Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

DOI article:
Behr, Carl: Ueber Dekoration und Möblirung unserer Wohnräume, [6]
DOI article:
Die vier Jahreszeiten: Bronze-Reliefs von Harald Richter
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0081

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Nr. 9.

Fachblatt für Jnnen-Dekoration".

Seite 71.

le vier ^Jahreszeiten.

Bronze-Reliefs von Harald Richter.

furch den letzten Schritt in der gegenwärtigen Entwickelung unserer j „Herbstes" eine Fischerin, die mit einem ihrer jugendlichen Genossen

Architektur ist der Barockstyl, mit und nach ihm im Kunstgewerbe
und in den schmückenden Künsten das
Rokoko bei uns wieder eingezogen.

Nicht immer und überall tritt es
uns allerdings in der Vollkommenheit
entgegen, deren dieser Stil bedarf,
um seine Berechtigung darzuthun
und seine volle Schönheit zu entfal-
ten. Sicher ist dies der Fall in den
Reliefs der vier Jahreszeiten von dem
Dresdener Bildhauer Harald Richter,
in deren Umrahmung Rokokoformen
leicht und gefällig modernisirt ver-
wendet sind. Wir geben von der
anmuthigen Folge den „Frühling"
im Holzschnitt wieder. Schöne Frau-
en und Amoretten führt uns der
Künstler vor, zu idealem Leben ge-
sellt. über welches Freude und Schön-
heit ihre Zauber breiten. Beim
„Frühling sehen wir ein jugendlich
schönes Weib auf marmornem Sockel
sitzend, mit dem Schmücken des
Haares beschäftigt, ein kleiner Amor
steht hinter ihr und hält ihr mit
neckischem Anmuth den Spiegel vor.
während ein zweiter, in den Lüsten
schwebend, das Füllhorn duftiger
Frühlingsblumen über sie ausschüttet
und zwei andere zu ihren Füßen mit
einem prächtigen Kranze beschäftigt
sind. Ein Apfelbaum im Blüthen-
schmuck und Maiglöckchen veranschau-

den

Figur 80. „Uriihliiig".

Bronze-Relief aus den „Vier Fahreszeiteu" von >vurn,ld Richter.

egen des Meeres birgt, während andere Trauben pressen und

Vögel schießen; in dem des „Win-
ters" ähnliche Gestalten, die angesichts
der Weihnacht verkündenden Tannen-
bäume, Herzen und Hände empor
zu Gott hebeil. Die Reliefs zeichnen
sich, von der Mannigfaltigkeit in
der Erfindung abgesehen, sainmt und
sonders durch die gefällige Kom-
position, durch den Reiz ungesuchter
Anmuth, dabei durch schöne sorg-
fältige Durchbildung aus. Sie sind
in besonderem Aufträge des königl.
sächs Hoflieferanten Ed. Pachtmann
(Fabrik feiner Leder- und Bronze-
waaren und Atelier für kunstgewerb-
liche Arbeiten zu Dresden, Große
Plauen'sche Straße 30 und Prager-
straße 7), welcher namentlich durch
die von ihm erfundenen Ständer-
Albums schon weithin rühmlichst be-
kannt geworden ist, modellirt wor-
den und werden in dessen Fabrik in
mattvergoldeter Bronze ausgeführt.
Auf rothem Sammtgrund in ge-
schmackvoller Ledereinrahmung bil-
den sie Schmuckstücke von eigenartig
vornehmer Wirkung und haben sich
rasch die Gunst des Publikums er-
worben und, was besonders ehrend
für unser deutsches Kunstgewerbe
ist, selbst ini Ausland und beim über-
seeischen Publikum Beifall gefunden.

lichen zum Ueberfluß die Jahreszeit. Im Relief des „Sommers^ sehen ! Der Preis eines Reliefs auf Plüschgrund mit kunstvollem Rahmen in
wir eine leicht geschürzte Schnitterin in idealer Gestaltung; in dem des ! der Höhe von 60 und der Breite von 45 Emir, beträgt 120 Mk.

nicht direkt in die Wohnräume gehen. Es scheint dieses Voruriheil von
der gewohnten Miethwohnung herzurühren, wo der Vorplatz allerdings
von dem allen Miethern gemeinschaftlichen Treppenhause getrennt sein
muß. Außerdem kann die Anlage des Hauses auch eine solche fein, die
es wünschenswert!) erscheinen läßt, wenn das Treppenhaus und der
Vorplatz 2 Räume bilden. Wo das aber nicht der Fall ist, gereicht die
Treppe dem Raume nur zur Zierde. Es giebt kaum ein wirkungsvolleres
Motiv zur malerischen Dekoration eines Raumes als die Treppe, deß-
halb sollte dieselbe auch dementsprechend behandelt werden. Wünschens-
werth für eine ganze Anlage ist, daß dieser Raum möglichst groß und
hell bleibt. Erhält das Treppenhaus sein Licht vvn Oben, so ist die
lichtspendende Oeffnung so groß wie nur irgend möglich zu gestalten;
ein großes seitliches Treppenhaus-Fenster ist dem Oberlicht allerdings
aus praktischen Gründen immer vorzuziehen. Die Art des geweißten
Vorplatzes mit niederer oder hoher Vertäfelung scheint sich nicht nur in
Bayern, sondern auch im übrigen Deutschland für Vorplätze immer
mehr einzubürgern. Die einfach geweißte Wand, im Kontrast stnt dem
unter allen Unständen vornehm wirkenden Getäfel, hat etwas patriar-
chalisches und dadurch Vornehmes, Solides. Die Verzichtleistung auf
jede eingehendere Behandlung der Wand läßt jeden Schmuck, wie z. B.
ein reiches Portal, doppelt reich erscheinen. Das dunkle goldne Braun
des Holzes und das matte Weiß der Wand geben durch ihren gegen-
seitigen Kontrast dem Raum einen entschieden ernsten Karakter, er
erinnert in seiner Einfachheit an die Vorräume alter Schlösser und
Patrizier-Häuser und bildet eine wirkungsvolle Folie für die reicher
ausgestatteten Zimmer.

Es ist nicht gerathen, solche Wände mit zu vielen Dekorations-
gegenständen zu bestellen, einige ruhig wirkende alte Bilder in schwarzen

einfachen Rahmen, vielleicht auch ein hübsches Hirschgeweih, ein Waffen-
gehünge oder eine Jagdlrophäe, welche Gegenstände die weiße Wand
nur hie und da unterbrechen, genügen zur Dekoration.

Selbstredend muß die Treppe hier in Holz gebildet werden; ob
für dieselbe ein Geländer aus Schmiedeeisen oder ein solches aus ge-
drehten Holzballustern verwendet werden muß, hängt von den dies be-
stimmenden näheren Umständen ab. Häufig wird ein in dieser Weise
ausgebildeter Vorplatz, wenn Platz genug vorhanden ist, mit alten Möbeln
jeder Art bestellt, und selbst wenn der Stil derselben zum Theil ein
anderer ist wie der des ganzen Raumes, wird die malerische Wirkung
dadurch erfahrungsgemäß nicht beeinträchtigt. Alterthümer aller Art,
wenn dieselben einigermaßen vernünftig arrangirt werden, dekoriren
prächtig; durch die von der Zeit geschaffene Patina gestimmt, geben sie
dem Raum etwas entschieden Ernstes und Jnterressantes. Es ist üblich,
solche Gegenstände mit Vorliebe auf den Vorplätzen unterzubringen, vor-
züglich diejenigen Objekte, welche durch ihre derbere Gestaltung weniger
werthvoll erscheinen und deßhalb aus den eigentlichen Zimmern
verbannt waren. Immerhin darf der Vorraum dadurch nie reich wirken;
das Anbringen vorbeschriebener Kunstgegenstände muß ein maßvolles und
bescheidenes sein. Die Plafonds sind in diesen Fällen entweder gewölbt
und dann einfach weiß getüncht wie die Wände, oder aber sind die-
selben mit einem einfachen Holzplafond ausgestattet. Letzterer besteht
am besten aus einfachen Kassetten oder wie die altflämischen Decken
aus leicht gothisirenden Balken, deren Zwischenräume durch aneinander
geschobene Brettchen ausgefüllt werden. (Fortsetzung folgt.)
 
Annotationen