines „vorneh-
men" Schlafgemaches. Wenn man nun vor
allen Dingen festhält, daß der Toilettetisch
zum Haarmachen, also zu einer nicht
übertrieben delikaten Abtheilung der weib-
lichen Kosmetik bestimmt ist, so werden in
dieser Vorstellung die Vorhänge nebst Kopf,
wenn sie verlangt werden, nicht anders
konstruirt werden, als wie ein verkleinerter
Betthimmel, daß dieselben aber durchaus
zu verwerfen sind, wenn nicht gerade für
den Toilcttctisch ein Fensterpfeiler zur
Verfügung steht. Aber auch hier wird ein
großer Pfeilerspiegel, der die ganze Figur
zu betrachten gestattet, mehr am Platze
sein; die Engländer haben für solche Zwecke
sehr praktische Frisirtische erfunden, bei
welchen die nöthige Tischplatte mit einer
Menge von Schubladen und Behältnissen
sich konsolartig rechts und links an dem
bis auf den Fußboden gehenden Spiegel
angebracht findet. Auch soll nicht unerwähnt
bleiben, daß die mit Behang versehenen
Toiletten, zumal wenn die üblichen Kerzen-
arme am Spiegelrahmen angebracht sind,
eine ernste Feuersgefahr enthalten. Von
dem Behang also abgesehen, wird der Toi-
lettetisch meist aus rohem Holz mit vier
Beinen und ohne Schublade konstruirt;
die Platte wird mit Molton benagelt, da-
rüber kommt ein farbiger Ueberzug von
Satinet, Seide, Atlas, Kretonne, je nach
Geschmack und Mittel der Bestellerin.
Dieser erhält dann seine letzte Bedeckung mit
Mull oder Tüll, der nun in beliebiger
Weise mit Rüschen, Spitzen, Schleifen usw.
verziert wird. Unter diesen Umständen
muß dieser letzte Ueberzug fest in sich ver-
näht sein, so daß er ohne Mühe im Gan-
zen abgcnommen und gewaschen werden
kann; der Tischplattenüberzug wird dabei
für sich behandelt und der Behang lose
daran gedreht. Wirklich reinliche Personen
werden das Frisirzeug überhaupt nicht
auf eine mit Mull bezogene Tischplatte
legen, sondern sich eine Damastserviette
unterlegen lassen, wie sie in feinster Ausführung speziell für diesen Zweck in beson-
derem Formate angefertigt werden. Der Spiegel, welcher eigentlich der nothwendigste
Theil des ganzen Toilcttetisches ist, muß zum Stellen eingerichtet sein; man giebt
ihm zu diesem Zwecke eine an der Rückwand beweglich angebrachte Stütze von starkem
Drahte, an jedem Ende mit Gelenken versehen, welcher in ein an der Hinterkante
der Tischplatte angebrachtes Oehr eingehakt ist und den Spiegel gerade und schräger
zu stellen erlaubt. Der Rahmen des Spiegels wird je nach Geschmack, aus vergol-
detem, polirtem oder lackirtcm Holze, Porzellan oder venetianischcn Glasblumen her-
gestellt, oder endlich mit demselben Stoffe bespannt und mit Spitzen verziert, wie der
ganze Toilettetisch.

Anders steht die Frage, wenn man ganze Sitzmöbel und selbst auch kleine,
nur dem Schmucke dienende Tische mit einem reichen Stoff bekleidet, wie es zur
Zeit Heinrichs II. geschah. Bei diesen, auch als „Rubens-Möbel" bezeichneten Schemeln
und Sesseln tritt die einfache, schlichte Konstruktion so klar zu Tage, daß die Be-
nagelung mit Sammt in der Thal nur als anspruchsloses Kleid, ein Ueberzug
erscheint. Aus diesem Käraktcr gehen zwei Rücksichten hervor, die wir bei solchen

Nr. 86.

Nahmen aus Elfenbein.

ausgeführt von A. Diesfl in München
 
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