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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Pasqué, Ernst: Die Gobelin-Manufaktur zu Paris, [1]: zugleich ein Blick auf den Antheil deutscher Meister an ihrer Entstehung
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0120

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5eite 104.

Fachblatt für ^nnen-Dckoration".

Nr. 13.

Die M

Zugleich ein Blick auf den Antheil deutscher Meister an ihrer Entstehung.

Von Ernst Pasque.

Aks ist ein Jrrthum, wenn man annimmt, daß die seit mehr als
zwei Jahrhunderten bekannte und mit Recht gerühmte Gobelin-
Manufactur zu Paris, die vor der Zeit der unseligen Commune eine
der größten und beliebtesten Sehenswürdigkeiten der französischen Haupt-
stadt war, durch ein Machtwort Ludmig's des Vierzehnten in's Leben
getreten sei. Schon ein Jahrhundert vor diesem Regierungs-Erlaß be-
stand eine königliche Teppich-, oder besser gesagt, Tapetenwirkerei, während
diese Kunstindustrie selbst bereits seit mehreren Jahrhunderten in Frank-
reich betrieben wurde, wie sie denn überhaupt eine der ältesten Künste
war und schon im Orient unter den verschiedenen Völkern der alten

ein nothwendiger Schmuck. König Dagobert, welcher 629 die Basilika
von St. Denis erweitern ließ, schmückte sie mit prächtigen Teppichen
aus, die er wahrscheinlich aus dem Orient hatte kommen lassen.

Die älteste französische Tapetenfabrik bestand im zehnten Jahr-
hundert zu Potier; sie versandte sogar ihre Produkte weithin bis nach
Italien. Jur zwölften Jahrhundert begannen die flamändischen Fabriken
lmuts und bn886 Ü886 (hoch- und tiefschäftige) Teppiche zu fertigen,
durch welche neue effektvolle Art der Wirkerei die „sarazenische" Teppich-
weberei so ziemlich verdrängt wurde. Obgleich iruu auch das alte Paris
seine Teppich-Weber und Wirker hatte, so überflügelten doch die flamän-

Abbildung Nr. 47. Mlrgomr des Herbstes. Vobrlin«Tsprke aus dem XVII. Jahrhundert.



Welt zu hoher Blüte gelangte, und zwar mit ihrer Schwesterkunst, der
Färberei, die ihre eigentliche Grundlage bildet.

In den barbarischen Zeiten der Völkerwanderung gingen beide
Künste für das Abendland so gut wie verloren; die Mauren retteten
sie für Europa nach Spanien hinüber, und ihre Teppiche „Sarrasinois"
genannt, waren die einzigen, welche außer denen des Orients das früheste
Mittelalter kannte. Diese wurden bald in Frankreich, dann besonders
in Flandern nachgeahmt und mit der Zeit zu selbstständigen, eigenartigen
Schöpfungen ausgebildet. Hierzu zwang, außer dem Kunsttriebe, der
jedem gesitteten Volke eigen ist, auch die Noth. Bedurften doch die
Fürsten und der Adel für ihre Steinpaläste der gewirkten und gewebten
Tapeten und Teppiche, um das innere ihrer hohen kalten Gemächer
damit zu versehen, sie damit nicht allein prächtiger zu gestalten, sondern
überhaupt erst wohnlich zu machen. Auch für die Kirchen waren Teppiche

dischen Städte, besonders Arras, dann Lille, Tournay, Audenarde und
Brüssel die französische Hauptstadt.

Erst mit Anfang des sechszehnten Jahrhunderts beginnt in Paris
die Tapeten- und Teppichweberei sich überraschend schnell zu entwickeln,
und ist dies wohl hauptsächlich dem Umstande zu 'verdanken, daß die
französischen Könige sich dieser Kunst, welche ihnen so herrliche Aus-
schmückungen ihrer Paläste bot, annahmen. Der erste der Reihe war
der ritterliche, pracht- und kunstliebende Franz der Erste. Er gründete
im Anfänge des sechszehnten Jahrhunderts eine Fabrik für Tapeten-
wirkerei in Fontainebleau, seinem Lieblingsaufenthalt, wo er auch andere
Künstler, Maler und Bildhauer, wie Bevenuto Cellini unterhielt.

Sein Nachfolger, Heinrich der Zweite, übertrug die Leitung der
Fabrik in Fontainebleau dem berühmten Architekten Phlibert de l'Orme
und gründete zugleich eine neue Tapetenwirkerei zu Paris im Spital
 
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