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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Lessing, Julius: Leder-Tapeten, [2]
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Böttcher, F.: Einfache Möbel
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0139

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Nr. 14.

Seite 119.

„Fachblatt für ^nnen-Dekoration".

wird, so tritt das Silber hervor, und wird selbst dieses angegriffen, so
erscheint das reich getränkte und tiefgebräunte Leder, so daß keine Unbill der
Zeit den herrlichen tiefen Ton dieser köstlichen Stücke völlig vernichten
kann. Und so hat der alte italienische Magister von 1564 Recht, der
diese Kunst des Lederarbeiters eine Kunst nennt „von großem Wissen und
Nutzen, von großer Schönheit und sehr angenehm anzuschauen, eine Kunst
für große und vornehme Herren".

Uebrigens blieb die Kunst nicht
auf Zimmer-Ausstattung beschränkt.

Auch für die Möbelbezüge, für das
Bespannen von Kästen, von Kissen,
von Stellwänden usw. war sie beliebt.

Besonders wurde sie in Italien für
Antependien angewendet, die Be-
kleidung der vorderen Altarwand,
für welche bei der häufigen Berühr-
ung die Seidenstoffe als dauernder
Schmuck nicht geeignet waren. Solche
Stücke wurden nur zum Theil oder
gar nicht durch Formen, sondern
ganz in freier Handarbeit durch
Punzen und Malen hergestellt. Na-
türlich machen die Muster des Leders
alle Wandlungen des Geschmacks mit.

Ein Stück von seltenster Schönheit
italienischer Arbeit des 15. Jahrhun-
derts zeigt die Abbildung Nr. 49 in
letzter Nummer. Das 18. Jahrhun-
dert brachte dann seine Rokoko-
Schnörkel (siehe nebenstehende Ab-
bildung Nr. 62) hinein, bis gegen
Ende des 18. Jahrhunderts die Kunst
völlig abstarb. (Schluß folgt.)

Einfache

Abbildung Nr. 62. Wrdrvtspete

und selten vorhandenem Geschmack ausgewählt und angeordnct worden. Schon das
Aeußerc des alten gut hergestelltcn und weinbcwachsenen Hauses ließ auf das Innere
und seine Einrichtung schließen. Der geräumige Hausflur, welcher mit Fließen
belegt und äußerst kühl war, wurde im Sommer vielfach als Aufenthaltsort, meistens
aber als Speise- und Trinkzimmer von der ganzen Familie benutzt. Der Aufenthalt
in demselben war in der That sehr angenehm; die unteren Thcile der Wände
sowie auch die Decke, Fenster, Thüren, die Treppe (letztere mit schön und geschmackvoll

gedrehtem Geländer versehen), waren von
weichem (Nadel-) Holz, dasselbe war braun
gebeizt und gefirnißt; von der Decke hing
ein kleiner, mit blitzenden Messingarmen
versehener Kronleuchter herab, an der die
Decke stützenden Säule waren Hirsch- und
Rehgeweihc, sowie auch eine Schießscheibe
angebracht und auf dem Simsbrett über
den Thüren standen einige ausgestopfte und
selbst erlegte Raubvögel, eine Eule, ein
Falke usw. Sämmtliche Fenster im Erd-
geschoß waren mit Butzenscheiben ver-
sehen, diejenigen im Obergeschoß dagegen
zeigten große Scheiben, durch die das volle
Tageslicht eindringen konnte, jedoch im
Schlafzimmer, das nach Süden lag, waren
Fenstervorsätzer mit buntbemalten Scheiben,
welche die Wappen der Familie enthielten,
ausgehängt. Die Möbel im ganzen Hause
waren, abgesehen von einigen ererbten,
großen, alten, schönen Nußbaumschränken
für Wäsche und Geschirr rc., von weichem
und braun gebeiztem Holze, ebenso die
Thüren, Decken und Wände in halber,
theils auch in "z der Höhe, der übrige
Theil der Wand war mit einer guten,
zur Größe und dem Zweck des Zimmers
passenden Tapete überzogen. Die Thüren
mit Vorhängen im orientalischen Stil be-
kleidet; ebensolche Vorhänge zeigten auch
die Fenster, die das Eindringen der
heißen Sonnenstrahlen verhinderten, die
Fußböden waren mit Teppichen belegt.
Die Möbel waren außerordentlich einfach.
Sitze und Lehnen mit glattem oder gepreß-
. Frankreich, Mitte 18. Jahrh. tem Leder, bezogen, erinnerten vielfach au

die Gothik; fast überall konnte man den

^er Geld genug hat, kann und soll sich auch schöne und reich gehaltene Möbel
im Stile der italienischen oder deutschen Renaissance, dem Stile Ludwig
XIV., XV. oder XVI. anschaffen und dadurch unsere
Kunstindustriellen beschäftigen und denselben Arbeit und
Verdienst zuweisen. Es gibt jedoch auch eine große
Anzahl Kunstfreunde und Kunstverständige, die sich aus
allen Kreisen der Bevölkerung zusrmmensetzen (Architekten,
Maler, Bildhauer, Zeichner, Beamte, Offiziere, Gewerb-
treibende, Arbeiter), die wohl auch gerne schöne Wohn-
ungs-Einrichtungen sich anschaffen würden (und gerade
diese würden es gewiß thun) wenn sie die nöthigcn
Tausende im Besitz hätten. Sie müssen deshalb, da es
Möbel für ihren Bedarf nicht gibt, mit den Dutzend-
möbeln, die in allen Magazinen, bei allen Händlern zu
haben sind, vorlieb nehmen, fühlen sich aber zwischen
denselben nie wohl, dies umsoweniger, als diese Möbel
mit der Zeit immer unscheinbarer werden, Lack und
Politur immer wehr schwindet. Es sollten daher auch
Möbel zur Herstellung gelangen, zu denen das Holz
von unseren heimischen Nadelhölzern genommen würde,
die einfach, praktisch und doch schön und originell ge-
zeichnet, braun gebeizt oder mit Farbe gestrichen sind,
eventuell auch mit Ornamenten und Blumen bemalt
werden. Der Ruf nach solchen Möbeln ist ein allge-
meiner, und sei deshalb auch hiermit an
den Aussatz des HerrnSchliepmann erinnert,
der sich in Nr. 13 dieser Zeitschrift be-
findet und in vorzüglicher Weise „Billige
Möbel" behandelt. Thalsache ist es, daß
man sehr wohl mit einfachen Mitteln
Zimmer traulich, bequem und sogar schön
gestalten kann. So fand ich bei Bayreuth
ein Haus, welches auf Bcrgeshöhe, unweit
der „Phantasie" gelegen und vom Prinzen
von Württemberg hergerichtet war, ich
möchte fast sagen brillant eingerichtet und
bei näherem Hinsehen ooch jeder einzelne
Abbildung 63. VlNSttdolr wit Vase. Gegenstand billig, einfach und schlicht war;
Dreitheilig, schwarz »nt Goldlinie». das Ganze war indeß mit einem großartigen

Zusammenbau derselben erkennen, die Dekoration derselben war gleichfalls einfach,
ooch originell und mit Geschmack ausgeführt. Zn dem einen Zimmer, demjenigen
der Damen, waren die Möbel mit Ornamenten und zum Theil mit Blumen und
Blättern unserer heimischen Flora bemalt, in dem Herrenzimmer die Verzierungen
(Ornamente) eingeschnitten und dunkler gebeizt, während die im Schlafzimmer
befindlichen Möbel gemalte Blumen und Sprüche enthielten. Zn den Ecken der
Zimmer standen grüne, altdeutsche Kachelöfen; auf den Gesimsen oder auf Schränken
sah man grüne, blaue und braune Thonkrüge, Blumenvasen usw., welche theils in
Bayern, theils in Thüringen (Bürgel),
so schön und dabei äußerst billig erzeugt
werden, hier und da waren ein wohl
vererbter alter Zinnkrug und einige
Porzellanvasen und Teller zu sehen,
welche wie auch einige öronzelampen
uno Leuchter, zur Belebung des Ganzen
wesentlich beitrugen. Roth gestickte Tisch-
tücher und ebensolche Paradehandtücher
vervollständigten das schöne, lebensvolle
Bild. Doch nicht etwa die den Besuchern
zugänglichen Räume waren, wenn auch,
wie schon erwähnt, mit einfachen Mö-
beln und dabei dock äußerst geschmackvoll
ausgestattet, sondern auch alle übrigen
Räume des Hauses. So zeigte z. B.
die Küche, welche nach der Nordseite zu,
nach einem kühlen Hofe im Erdgeschoß
gelegen war, gleichfalls eine geschmack-
volle und dabei praktische Einrichtung.

Die Wände, so.nie der Fußboden, vor
Allem auch der Kochherd, waren mit
gemusterten Steingutplatten, die Tisch-
und Schrankflschen mit dunklen Granit-
platten belezt; die Möbel bestanden
aus dunkel gebeiztem und geschweiftein
Fichtenholz und das Geschirr, die
Töpfe, Schüsseln, Krüge, usw., welche in dortiger Gegend in so überaus origineller
und malerischer Weise angefertigt werden, aus bemaltem Thon und Steingut. Die
hie und da auf Brettern stehenden Mörser, Kasserole, Fischkocher, Leuchter von
Messing, das glänzende Metall mit seinen Lichtern, verlieh dem Ganzen ein lebendiges

Abbildung Nr. 64. Vluiiirrtltsch.

Schwarz mit Gold.

Mit gemalten Porzellan-Platten.
 
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