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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Andés, Louis Edgar: Glasmalerei-Imitationen
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Die Innen-Dekoration auf der Wiener Frühjahrs-Ausstellung 1890
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0023

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Dtr. 2.

^-citc 15

„Fachblatt für I

Glasm al vrei - Rmitationen

von Louis Edgar An des.

Glasmalerei hat einen großen Werth für alle Zimmer-Dekorn-
^ tionen und gewiß viele wissen denselben zu schätzen und kennen
dieses Mittel, mit dem man es mehr als durch irgend etwas Anderes
in der Macht hat, das Auge zu sesseln und das Herz zu erfreuen, sei
es in den Wohnräumen durch den geschaffenen freundlichen, heiteren
oder ernsten Eindruck oder den friedlich andächtig stimmenden Karakter
i» Gotteshäusern. Leider sind echte Glasmalereien, auch in bescheidener
Ausdehnung' sehr kostspielig, so daß nur Wenigen vergönnt ist, sich
diesen Lurus zu verschaffen. In neuester Zeit hat die sich immer mehr
und mehr bahnbrechende kunstsreundliche Richtung in der Ausschmückung
unserer Wohnränme usw., welche aber erst in der Dekoration der Fenster
u>it Glasmalereien zu einer vollkommenen gemacht werden kann, das
Bedürfnis) nach einem Ersatz für diesen kostspieligen Schmuck außeror-
dentlich fühlbar gemacht, dem auch nach langen Versuchen endlich in
der Erfindung der Diaphanien—sogenannten Glasmalerei-Imitationen
— Rechnung getragen worden ist. Diese Diaphanien bieten nicht nur
vollständig Ersatz für echte Glasmalerei, sondern zeichnen sich auch durch
ihre Billigkeit und leichte Handhabung, resp. Anbringung an den Fen-
stern noch ganz besonders aus.

Die Diaphanien sind auf festem, dünnen, gelatineartigen, sehr
transparenten Stoffe in echten, dauerhaften Farben, welche weder durch
Sonne, Nässe oder Kälte leiden, ausgeführt und lassen sich wie jedes
Fenster mit Wasser reinigen. Sie eignen sich nicht nur als augen-
ersreuende Dekoration der Fenster in Wohnungen, Villen, Landhäusern,
Hotels, Badezimmern, Korridoren, Vorhäusern, Vestibüls, Schulen,
Kapellen, Kirchen rc., sondern sie sind auch vielfach ein wahres Bedürf-
nis; bei erwünschter Dämpfung zu grellen Lichtes, Absperrung unange-
nehmer Aussicht, Verhinderung des Einblickes von Außen, kurz, um
sich ohne großen Verlust von Tageslicht in dem betreffenden Raum das
wohlige Gefühl des Ungestörtseins zu verschaffen.

Wohn- und Speisezimmer ohne Glasmalerei. *)

Die Anwendung kann nicht nur auf Fenster, Thnren, Glaswände,
Oberlichts erfolgen, sondern es können auch Lichtschirme, Vorhängebilder
usw. hergestellt werden. Besonders erwähnenswert!) erscheint, daß solcher-
gestalt verzierte Gegenstände bei einigem Geschick und Geschmack ohne
erhebliche Schwierigkeiten selbst hergestellt werden können.

Die Zusammenstellung der beabsichtigten Dekoration geschieht aus
vrn in reicher Auswahl vorhandenen einzelnen Theilen (Mittelstücken,
Kanten, Ecken, Füllmustern) die schon in allen größeren Städten käuflich
zu haben sind und ermöglichen dieselben Zusammenstellungen in unbegrenzter
8ahl für jede Scheibengröße. Alle Muster sind derart hergestellt, daß sie,
vhne an Wirkung zu verlieren, auch zerschnitten werden können, bei durch
Suerleistchen unterbrochenen Scheiben also durchaus nicht Rücksicht darauf
genommen zu werden braucht, sondern jedes Muster ohne Beeinträchtigung
keiner Wirkung zusammengesetzt werden kann. Außer diesen zur Zu-
sammenstellung für den Liebhaber geeigneten Blättern, werden die Dia-
phanien jedoch auch gleich fertig aufgemacht geliefert und zwar sowohl
als Fenster-Vorsetzer respektive Hängebilder, als auch in genau abge-
paßten Scheiben zum Einsetzen.

*) Aus dem Werke: „Ter Zimmerschmuck für ein behagliches Heim", zu bc-
peheii durch die kunstgewerbliche Ausstellung, Berlin, Lindenstraße 18.

nen-Dekoration".

Eine andere, sehr großen Erfolg hervorbringende Anwendung der
Diaphanienbilder ist, dieselben mit Glasmosaik-Fassung zu versehen und
können solche Bilder, welche kaum den zehnten Theil echter Glasmalerei
kosten, nur vom Kenner von dieser unterschieden werden. Bei Aus-
führung von Arbeiten dieser Art sind also nur Mittelstücke (Bilder)
ausgeklebte Diaphanien, während deren weitere Einrahmung und Fassung
jedoch echtes, verbleites farbiges durchsichtiges, selbst undurchsichtiges,
sogenanntes Kathedralglas, Butzen, Kanten, Knöpfchen, kurz echte Glas-

Wohn- uud Speisezimmer mit Glasmalerei. *)
mosaik ist. Die Behandlung bei Anwendung dieser Diaphanien ist
folgende: Zunächst beschneide man die Diaphanienstücke bis an die
schwarzen Ränder und zwar wegen geraden Schnittes mittelst Lineales.
Dann fertige man die Eintheilung durch doppelte circa 4 Millimeter
von einander entfernte Bleistiftlinien auf einen in der Größe der zu
verzierenden Scheibe geschnittenen Bogen, klebe denselben, damit er
nicht verschoben wird, leicht an den Ecken auf die Scheibe, so daß
man die Bleistiftlinien durchsieht und lege darnach die Staniolstreifen
auf, welche den Zweck haben, die Fugen zwischen den einzelneü Theilen
zn bedecken. Sind die Streifen eingetrocknet, so werden die Diavhanien-
blätter anfgeklebt und zwar auf der dunklen Seite und mit dem Mittel-
stücke beginnend. Die Diaphanien find vorher von etwaigem Staube
oder Fingergrifsen zu reinigen, dann auf der mit Klebestoff bestrichenen
Stelle der Scheibe aufzulegen und zwar so, daß überall nur die Hälfte
der Staniolstreifen bedeckt wird. Man belegt nun das Diaphanienstück
mit einem Blatte kräftigen Papieres und streicht mit einer Gummiwalze
oder einem Brettchen gleichmäßig und kräftig von der Mitte ausgehend
nach den Kanten zu, bis alle Luftbläschen und Klebstofftheilchen usw.
herausgetriebey sind; letztere werden dann mittelst feuchten Schwammes
entfernt. Nachdem alle Theile aufgeklebt sind, überzeugt man sich, ob
die Arbeit gelungen ist, indem man die Scheibe umdreht und nach
Entfernung der^Eintheilung seitlich gegen das Licht ansieht. Zeigen
sich etwa noch Bläschen oder weißschillernde Stellen, so muß das
Ausstreichen sortgesetzt werden, bis auch diese Stellen noch verschwunden
sind. Um die Arbeit recht sauber zn bekommen, überklebt man auch
die Fugen auf der Rückseite noch mit Stäniol. Die Arbeit braucht
nun noch einen Tag zum Trocknen in mäßig warmer Temperatur und
ist dann als fertig zu betrachten. Zur Erzielung größtmöglicher Dauer-
haftigkeit kann man die Rückseite mit einem Lacküberzug versehen, be-
seitigt aber vorher etwaige kleine Buckel oder Körnchen durch Abschaben
mit einem Messer, das auch bei dem Auflegen auf der Vorderseite zu
geschehen hat. Die entstehenden weißen Stellen verschwinden durch das
Aufziehen.

Nit Imren--Nrlwration auf dev Wiener
MvühjaHrK - WrwsteÜrmg MV.

Mim Frühjahr 1890 wird in Wien eine allgemeine gewerbliche und landwirth-
schaftliche Ausstellung statlfindc». Fm Interesse unserer Leser theilen wir in
Kürze mit, in welche Gruppen die bei der Jnnen-Dekoration betheiligten
Branchen cingereiht wurden.

I. Eisen und Metall (Rohprodukte), II Baumaterial, Mineralien; III. Farben
uud Lacke; IV. Leder- uud Sattler-Arbeiten; V. Textilwaareu; VI. Seilerwaaren;
VII. Möbel, Holzindustrie, Korbflechterei: Wohnungs-Einrichtungen, Eisenmöbel, Zelle,
Gartenmöbel, Zimmermann-, Schreiner- und Drechsler - Arbeiten, Fensterjalousien,
Parqnetten; VIII. Papier- und Papiermaschb-Erzenguisse, Kartonnage; IX. Thon-
und Glaswaaren, Geschirre, Oefen; X. Kurzwaaren; XI. Eisen- uud Metall-Er-
zeugnisse, Schlosserarbeiten, Lampen, Beleuchtung?-, Heizung?- und Ventilations-
Borrichtungcn; XIII. Elektrotechnische Vorrichtungen: XIV. Photographie, Verviel-
fältigungs-Produkte für den Hausgebrauch: XV. Wissenschaftliche Erzeugnisse, Uhren,
Zeit- und Witteruugsmesser nsw. Die Ausstellung findet in der Rotunde im Prater statt.
 
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