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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Stotz, Paul: Dekorations-Gegenstände mit Wismuthmalerei: aus der kunstgewerblichen Werkstätte und Erzgießerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0055

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Nr. 6.

Seite 47.

„Fachblatt für Innen-Dekoration".

Neßoratioils--

genstän8e mit Wismulßmalevei

aus der kunstgewerblichen Werkstätte und Erzgießerei von Paul Stotz in Stuttgart.

^lie WiSinuthmalerei wurde seit dem Mittelalter hauptsächlich iu
^ Nürnberg und anderen süddeutsche» Städten geübt. Diese reiz-

Raiichschränkchcn mit Wisimilhmnlerci

volle Kunst ging aber Ende vorigen Jahr-
hunderts verloren. Erst den vereinigten
Bemühungen des Herrn Heinrich Groß,
Professors an der Kunstgewerbeschule zu
Stuttgart, und Paul Stotz ist es gelungen,
diese Technik wieder aufzufinden und zu
beleben.

Das Kostümfest, das der Stuttgarter
Kunstgewerbeverein im Jahre l886 ver-
anstaltete, gab den ersten Impuls dazu,
der seit einem starken Jahrhundert in Ver-
gessenheit gerathenen WiSinuthmalerei nach-
zuspttren. Da dieses Kostümfest seinen
Schauplatz nach dem alten Nürnberg zur
Zeit Al brecht .Dürers und Peter
Vischers verlegte und einen festlichen
Aufzug der Zünfte in sich schloß, durfte
unter diesen letzteren die WiSinuthmalerei,
diese spezifisch nürnbergerische Kunst, die
um die dargestellte Zeit in ihrer höchsten
Blüthe stand, nicht fehlen. Herr Paul
Stotz bemühte sich, eine Erneuerung dieser
Technik nnzubahnen, und schuf eine Kassette,
die niit Wismuthmalerei verziert war. Es
ist indes leicht begreiflich, daß ein solcher
Versuch nicht gleich auf das erste Mal zur
vollen Zufriedenheit dessen gelingt, der ihn
unternimmt. So drängte sich denn auch
hier dem mit Sorgfalt Suchenden die
Empfindung auf, daß er mit dem bei jener
Kassette angewandten Verfah-
ren noch nicht ganz das ge-
troffen, was die alten Meister
unter Wismuthmalerei verstan-
den. Er wußte Herrn Professor
Heinrich Groß von der
Stuttgarter Kunstgewerbeschule
für den Gegenstand zu begeistern,
und beide Männer vertieften
sich gemeinsam in die Er-
gründung der selbst gestellten
Aufgabe. Da ermittelten sie denn,
daß die gesuchte Technik in folgendem
bestand! Auf die mit Kreivegrund
überzogene Holzfläche, die bemalt
werden soll, wird zunächst unter Bei-
hilfe eines entsprechenden Binde-
mittels eine dünne Schichte des
eigenartigen Metalls, dessen Weiß
einen lichten Stich ins Röthliche hat,
aufgetragen, welche man dergestalt
bearbeitet, daß sie einen vornehm
gedämpften Silberglanz erhält. Das
Karakteristische des Verfahrens be-
steht eben in dieser Wismuthgrun-
dirung, die sich bei der leichten
Schmelzbarkeit des in Nede stehenden
Metalls gut ausführen läßt, während

bas Silber, abgesehen von seiner D
Kostspieligkeit, einer ähnlichen Be- ^

Handlung widerstrebt. Den iu oben
angeführter Weise hergestellten Grund
bemalt man theils niit Deckfarben, -muhc mit LN

Heils mit Lasuren. Unter letzteren ist namentlich der Goldlack von
großer Wirksamkeit,, der aus der silbern schimmernden Folie den weichen !

Hnndschlihkaste» mit Wismuthmalerei.

Glanz des Mattgoldes erzielt. Das zu dieser Malerei verwendete
Deckweiß wird ebenfalls aus gefälltem Wismuth genommen.

Nach diesen Grundsätzen nun ist das
von Paul Stotz entworfene st^auchkästchen
durch einen in seinein Atelier beschäftigten
jungen Künstler, den Bildhauer Robert
Knorr, bemalt worden. Die wiederge-
wonnene Technik hat sich auch rasch neue
Freunde erworben. Freilich wird sie immer
nur den Begüterten zugänglich bleiben, da
es sich hier um reine Handmalerei handelt,
bei der jeder Gedanke an Vereinfachung
durch ein mechanisches Vervielfältigungs-
verfahren ausgeschlossen ist. In Kürze sei
noch erwähnt, daß die Wismuthmalerei,
für die, wie es scheint, ausschließlich Buchen-
holz zur Grundlage genommen wurde, bis
in die Zeiten der Spätgothik zurückreicht
und ihr Absatzgebiet hauptsächlich in Süd-
deutschland fand. In Nürnberg, als ihrer
eigentlichen und ständigen Heimath, wurde
sie bis in das achte Jahrzehnt des vorigen
Jahrhunderts hinein gepflegt; von da an
war sie gänzlich aus der Praxis ver-
schwunden. Die einseitige, farbenscheue
Antikenschwärinerei der damals auftauchen-
dcn Schule, der gleichzeitig die altbewährten
Werkstatt-Uebcrlieferungen zum schmerzlich
und nachhaltig empfundenen Schaden dieser
Kunst geopfert wurden, gab auch der
Wismuthmalerei den Todesstoß. Das
schöne glänzende Material fand von da ab
lange Zeit nur noch in der
altherkömmlichen Verarbeitung
zu Arzneimitteln und zu weißer
Schminke, für die fein zarter
Rvsaschimmer besonders günstig
ist, seine Verwendung. Neuer-
dings dient es auch zur Her-
stellung leichtflüssiger Legir-
ungen, die zum Abformen von
Holzschnitten (Klischees) zu Ste-
reotypplatten und als Schnelloth
angewendet werden. Seit Einführ-
ung der Porzellanlüsterfarben durch
on spielt es auch in der Por-
zellanmalerei eine Rolle. Nunmehr
ist ihr durch die Bemühungen der
vorgenannten Männer auch der alte
kunsttechnische Wirkungskreis wieder
eröffnet, dem eine schöne Zukunft zu
wünschen ist, wenngleich, wie schon
angedeutet, die unabwendbare Kost-
spieligkeit der Herstellung das Ein-
dringen dieses vornehmen Verfahrens
in breitere Schichten ausschließt. Das
ebensowohl in seiner Gesammtheit
und seinen Einzelformen, als nament-
lich auch in seiner stilgetreuen Be-
malung reizvolle Stotzsiche Rauch-
schränkchen ist von dem Könige von
Rumänien angekauft worden.

Durch die täglich steigende Nach-
frage ermuntert, werden heute schon
eine Anzahl von Gegenständen mit
wovon wir unseren Lesern einige in Ab-

jmuthmalcrei.

Wismuthmalerei angefettigt,
bildung vorsühren. Die Malerei ist natürlich die Hauptsache dabei.
 
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