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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Pasqué, Ernst: Die Gobelin-Manufaktur zu Paris, [5]: zugleich ein Blick auf den Antheil deutscher Meister an ihrer Entstehung
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Fließen-Wanddekorationen
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Amerikanische Sonnenbäder in New York
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0167

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Seite 142.

Fachblatt für ^snnen-Dekoration".

Nr. 17.

2000 Franken, und vor der theilweisen Zerstörung der Gobelins durch
die Kommune befanden sich etwa 35 solcher Kunstwirker dort.

Daß die Färbereien heute die höchste Stufe der Vervollkommnung
erreicht haben, bedarf wohl keiner Darlegung; der alte Gluck würde sich
wundern, wenn er heute die 24 Nuanzen seines Scharlachs vom tiefsten
Roth bis zum feinsten Rosa, oder Grau von dem Dunkelgrau des
Schiefersteins bis zu dem lichten Silbergrau der Perlmutter sehen könnte.

Schließlich fei es uns gestattet, noch eine kurze Darstellung der
Entstehung und Entwickelung der Schwestermanufaktur der Gobelins,
feit 1825 mit dieser vereinigten „Teppichweberei der Savonnerie" zu
entwerfen! ,

Neben den Tapetenwirkereien unterhielten die französischen Könige
nämlich noch Teppichwebereien, in welchen Fußteppiche, doch auch Be-
hänge, nach der Weise des Orients und anfänglich auch nach seinen
Mustern in Plüsch gewebt wurden. Nach den neuesten Forschungen war
Johann Forstier der erste Teppichweber, welcher ein solches königliches
Privileg erhielt. Er wurde im Louvre neben den früher vorgeführten
flamändischen Tapetenwirkern untergebracht. 1615 hatte Maria von
Medicis in dem damals vor Paris gelegenen Dorfe Chailot ein Hos-
pital für 100 arme Kinder errichtet, und zwar in einem großen alten
Gebäude, in welchem schon seit langen Jahren eine Seifenfabrik be-
standen hatte und das deshalb den Namen „la Savonnerie" führte.
In diese Savonnerie wurde die königliche Teppichweberei verlegt und
die dort erzogenen Kinder zu Lehrlingen und Arbeitern für dieses

„Garde Meuble de la Couronne" unter vielen anderen kostbaren kunst-
gewerblichen Gegenständen noch eine überaus große Anzahl von pracht-
vollen Teppichen und Tapeten.

Wer die Gobelin-Ausstellung besucht hat, der wird an der Hand
obiger Daten sich den Genuß ins Gedächtniß zurückrufen, den ihm der
Anblick der herrlichen gewirkten Tapeten und Teppiche bereitet hat.
Wer aber die Ausstellung noch nicht gesehen, der möge sich durch die
hier gemachten Mittheilungen angetriehen fühlen, bei dem Besuche der
Seinestadt an den Gobelins nicht vorüberzugehen; denn wenn auch
heute in kleineren Verhältnissen, so gehört die Gobelin-Manufaktur doch
immer noch zu den anziehendsten Sehenswürdigkeiten von Paris, da
ihre Tapeten und Teppiche unbedingt die künstlerisch schönsten und auch
historisch interessantesten sind, welche existiren.

Wl ie Königliche Porzellan-Manufaktur hat gegenwärtig eine besonders
wohlgelungene Fließen-Wanddekoration von etwa 2 Quadratmeter
Größe, welche für das Haus eines Privatmannes zu Bremen bestimmt
ist, ausgestellt. Dieselbe, nach Skizzen des Direktors Kips ausgeführt,
zeigt, der „Voss. Zeitg." zufolge, in vorwiegend seladonähnlichem Ton
eine vorzüglich gemalte, hochsommerliche Landschaft innerhalb einer
graziösen, durch Goldlichter zur feinsten Wirkung gehobenen Rokoko-

Abbildung Nr. 79. Vekovakiansmokw im Barockstile von W. F.. Toffel in Wien.

Kunstgewerbe herangebildet. Die neue Anstalt behielt den obigen
Namen bei und führt ihn in ihren Produkten sogar noch heute, obgleich
letztere nicht mehr in jenem alten Lokale verfertigt werden.

Die Plüschteppiche, welche in der Savonnerie gewebt wurden, müssen
wahre Wunderwerke gewesen sein; dafür spricht unter Anderem jener
Riesenteppich, welcher aus 92 Theilen bestand und den ganzen Fuß-
boden der überaus langen Louvregallerie bedeckte. Die Fabrik der
Savonnerie war stets mit Arbeiten überhäuft, da alle königlichen Ge-
mächer, sammt den Treppen, mit reichen „türkischen" Teppichen belegt
wurden und weil ferner dieselben sich ziemlich schnell abnutzten und
deshalb oft erneuert werden mußten.

So reichten denn unter Ludwig XIV. die Produkte der Savonnerie
nicht mehr aus, und 1644, zwei Jahre nach Errichtung der Gobelin-
Manufaktur, wurde daher von Colbert eine zweite königliche Teppich-
weberei in Beauvais errichtet, die heute noch, wenn auch unter anderen
Verhältnissen als zur Zeit ihrer Gründung, besteht und die herrlichsten
Produkte aller Art Weberei liefert. Die Savonnerie arbeitete bis zur
Revolution fort, wo sie nur noch vegetirte. Unter Napoleon erhob sie
sich zwar wieder, doch Ludwig XVIII. ließ sie eingehen, und 1825
wurden ihre Arbeiter denen der Gobelin-Manufaktur zugesellt.

Die Gallerie der Gobelins, welche heute, nach dem Brande unter
der Kommune, nur 85 Nummern umfaßt, besteht genau zur Hälfte aus
Erzeugnissen der Savonnerie, welche allerdings meistens aus neuerer
Zeit stammen. Doch enthält das „Mobilier National", das frühere

Uüirahmung, in deren unteren Ecken Azaleen und Citronen ruhen,
während im mittleren Theile der linken Rahmenseite sich ein goldig-
brauner, nackter Knabe wiegt und die Schalmei bläst. Die echt idillische
Stimmung, welche in der schönen Komposition steckt, die feine Karakte-
ristik des- Baumschlages, besonders der Weidenbäume, die breite, nicht
zu ängstliche Ausführung und das brillante Feuer, welches in der ge-
wählten Farbe zum Ausdruck kommt — eine Farbe, die dem Kobalt
entschieden vorzuziehen ist — stempeln -riese Fließen-Malerei zu einem
echten und rechten Kunstwerk. Dasselbe wird im Salon oder Speise-
saal eine hervorragende Zierde der Wand bilden. Eine Anzahl ähn-
licher Kunstwerke, in der Form von kleineren Füllungen und Friesstreifen,
hat die Manufaktur in letzter Zeit für die im Bau begriffenen See-
dampfer verschiedener Linien ausgeführt. Andere solche Aufträge sind
zur Zeit noch in Arbeit. Die Vorzüglichkeit der Leistungen rechtfertigt
es, 4>aß bei der Ausschmückung vornehmer.Räume'die Kunst der Fließen-
malerei in breitester Weise herangezogen wird.

Amerikanische Sonnenbäder in New-York. In New-Iork wird zur Zeit ein
riesiges Krankenhaus erbaut, dessen mit dicken Glaswänden eingedecktes Dach so ein-
gerichtet ist, daß die Kranken bei günstiger Temperatur daselbst „Sonnenbäder"
nehmen können. Mehrere private Bauunternehmer sind gewillt, diese „architektonische
Neuheit" nachzuahmen und den Dachraum durch Glaswände für ihre Parteien ab-
zutheilen. Die Wohnungs-Ankündigung der Zukunft wird dann ungefähr lauten:
Drei Zimmer, Kabinet, Küche und Sonnenbadezimmer auf dem Dache. Das City-
Hotel in Wien besitzt bereits ein ähnliches Glasdach.
 
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