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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Bötticher, Georg: Entsprechen unsere Tapetenmuster den Anforderungen, die man an Wandmuster stellen soll?, [3]
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Behr, Carl: Ueber Dekoration und Möblirung unserer Wohnungen, [3]
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Preisausschreibung
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Die orientalische Teppich-Weberei, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0029

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!str. 8.

Facbblall für Inncn-Dckoralion".

Seite 21.

^kr Breite nur wenige Male slattsindel, dadurch nur an Reiz gewinnen

keineswegs unruhig wirken — vorausgesetzt, daß das Muster in

Linien und der Farbengebung ruhig gehalten ist, was eben van
jedem Muster beansprucht werden sollte.

Tb ein Muster gleichseitig, ob gar nach oben und unten über-
schlagen, sreiwachsend oder geometrisch gebildet, ob aussteigend oder
jogeiiaunte „Ramage" bildend - das ist in der That für die Wirkung
und den stilistischen Werth des Musters gleicbgiltig. Der intelligente
Zeichner kann in allen diesen Manieren gute Muster Herstellen, die den
Gesetzen einer wirklich stilvollen Wandbekleidung Nachkommen. Tie
Auswahl unter den verschiedenen Arten muß dein Geschmack des Zimmer-
bewohners oder des Dapezirers überlassen bleiben', Anleitung hierüber
läßt sich nur für den einzelnen Fall, nicht im Allgemeinen geben. Es
kann höchstens gesagt werden, daß in Zimmern von strengem, ernst-
haftem Charakter gleichseitige (umschlagene) Muster besser angebracht
erscheinen, mehr dem angedeuteten Charakter Rechnung tragen, als
Ramagen. Doch auch da kommt es auf den einzelnen Fall an.

Schließlich sei noch Eins erwähnt:

Wer zu Cretonnes- oder Velours-Möbel eine Papiertapete von
gleichem Muster wünscht, den wird man schließlich nicht davon abhalten
wollen, obwohl er seinem dekorativen Sinn damit ein Armuthszeugniß
ausstellt. Aber doch würde ihm seitens des Händlers durch Vorlage ge-
eigneter, mit dem Möbelstoff angenehm gegeneinander abstechender Dapeten-
muster leicht klar gemacht werden können, daß ein solches außerordentlich
viel bester, interessanter und wohlthuendcr wirkt, als die meist Unruhe
erzeugende, im besten Fall langweilende Wiederholung des Möbelstoff-
Musters an der Wand.

Das Publikum muß freilich den Anfang machen, sollen Zeichner
und Fabrikanten in die Lage versetzt werden, echte, wirklich verwendbare
Tapetenmuster, nicht nur verblüffende, für den Eindruck in der Hand
bemachte Schaustücke liefern zu können. Museen, Sammlungen, be-
lehrende Bücher u. dgl. haben unleugbaren Einfluß aus die Geschmacks-
verbesserung. Aber mehr als Alles dies vermag der Händler auf das
Publikum einzuwirken. Jeder Geschäftsreisende wird zugeben, daß er
ä» 80 von 100 Fällen das Muster verkauft, was er verkaufen will,
was er selbst aus irgend welchem Grund bevorzugt. Aehnlich ist der
Einfluß des Händlers ans das Publikum. Mit der Geschmacks-
Bildung des V erkä u f e rs hebt si ch a u ch die der kaufenden
Menge, — diese Erfahrung ist eine alte, wohl bewährte. Geschäfts-
reisende, Händler und Tapezirer werden deshalb mit gutem Grunde
den Geschmack des größeren Publikums auf dem Gebiete der Tapete

scheidet, und wie jede derselben ihre Vorzüge vor der andern hat, so
wuß auch der Stil der Zukunft in Deutschland seine»
eigenen Charakter haben.

Es wird nun dem deutschen Kunstgewerbetreibenden der Vergangen-
heit und der Gegenwart eine gewisse Derbheit der Formen vorgeworfen
und das wohl in mancher Beziehung nicht mit Unrecht. Französische
und englische Möbel sind meist zierlicher und leichter wie die deutschen,
uwil ja der Deutsche wohl überhaupt etwas derber angelegt ist wie seine
Aachbarn im Westen. Dafür haben aber ivobl unsere Räume im
Ganzen und Großen auch eine größere mehr malerische Wirkung. Man
wuß Rücksicht daraus nebmen, daß das Moment der Zierlichkeit d. i.
der Feinheit im Detail häufig verbunden ist mit einer gewissen Unwirk-
samkeit des Ganzen, d. h. durch das zu zierliche Detail wird die ganze
Wirkung leicht eine kleinliche. Dagegen schließt ein großer Zug im
Ganzen leicht eine zu peinliche Durchführung des Einzelnen aus, welches
auch wie der Grundgedanke des Ganzen in großen Zügen angelegt sein
wuß. Bei einem mächtig gehaltenen Gemälde z. B. kann eine sich ins
Kleinliche verlierende Durchführung von Blumen und Stickereien leicht
störend wirken, und eine Landschaft mit genau auSgesührten Blättern der
Bäume, Gräser und Blumen erscheint meist wenig malerisch. Da es nun
awhl im Charakter unserer Künstler liegt, möglichst bedeutende Wirkungen
anzustreben, so ist damit das Derbe im Detail leicht erklärt, vielleicht
auch entschuldigt. Allerdings ist diese Derbheit nicht überall am Platze
und läßt sich bei Ausschmückung eines zierlichen Boudoirs einer Dame
viel von der zierlichen Durchführung der französischen Möbel und
Dekorationsstücke lernen, wenn auch in großen Räumen eine große
Wirkung kaum mit denselben erzielt werden kann. Uebrigens ist es die
Hauptaufgabe des Künstlers das Graziöse mit dem Mächtigen reizvoll

stärker verantwortlich zu machen sein, als Fabrikanten und Zeichner.
Diese hängen von jenen, erstere von den Händlern ab; während die
Reisenden die Händler beeinflussen, Händler und Tapezirer aber
das Publikum direkt bestimmen können.

Daß ihnen dadurch eine Verpflichtung: ihre Geschmacksbildung zu
beben, erwächst, dies wird wohl von Verständigen ebenso wenig geleugnet
werden, wie die Thatsache, daß die Erfüllung dieser Verpflichtung sich
durch allgemeine Geschmacksverbesserung, Freude am Bessern und Schönen
im Publikum, und in Folge dessen auch größerer Neigung zum Erwerb
und Kauf desselben, doppelt und dreifach für sie selbst lohnen würde.

__ tz

Nie orientalische Teppich ^MeVerei.

< Schluß.)

II neuester Feit hat »um in Entstand angefangen, die indische Arbeitskraft, die
für den sechsten, ja zehnten Thcil des Preises der europäischen zn schaffen ver-
mag (ein Weber crbält etwa 4 Shilling pro Woche!, für den Verbrauch des Abend-
landes zu verwcrthen. Dabei begnügt man sich jedoch nicht mit den Plustern, welche
die indischen Weber nach ihrer alten liebcrliefcrnng Herstellen, sondern man gibt
ihnen Muster ans Europa und wählt hierzu besonders die schönen persischen Formen.
Durch diese Loslösnng von ihren primitiven Formen geht den Webern jedoch ihr
ursprüngliches Gefühl für die Farbe verloren, zumal die Muster der alten persischen
Teppiche meist schon sehr verblaßt sind. Auch stellt man das Prinzip der Billigkeit
zn sehr in den Vordergrund und verwendet deshalb schlechtes Material.

So trägt diese scheinbar ideale Wiederbelebung der alten Kunst bereits den
TodcSkeim in sich. Ob die Nnlnrkraft des Orients diesen Einfall europäischen
Bedürfnisses siegreich überwinden wird, ob die orientalische Kunst, die Jahrtausende
lang ein Jungbrunnen für die europäische Kultur, wie so oft, auch hier die primitive
Kunst vernichten wird, ist noch nbzusehcn, jedenfalls ist die Gefahr nicht zu unter-
schätzen rind alle gebildeten Nationen streben danach, so schnell als möglich noch echte
orientalische Teppiche zu sammeln, in der Erkenntnis;, daß die Tage der alten guten
und schönen orientalischen Teppiche gezählt seien und daß in diesen ein Schatz liegt,
der in hervorragender Weise geeignet ist, uns die reiche Welt des Orients näher
z» bringen und festzuhalteu.

Ans den mohamedanischen KnltnSbedürfnissen sind die Gebetteppiche hervor-
gegaugeu. Ter gläubige Moslem betet, indem er sich zur Erde wirft und das
Haupt nach Melka tuender. Sinn hat er zu dieser Eeremouie, die er zn gewissen
Tageszeiten pünktlich verrichtet, besondere Teppiche, auf denen die Stellen näher
bezeichnet sind, auf welche er Haupt und Hände zu legen hat, um sobald der Teppich
vorher richtig orientier ist, in vorgcschricbcner Haltung nach der geforderten Seite hin
sein Gebet zn richten. Diesen Teppich führt er auf all seinen Fahrten mir sich, er ist
sein Hanptmobilinr, auf ihm ist oft eine Architektur angedeutet, die er in seinem
Nomadenleben nicht zu scheu bekommt', oft ist der Teppich auch zum gleichzeitigen
Geber für metzrere Personen eingerichtet, wo dann für jeden die Stellen für Kopf
und Hände angegeben sind. Diese Teppiche sind mit Gold, Silber, ja sogar mit

zu verbinden, es pebört zusnmmen wie Ruhe und Beweisung, Kraft
und Grazie.

Fassen wir den Inhalt des vorher Gesagten kurz zusammen, sv
ergibt sich daraus der Rath, unsere gute Kraft und die immerhin recht
bedeutenden Fortschritte, welche wir in Deutschland in künstlerischer und
technischer Beziehung gemacht haben, nicht dadurch zu vergeuden und zu
zersplittern, daß wir zn viel Richtungen auf einmal verfolgen, sondern
daß wir unser Können mehr an eine Aufgabe wagen und in dieser
dann Größeres leisten. Daß wir ferner in unserem Fühlen und
Denken deutsch bleiben, damit dadurch unsere Kunsterzeug-
nisse einen originelle» unseigenth ü m > i ch e n Charakter
erhalten, welche Grundbedingung eines jeden echten Kunstwerkes ist
und bleiben wird.

Anmerkung d er R e d a kti o n. Abtheilung ll: „Die Besprechung der einzelnen Wohn-
räume" ist in Vorbereitung und wird vielleicht im Monat April veröffentlicht werden können.

WvelKaussHveidmrg.

Seitens der Direktion des Bayerische» Gewcrbcmuscums in Nürnberg ivird
gemäß einer Stistnngsurknnde des verstorbenen Königs Ludwigs II. von Bayern
alljährlich eine Prcisausgabe für das Kunsthandwcrk gestellt. Für das Jahr 1890
findet die Knnstschloffcrei Berücksichtigung, indem die Herstellung eines schmiedeeisernen
Treppengeländers mit Antrittspostcn als Aufgabe bestimmt ist. Für die besten
Lösungen derselben sind Preise von 300 und 200 Mark festgesetzt. Als Termin der Ein-
lieferung beim Bayerischen Gewerbemnseum in Nürnberg ist der 15. Juli 1890 festgesetzt.

Außer den Geldpreisen kommen auch goldene, silberne und bronzene Medaillen
für die besten Arbeiten zur Vertheilung, welche im Laufe eines Jahres im
AusstcllungSgcbände des Bayerischen Gewcrbcinnseums ausgestellt und ausdrücklich zur
Bewerbung »m die Medaillen aus der König Ludwigs-Preisstiftung angemeldct werden.

Eine Beschränkung der Bewerbung »in diese Stiftung auf das Königreich
Bayern ist nicht vorgeschriebe».
 
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