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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Hofmann, Albert: Der "Saal" im romanischen Mittelalter, [1]
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Gestickte Wandgemälde
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Behr, Carl: Ueber Dekoration und Möblirung unserer Wohnräume, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0080

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5eite 70.

Nr. 9.

„Fachblatt für Innen-Dekoration".

Wenn im Frühling den grünen Wiesenteppichen und den Gürten
vielfarbige und wohlriechende Blumen entsproßten, dann wurde bei fest-
lichen Anlässen der Teppich noch mit Rosen, Binsen und anderen viel-
farbigen Blumen bestreut, die dem Raume eine wohlriechende Atmosphäre
verliehen. — — —- Parcival 83. 28.:

— — — „Grüne Binsen thauig naß,

„Dünn auf den Teppich ausgestreut."

Eine andere Stelle, Parc. 549. 10. erzählt:

— „Mit der Maid darauf Gavan

-„In einer Kemenaten ging,

-„Wo den Estrich überfing

„Bins' und Blumen frisch geschnitten
„Als Gesträusel nach des Landes Sitten."

Der frische kühle Thau verschaffte dem
Saal angenehme Kühlung, während die
heiteren'Farben der Blumen ihm die Fest-
stimmung verliehen, sodaß auch

— — „manic gelbe Blumen tolde

-„rosen rot und grünes gras

— — „uf den estrich gestreuet was.

(Tristan 886.)

Auch auf frisch geschnittenem, thauperlendem
Gras und Laub wandelte die festesfrohe
Ritterschaar, freudig gestimmt durch die
ersten Zeichen des heißersehnten Frühlings.

Oft war der Boden aus kostbarem
Gestein hergestellt, dann wurde er seltener
mit Blumen, Gras und Laub bestreut;
auch der Teppich fällt dann fort, um den
Boden in feiner ganzen reichen Farben-
wirkung sehen zu können.

„Nun kehrt er zu dem Zimmer ein:

— „Dem war des Estrichs Schein

— „Wie Glas so schlüpfrig und klar.

Gestickte Wandgemälde.

— „Den Estrich muß ich auch loben:
„Bon Sardinen, Jaspis und Chrysolith
-„Getäfelt wie es Klingsor rieth.

Figur 29. Damen--Schreibtisch.

Gedacht in Nußbaumholz mit Beschlägen aus ouivrs poli.
Entworfen von Rudolf S'trecker, Mainz.

„Der dieses Werk halt' erdacht,
„Und durch weise Zaubermacht

„Herbeigeholt aus manchen Landen
„Die Steine, die da leuchtend standen.'

(Fortsetzung folgt.)

us besonderen Wunsch der Königin von Sachsen sind jetzt 'jene
durchaus eigenartigen, von einer an einen Dresdener Bankier
verheiratheten Wienerin, der Frau Ge-
neralkonsul Henriette Mankiewicz, ent-
worfenen und ausgeführten Kunstarbeiten,
von denen 6 bereits auf der Pariser
Weltausstellung allseitige Bewunderung
erregt haben, im Kgl. Palais am Ta-
schenberg ausgestellt. Die ausgestellten
Gegenstände sind in der That fehens-
werth, und man weiß nicht, was man
zuerst und zumeist bewundern soll, den
mit Geduld und Ausdauer gepaarten
Riesensleiß, den die Herstellung dieser
Kunstwerke.erfordert hat, oder die außer-
ordentliche Geschicklichkeit, welche sich in
ihrer Ausdauer kundgibt, oder endlich die
Genialität, von welcher ihr Entwurf Zeug-
nis; ablegt. Die Darstellungen werden
„gestickte Wandgemälde" genannt. Diese
Bezeichnung kann leicht mißverstanden
werden. Wir haben es hier nicht etwa
mit bloßen Nadelarbeiten zu thun, viel-
mehr sind diese Wand- oder Wandschirm-
bilder (punneuux) durch eine kunstvolle
Verbindung von Stickerei und Malerei
entstanden, und zwar ergänzen sich beide
Ausführungsarten in der Weise abwech-
selnd, daß auf dem den Grund bildenden
Atlasstoff alles Flache und alles Zurück-,
Fern- u. im Schatten Liegende mit Wasser-
farben gemalt, das plastisch Hervortretende
dagegen und alles vom Licht Beglänzte
mit den verschiedensten Seidenfäden, mit
Chenille Goldfäden usw. gestickt oder her-
ausgearbeitet ist. Durch dieses Verfahren
und mit Hilfe einer malerischen Zusammen-
stellung der verschiedensten Farbentöne hat die Künstlerin eine höchstmög-
lichste Naturwahrheit zu erstreben gesucht, und dies ist ihr auch gut gelungen.

^Mekoralicm und
unserer HDohnrämne.

Von Carl Behr.

II. Vas deutsche Haus und seine Räume.

(Fortsetzung.)

ber auch die Straßenhäuser, solche, welche mit beiden Seiten an
die Nachbarhäuser anschließen, haben darunter zu leiden, daß sie
nach Außen zu reich und ohne Rücksicht auf das Zweckentsprechende des
Innern ausgebildet werden. Der ganze Aufwand an Pracht, welchen
der Erbauer sich leisten kann, wird vom Architekten nicht selten aus die
Fa^ade verschwendet und für den innern Ausbau, welchen der Bewohner
ja doch nur allein genießt, bleibt meist nur das Alternöthigste übrig.
Dabei würden manchmal die Kosten eines in Sandstein ausgeführten
plastischen Frieses, dessen Nothwendigkeit für die Fa^ade wohl oft recht
fraglich ist, genügen, ganze Zimmer im Innern mit Holzgetäsel oder
Gobelins auszustatten. Kurz, es wird für die Straße, für die Repräsen-
tation nach Außen gebaut, nicht für die eigene Bequemlichkeit!

Betrachtet man unter Andern z. B. die in den letzten Jahren ent-
standenen Häuser der Neustadt in Köln von der Straße aus und ver-
gleicht diese meist überladenen und fantastisch gehaltenen architektonischen
Leistungen mit dem Innern derselben, so muß man gestehen, daß die
eigentlichen Wohnräume oft in keinem Einklang mit dem nach Außen
verschwendeten Reichthum stehen. Und doch sollte unser Wohnhaus solide
fein wie ein gediegener Mensch; einfach und würdig nach Außen, schön

und interressant im Innern; es sollte sein, wie ein ehrlicher Mann, der
nach Außen nicht mehr scheinen will, was er mit seinem Innern nicht
zu halten vermag. Einfache Ausstattung der Fagaden, wenn auch unter
Verwendung gediegenen Materials, ist also wünschenswert!,, und be-
fleißigen sich unsere Nachbarvölker dieser Weisheit in weit höherem Maße
wie unsere Landsleute. Da wir uns aber mit der Ausstattung der
Wohnräume beschäftigen wollen, nicht mit dem Aeußern der Häuser, so
wollen wir nach dieser kleinen Abschweifung wieder in das Innere zurück-
kehren. Die in schwerem massivem Holze gehaltene Hausthüre führt
gewöhnlich in ein kleines Vestibül, welches durch einen Windfang
von dem Treppenhause und dem Vorplatze getrennt ist. Dieser Vorraum
wird am besten in einer Weise ausgestattet, wie wenn er noch zum
Aeußern des Hauses gehörte; entweder in Sandstein wie die Fagade,
oder in Marmor, welcher in seiner Färbung zum Aeußern des Hauses
in lebhaftem Kontraste stehen sollte. Bei besonders reicher Ausstattung
werden gewisse Theile, wie: Handfaßstangen, Geländer an den Stufen,
Wandleuchter und Ampel wohl auch von gediegener Bronze gebildet.
Oft aber auch ist dieser Raum in der allereinfachsten Weise nach oben
gekuppelt, d. h. je nach der mehr quadratischen oder länglichen Form
des Grundrisses auf Kreuz- oder Tonnen-Gewölbe versehen und einfach
geweißt. Immer sollte dieser Raum möglichst einfach in großen
Linien, wie die Faqade entworfen sein, damit die Feinheit der Aus-
führung nach den Wohnräumen zu eine Steigerung zuläßt.

Dasselbe gilt auch vom Treppenhause und den Vorplätzen,
wenn dieselben auch schon mehr sich dem intimeren Karakter des Wohn-
raumes nähern. Von mancher Seite wird vermieden, Vorplatz und
Treppenhaus in einen Raum zusammen zu ziehen; man glaubt, der
erstere werde durch die Treppe degradirt, man dürfe vom Treppenhause
 
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