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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Das Legen des Linoleums
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Nachahmung alter Kunstgegenstände
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Reinigung wollener Möbelbezüge, ohne sie herunter zu nehmen
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0177

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Seile' !5>0.

„^achblatt für Innen-Dekoration".

Nr. 18.

schnitten, schlägt man an der oberen Kante des Linoleums durch Zchnur-
schlag eine Binde, überfährt dieselbe mit einem nicht zu heißen Bügel-
eisen und klebt noch warm den Lederstreifen mit Terpentinkleister fest.
Auf der Rückseite des Linoleums ist das Erwärmen der Kante nicht
nöthig, hier genügt nur festes Anreiben. Selbst beim Rollen und im
jahrelangen Gebrauch löst sich bei obigem Verfahren die Einfassung
nicht ab.

Machahmung alter °Eunstgegenyänöe.

^ber die Ausdehnung, welche die gewerbsmäßige Nachahmung alter Kunst-
gegenstände zur Täuschung des Publikums in Paris gefunden hat, macht in
der „Voss. Zeitg." Herr Hermann intercs-
sanie Mittheitungcn. Es gibr demnach
dort Monogrammisten, welche die Unter-
schrift jedes Künstlers genau kennen und die-
selbe, zehn Franken für die Unterschrift,
täuschend nachzuahmen verstehen. Wenn
man beobachtet, wie oft Sachen versteigert
werden, welche Ludwig XIV., Ludwig XV.,

Ludwig XVI. und den Großen ihrer Zeit
angehört haben, müssen einem doch Be-
denken aufsteigen. Wie viele Bettstellen,

Nachttische usw., welche Marie Antoinette
gehört haben, sind nicht in den letzten
Jahrzehnten versteigert worden! Aus dem
Nachlaß eines berühmten Sammlers Double
wurden mehrere prachtvolle, kunstreiche
Schlafzimmer- usw. Einrichtungen Marie
Antoinettes zu riesigen Preisen versteigert.

Eine Bettstelle wurde mit 150 000, andere
Gegenstände mit 120 000 Franken usw.
bezahlt. Die Blätter ergingen sich in Be-
wunderung dieser prächtigen, kunstreichen
Sachen. Kein Mensch äußerte einen Zweifel
an der Echtheit, obwohl die große Zahl
und die Vollständigkeit dieser Einrichtungen
einiges Mißtrauen rechtfertigen mußte. Ein
Theil mag echt, wenigstens aus der Zeit
Marie Antoinettes gewesen sein. Aber das
übrige,? Mit einem echten Spind als Vor-
bild vermag ein gewandter Kunsthand-
werker lehr gut ein dazu passendes Gegen-
stück, Tisch, Stuhl usw. herzustellen. Es
sind überhaupt Stücke und besonders Zeich-
nungen aus jener Zeit genug vorhanden,
um sich auf die Nachahmung einüben zu
können. In Paris hat dabei ein jeder
Fabrikant sein besonderes Fach. Dieser
arbeitet nur im lstile Ludwigs XIV.,
dieser in dem Franz I. usw. Jeder besitzt
hierzu eine Masse Muster und Vorlagen,
ist ganz besonders darauf eingeschult.

Wer die Verhandlungen der Gerichte
verfolgt, wird nicht sehr erbaut sein
über die Echtheit der Pariser Kunstsacheu,
obwohl nur die wenigsten Fälle eine ge-
richtliche Klage zur Folge haben. Hier
nur zwei Beispiele: Ein Liebhaber wurde
uneins mit einem Händler wegen eines
Tisches, den er ihm für 24 000 Franken
abgekauft hatte. Er verlangte Rücknahme
desselben, da Zweifel au dessen Echtheit
ausgestiegen. Der Händler führte seinen
Standesgenossen ins Treffen, dem er 12000
Franken für den Tisch gezahlt hatte. Aber
dieser mußte gestehen, daß er für den-
selben dem Anfertiger 2600 Franken be-
zahlt. Der Unfertiger war noch sehr froh
gewesen, daß er ihn um diesen Preis losgeworden, da er sich in Verlegenheit befand
und den Tisch vergebens vielen Liebhabern angeboten hatte. Die Nachahmung, im
Stile Ludwig XV., war so geschickt, so getreu, daß selbst geübte Kenner getäuscht
wurden. Nur im Innern wurde die Täuschung an einigen zutage stehenden frischen
Schnitten ins Holz erkannt. Denn auch das Holz war sorgfältig ausgewählt. Eine
Täuschung war es eigentlich nicht, denn das Stück besaß hohen Kunstwerth.

Ein andermal wies der Vorstand des Museums in Rouen eine für 12 000
Franken gekaufte Gruppe von Clodion als unecht zurück. Ein Sachverständiger,
zugleich Kunstausbesserer, bezeugte: Die Gruppe ist von einem verstorbenen Künstler,
Lebroc, der von seinem Vater, einem Ziseleur, eigens auf die Nachahmung Clodions
geschult worden und sein ganzes Leben fast nur dergleichen anfertigte. Ich habe



Abbildung Nr. 84.

Mandelsüev ln Wl-an)v für- 2F Rev;en.

Entworfen von Pnul Stotz in Stuttgart.

gar viele derselben geflickt, denn, um größeres Vertrauen in die Echtheit zu erwecken,
hat er absichtlich an jedem seiner Stücke etwas zerbrochen. Jedoch vermochte er
nicht, sich denselben Thon zu verschaffen, wie Clodion. Hieran sind seine falschen
Sachen sofort zu erkennen. Aber fast niemand achtete auf diesen Umstand. Viele
Kunstliebhaber sind schon zu oft getäuscht worden, um nicht etwas mißtrauisch zu
sein. Für sie werden alte Möbel und sonstige Kunstsachen bei Dorfwirthen in der
Nähe von Bade- und sonstigen von reichen Sommerfrischlern besuchten Orten unter-
gebracht. Der Badegast oder Vergnügungsreisende wird beim Eintritt m das Wirths-
haus überrascht und betrachtet das Stück mit verstohlenen Blicken. Endlich fragt
er schüchtern. Der Wirth scheint den Werth desselben gar nicht zu kennen, erzählt
nur, daß er dasselbe geerbt und als altes Familienstück Hochhalte. Auf die Frage
nach dem Preis thut er mit bäuerischer Verschmitztheit, als habe er nicht verstanden.
Von einem Preis will er überhaupt nichts wissen, denn das Stück ist nicht zu ver-
kaufen. Der Liebhaber ist genöthigt, zu bieten, geht immer höher, stößt aber stets

auf dieselbe Abweisung. Und wenn sie mir
20 000 Franken danir auf den Tisch legten,
würde ich sie nicht nehmen, ruft derselbe
schließlich, um den Zudringlichen los zu
werden. Aber dieser schlägt zu, denn er
glaubt, immer noch einen guten Kauf zu
machen. Nun aber jammert der Wirth,
will dies nur im Scherze gesagt haben.
Seine Frau, Kinder, die alte Großmutter
laufen herbei, sind entsetzt und heulen, daß
man das theure Kleinod, das heilige Fa-
milienstück verkaufen wolle. Dem glück-
lichen Käufer bleibt nichts übrig, als jedem
der Heuler ein Schmerzensgeld zu zahlen,
eine Banknote auf die geschlagene Herzens-
wunde zu legen. Den Leutchen kann ja
auch eine Krume des Goldsegens zufallen,
der von der Altliebhaberei ansgeht. Wäre
es dem Liebhaber nur um den Kunstwerth
und die Schönheit zu thun, wäre er wirk-
lich Kenner, so würde er denselben Schrank
bei dem Anfertiger für wenige Tausende
erstanden haben. So aber hat der Händler
allen Vortheil, steckt Zehntausende mühelos
in die Tasche- und lacht sich ins Fäust-
chen. Hier ist das Uebel. Jedermann will
eine Sammlung alter Sachen haben und sich
ein Zimmer damit ausstatten. Mit dem
Gelde, das ein Liebhaber auf den Ankauf
größtentheils unechter oder doch sehr ver-
dächtiger Kunstsachen verwendet, könnte er
die größte Wohnung in geschmackvollster,
gediegenster Weise mit künstlerisch schönen
Zier- und Gebrauchsstücken ausstatten.
Das Kunstgewerbe erhielte dadurch reiche
Beschäftigung, würde eine wahre Blüthe
erleben. Es würde zahlreiche berühmte
Künstler und Kunsthandwerker geben, die
eine geachtete Stellung in der Gesellschaft
einnähmen, während sich jetzt die meisten
kümmerlich durchschlagen oder, gleich Uebel-
thätern, ihr Geschäft im Geheimen treiben,
da sie für den Althändler Unechtes her-
d, /ME stellen müssen.

„ ,. „ /-«»'-»- -

Reinigen wollener Möbelbezügc, ohne
sie herunter zu nehmen. Man bereitet
sich eine Lösung von Salmiakgeist in war-
mem Wasser, ungefähr für 10 Pf. Sal-
miak in 8—10 Liter Wasser, und fügt
diesem ein klein wenig Waschseife bei. In
diese Lösung taucht man eine saubere
Kleiderbürste und bürstet nun strichweise
das Sofa; es empfiehlt sich jedoch, hierauf
mit einem reinen Leinentuch sofort trocken
nachzureiben. Der Erfolg ist sicher.

Ein Ofenschirm für die deutsche Kaiserin von seltener technischer Vollendung
ist der „A. Ztg." zufolge in Hamburg angefertigt worden. Derselbe soll die Wohn-
räume der Kaiserin im Berliner Schlosse schmücken. Die Punzarbeit der Lederfüllung
wird von einer breiten Umrahmung aus vergoldetem Zedernholz umschlossen und ge-
faßt und enthält im Fond eine Gruppe gepunzter musikalischer Instrumente in plast-
ischer, buntfarbiger Ausführung. Die Verbindung der Lederfarbe mit dem theils
matten, theils glänzenden Gold des Rahmens ist von prachtvoller Wirkung. Die
Holzschnitzarbeit, im Barockstil gehalten, ist von seltener Schönheit. Die Anordnung
schließt sich im Allgemeinen dem Karakter der Arbeiten des Kaiserlichen Silberzeugs
an, welches im Jahre 1881 von den preußischen Städten dem jetzigen Herrscherpaar
als Hochzeitsgeschenk verehrt wurde.
 
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