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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Damen-Zimmer im Renaissance-Stil
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Baumeister, R.: Entwurf zu gesetzlichen Vorschriften zum Schutze des gesunden Wohnens, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0093

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Nr. 10.

Fachblatt für Innsn-Dekoration".

5eite 81.

vergoldeter Spitze hoch emporgehalten wird. Zur Seite dieses duftigen
reizvollen Ruhebettes steht ein Fantasietischchen zum Ablegen von Strauß
oder Buch, sowie eine gleich kostbare Girandole mit aufgesteckten Kerzen,
und mit schlauem Lächeln schaut zum Bett hinüber ein Satyr. Be-
sonders wohlthuend für das Auge wirken in diesem Damenzimmer die
weitaus vorherrschenden lichten, sanften Farben.

UnLwuvf M gesetzlichen Novschmften -um
Schutze ües gesunden Wohnens.

Mlurch die eingehenden statistischen Ermittelungen, welche bei einer

Reihe städtischer Verwaltungen seit längerer Zeit angestellt werden,
sowie durch die Sammlung und Er-
gänzung dieses Materials, welche der
Verein für Sozialpolitik vor drei
Jahren veranlaßt hat, sind auch in
Deutschland Zustände im Wohnungs-
wesen zu Tage gekommen, welche
dringend der Verbesserung bedür-
fen. Die Wohnungsnoth ist in den
meisten Städten keineswegs ein vor-
übergehendes, sondern ein ständiges
Uebel; aber es gibt doch — eben-
falls schon auf Grund von Erfahr-
ungen — manche Maßregel, sowohl
öffentlicher als privater Natur, mit
Hilfe deren das Uebel bekämpft und
hoffentlich einmal beseitigt werden
kann. Naturgemäß werden von der
Wohnungsfrage die Wohlhabenden
wenig betroffen; sie können sich für
Geld gesundes Wohnen verschaffen.

Aber bei den mittleren und armen
Volksklassen gilt vielfach als Kenn-
zeichen ihrer Wohnungen: „Theuer
und schlecht". Angemessen gesunde
Wohnungen sind unerschwinglich,
und billige sind ungesunder, oder
werden in ungesunderer Weise aus-
genützt, als die soziale Fürsorge und
Nächstenliebe wünschen muß. Dazu
kommt noch oft ein absoluter Mangel
an geeigneten Wohnungen.

Es ist hier nicht der Ort,
schreibt die „Wiener Bauindustrie-
Zeitung", die Ursachen und die Fol-
gen der Wohnungsnoth zu erörtern.

Ihre große Bedeutung für das sitt-
liche und physische Wohl des Volkes
beschäftigt die öffentliche Meinung
unausgesetzt, und es haben im vorigen
Jahre nicht weniger als 3 Versamm-
lungen diesbezügliche Berathungen
gepflogen: Der Kongreß für innere
Mission, der deutsche Verein für
Armenpflege und Wohlthätigkeit, der
Verein für öffentliche Gesundheits-
pflege. In dem letztgenannten Ver-
ein, welchem Aerzte, Techniker und
Verwaltungs-Beamte aus dem ganzen Deutschen Reich angehören, hatten
für die im September 1888 zu Frankfurt a. M. stattgefundene Ver-
sammlung Herr Oberbürgermeister Miquel und der Unterzeichnete die
Berichte übernommen. Die ausgestellten und von der Versammlung
angenommenen Thesen besagen im Wesentlichen, daß außer den unab-
lässig fortzusetzenden Bestrebungen der Gemeinden, Vereine und Arbeit-
geber zur Abhilfe der Wohnungsnoth namentlich eine einheitliche Ge-
setzgebung für ganz Deutschland möglich und dringend erwünscht sei.
Dieselbe müßte sich eben sowohl auf die Benützung wie auf die Her-
stellung von Wohnungen richten, daher 1. die bei Neu- und Umbauten

zu stellenden Mindest - Anforderungen vorschrsiben, 2. das Bewohnen
unzweifelhaft ungesunder Wohnungen, sowie solcher Gelasse, welche gar
nicht zu Wohnräumen bestimmt und geeignet waren, verbieten, 3. die
Ueberfüllung der Schlafräume verhindern.

Uni die Ausführbarkeit dieser Grundsätze darzuthun, hatte der
Unterzeichnete der Versammlung eine Reihe von technischen Einzelvor-
schlägen vorgelegt, welche sodann an eine Kommission mit dem Aufträge
überwiesen wurden, zweckdienlich erscheinende gesetzliche Bestimmungen
auszuarbeiten und der nächsten Vereins-Versammlung vorzulegen. Der
Kommission gehörten außer den beiden Referenten mehrere technische
Oberbeamten deutscher Städte an. Das Ergebniß ihrer Arbeit bildet
der vorstehende „Entwurf von reichsgesetzlichen Bestimmungen zum Schutze
des gesunden Wohnens". Wenngleich die Genehmigung und eventuelle

Ergänzung dieser Vorschläge dem
Vereine Vorbehalten werden mußte,
so hat doch dessen Vorstand vor
Kurzem, gemäß einem Aufträge der
Frankfurter Versammlung, das Ma-
terial der Regierung vorgelegt, mit
dem Ersuchen, dasselbe als Beitrag
für eins reichsgesetzliche Form des
Wohnungswesens in gesundheitlicher
Beziehung verwerthen zu wollen.

Ohne in alle Einzelheiten und
Zahlen des Entwurfs einzutreten,
mögen doch einige Bemerkungen über
seinen allgemeinen Karakter hier
Platz finden, welche die Beurtheil-
ung sowohl, bei Technikern als in
anderen Kreisen zu leiten und zu
erleichtern geeignet scheinen.

Gesundheitliche Vorschriften im
Bauwesen treten bei den gegen-
wärtigen Zuständen des Zusammen-
lebens der Menschen in Städten
sofort in Gegensatz mit dem Bestre-
ben der Grundeigenthümer und Bau-
fpekulanten, die Bodenfläche mög-
lichst auszunützen und zu bebauen.
Somit ist ein Zwang auf diesem Ge-
biete nicht zu vermeiden, aber sobald
sich der Bodenwerth mit den bau-
polizeilichen Vorschriften ins Gleich-
gewicht gesetzt hat, werden die letzte-
ren als Wohlthat erkannt und gehen
in die Gewohnheit, in das Bedürf-
niß über. Denn Jedermann merkt,
daß nicht er allein beschränkt wird,
sondern daß die Beschränkungen
zwischen Nachbarn und Mitbewohnern
einander gegenseitig, und schließlich
der Allgemeinheit zugute kommen.
Die in dem vorliegenden Entwürfe
enthaltenen Gegenstände gehen nun
auch nicht über den Rahmen dessen
hinaus, was in jeder guten neue-
ren Bau-Ordnung auf irgend eine
Weise behandelt zu werden pflegt:
sie betreffen den Bedarf von Licht
und Luft Gl, 2, 3, 6, 7),
den Einfluß des Bodens G 1, 8), schlechte Ausdünstungen und
Abfallstoffe G 4, 5). Dagegen sind sonstige Wünsche und Fort-
schritte in der Wohnungsfrage der freien Entwickelung, dem Er-
messen der Betheiligten anheimgestellt geblieben, z. B. ob Familien-
Hüuser oder Stockwerk-Wohnungen, über zweckmäßige Grundrisse
und Konstruktionen, über die Formen für Beitragsleistungen usw. In
diesen Fragen wären feste Normen oder gar gesetzliche Vorschriften
unmöglich angesichts der unendlichen Mannigfaltigkeit der örtlichen Ver-
hältnisse. _ (Fortsetzung folgt.)

xs l-24l.

Abbildung 37. Statuette: Wütenblkifev.

Nach Original-Modell von Prof. Kühne. Wien.

Ausgeführt in antiker Bronze mit stumpfgrünlicher Patina von Paul Stotz in Stuttgart.
 
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