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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Leschetitzki, ...: Die Ventilation unserer Wohnräume
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Bötticher, Georg: Entsprechen unsere Tapetenmuster den Anforderungen, die man an Wandmuster stellen soll?, [3]
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Behr, Carl: Ueber Dekoration und Möblirung unserer Wohnungen, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0028

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Mute 20.

Ur. 3.

„^achblatt für Innen-Dekoration".

INauern nicht zu rechnen ist. Durch dieses Einkleistern in die vier
Wände hält man nach die guten Geister von sich fern und die schlechten
bei sich!

Jedoch nicht allein durch das Athnien des Menschen wird die Luft
verschlechterst sondern Einfluß hierauf haben auch Respiration, Transpiration,
Perspiration und Beleuchtung.

Ein Mensch verdirbt durch die Lunge und Haut stündlich 5 Kubik-
meter Luft, und für eine Gasflamme von 0,1 Kubikmeter Gas pro
Stunde sind 25 Kubikmeter Luft zu erneuern.

Wer hat noch nicht Gelegenheit gehabt, aus einem Schlafzimmer,
in welchem er die ganze'Nacht, oder einer Gaststube, in welcher er
längere Zeit in Gesellschaft anwesend war, ohne die zunehmende Luft-
verschlechterung wahrzunehmen, in das Freie zu treten, uni nach kurzer
Zeit zurückzukehren? Welche Bemerkungen macht man da? Wenn nun
dieses erwähnte Schlafzimmer aber Zum Krankenzimmer wird? Der
gesunde Mensch wechselt doch öfter den Aufenthaltsort im Zimmer mit
dem im Freien und so finden er und das Zimmer Zeit, einmal ordentlich
Luft zu schöpfen. Der Kranke ist jedoch an den Raum gebunden und
die erforderliche Lüftung durch Nebenräume schwer ausführbar.

Die Krankenzimmer müssen daher in Ermangelung anderer Ven-
tilation vermittelst des Stubenofens ventilirt werden. In Amerika benutzt
man schon längst das Abzugsrohr des Ofens bei der Einmündung in
den Schornstein als Ventilator. Es wird zu diesem Zweck in den
Schornstein zur Ausnahme des Abzugrohrs eine Art Futter mit doppelten
Wänden eingesetzt. Der Blechmantel dieses hohlen Raumes in dem
Schornsteinfutter ist mit Oeffnungen versehen, durch welche die verdorbene
Luft des Zimmers abziehen kann.

Am besten ventiliren die Oefen, welche direkt vom Zimmer aus
geheizt werden. Man lasse daher im Sommer die Ofenthüre auf, im
Winter wird durch die Feuerung genügende Ventilation erzielt. Die
luftdichten Thüren der Berliner Kachelöfen sollten in unventilirten Wohn-
und Krankenzimmern niemals fest verschlossen werden.

Bei dein herrschenden Unverstand der großen Masse, die sich vor
der frischen Luft wie vor dem Feuer fürchtet und jeden Fensterspalt
doppelt überkleben möchte, sind alle guten Lehren umsonst. Die meisten
Menschen schlafen lieber in eurem hermetisch verschlossenen Raume und
ruiniren ihre Gesundheit, als daß sie Fenster oder eine Thüre öffnen.
Unsere Sanitätsverhältnisse würden um fünfzig Prozent gebessert, wenn
die Behörde die Ventilation aller Wohnräume zwangsweise durch-
führen würde. Es ist dieses nicht so schwierig, wie es Manchem
erscheinen mag.

Tie Zimmer, welche am Schornstein liegen, lassen sich mit geringen
Kosten durch die amerikanischen Schornsteinfutter ventiliren.' In den
Miethshäusern, wo die Ventilation am nothwendigsten ist, sind wohl die
meisten Zimmer mit Oefen versehen und andere Zimmer lassen sich mit
den Schornsteinen durch Rohrzüge verbinden.

GlltsMechen unsere Uapeteumuster den
MuforSeruttaen, Me man an Manvmnster

stellen soll?

Von G e o r g Böttiche r.

(Schluß». ^

^U^elcheS sind nun diese Hauptbedingungen ? Als Erstes und Wichtigstes-
^ " muß von einem Tapetenmuster gefordert werden, daß es einen
ruhigen Hintergrund bilde für Möbel, Bilder, Büsten und all
die Gerälhe, die als Ziminerschmuck dienen. Es darf also bei aller
satten Tönung,-die ja erwünscht ist — nicht allzu kräftig in den
Formen und Farben hervortreten, beispielsweise nicht so kräftig wie ein
Möbelstosfmnster oder eine Stickerei u. dgl., weil es sonst ungebührlich
die Aufmerksamkeit von den Gegenständen, die es doch hervorheben, cur
Geltung bringen soll, ablenkt und aus sich zieht. Am Ehesten noch wird
das Speisezimmer eine kräftige Formen- und Farbengebung der
Tapete vertragen, in der Art nämlich, wie wir sie in den Gobelins
vorbildlich haben, wo also die Tapete selbst als Bild, nicht als Hinter-
grund gelten soll. Noch energischer dürfen Eintheilung und Farben wie
Formen an den Treppenhaus- und V or s a a l-T a p e t e n ge-
halten fein. Hier ist die Tapete ganz entschieden mehr Wandschmuck
als Hintergrund. Hier darf sich also die Fantasie des Zeichners am
freiesten in kühnen Zusammentragungen, Formen und Farben ergehen.
Hier sind auch Streifenmuster, senkrechte wie wagerechte, und überhaupt
alle erdenklichen Artei: der Eintheilung erlaubt und angebracht

Zum Zweiten soll ein Tapetenmuster nicht kleinlich in
den Formen sein. Es ist ein weitverbreitetes, hartnäckiges Vor-
urtheil, das im Interesse des guten Geschmacks nicht genug bekämpft
werden kann: daß kleine Zimmer auch kleine Ri u st er be-
nöthigen. Die Wandfläche auch des kleinsten Zimmers vertrügt nicht
nur, nein, sie fordert ihrer Natur nach ein Muster, das sich nicht
puppenstubenartig hundertfach wiederholt; sie wird, selbst wenn die Wieder-
holung des Musters in der Höhe gar nicht (bei sehr hoher Lambris) in

^d^oration

rmö WölUirutty unserer

Von Carl Behr.

I. Die üblichen Stilarten der Gegenwart.

(Schluß).

r^Mie Frage nun, wie wohl die wniischenswerthe einheitliche Richtung
erreicht werden könnte, ist sehr schwer zu beantworten. Jeden-
falls wird das Ziel immer weiter hinausgerückt, wenn immer wieder
neue Manieren und neue Gesichtspunkte aufgestellt werden. Vor allen
Dingen sollte inan immer bedenken, daß wir Deutsche sind, die — wenn
auch unbewußt — ganz ebenso sehr ihre nicht zu verleugnenden Eigenheiten
haben, wie andere Völker und daß deßhalb der „Stil der Zukunft" sich
diesen Eigenheiten fügen und in Deutschland einen deutschen Charakter
zeigen darf und muß, wenn er überhaupt Charakter haben soll. Dann
ist auch das Nach ahmen moderner Arbeiten fremder
Länder vom geschäftlichen Standpunkte ans unklug, wenn wir
selbstständig genug sind, etwas Eigenes erfinden zu können; denn
solange wir uns z. B. nach der französischen Mode kleiden, bleibt für
uns der französische Schneider besser wie der deutsche, und wenn wir
etwas recht Gutes und Hübsches an Kleidern kaufen wollen, müßten
wir in diesem Falle nach Frankreich gehen. Aehnlich so — und kaum
anders — verhält es sich auch mit den Erzeugnissen unserer Kunst-
Industrie. Das Talent der Deutschen auf diesen: Gebiete hat so
gut seine Vortheile, wie das anderer Völker, nur muß auch dafür gesorgt
werden, daß es sich richtig nach einer bestimmten Schule entwickelt,

nicht aber darf ihm immer wieder von Neuem der Boden unter den
Füßen fortgenommen werden, indem man ihm, mag er auch einen Weg
einschlagen den er will, konsequent sagt: Du bist auf den: falsche»: Wege!

Weitaus die meisten Erzeugnisse der Kunstindustrie in Deutschland
zeigen auch heute noch die Formen einer späten Renaissance, welche
allerdings stark mit den: Rokoko liebäugelt. Es muß also diese Richtung
wohl die meisten Anhänger habe»:, somit momentan allgemein an:
sympathischsten erscheinen. Es soll nun nicht behauptet werden, daß
dieser Stil der der Zukunft werden müsse, wir können aber sehr wohl
annehmen, daß derselbe entwickelungsfähig sei. Wie die Eng-
länder sich nie von ihrer Gothique frei machen konnten, wie den Er-
zeugnissen ihrer Architektur immer die geraden Linien dieses eigenartige»:
Stiles durch alle Jahrhunderte seit jener Zeit eigen ist, so zeigte die
deutsche Renaissance immer einen Hang nach dein Barocken und sollte
man annehmen, daß dieser Sinn für eine gewisse malerische Wirkung
auch heute noch besteht. Daß, wie viele Kunstschriftsteller behaupten,
die späte Zeit der Renaissance nur schwülstige derbe Objekte gezeitigt
habe, ist nicht zutreffend. Gerade die Möbel z. B. der späteren Epochen
sind weit zierlicher und zweckentsprechender wie die frühere»:, meist recht
naiven Formen, und sind z. B. die Sitzmöbel des Rokoko die bequemsten
aller Kunstepochen. Dabei dürfen wir freilich von fremden Völkern
lernen, aber wie die Engländer es machen, diese nicht nur kopiren,
sondern das Gesehene uns erst zn Eigen machen, das Kleid unser:»:
Körper anpassen, d. h. die gefundenen Motive in unserer
Weise verarbeiten. Wie in der Periode der Renaissance die
verschiedenen Völker die in Italien-gefundenen Motive verschieden auf-
faßten und nachbildeten, wie man i» Folge dessen eine französische, eine
spanische, niederländische und deutsche. Renaissance dieser Zeit unter-
 
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