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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Hofmann, Albert: Der "Saal" im romanischen Mittelalter, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0099

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I. Ssßvgang.

Jarmstaöl, Ämü jS^lv.

Nummer 11.

Das „Fachdlatt für Imien-Dekoraiion" ist
bei der deutschen Reichs-Post unter Nr.
2V22 der Post-Zeiimigsiiste eingetragen.

Verbreitet in Deutschland, Gesterreich-Ungarn und der Schweiz.

Vertrieb f. Dester.-Ungarn: Spirthklsirn A SchiN'lch, IVieit k, Aumpfg. 7.
Bezugspreis des Blattes p^jästr!. öst. fl. 1.30. ErstäNlich durch jede Buchhandlung.

Kleinere Beträge sind stets voranszube-
zahlen. Einzelne Nummern kosten 50 Pf.
Telegramm-Adr.: verlagkoch, Darmstadt.

Nachdruck unserer Original-Artikel ist nur mit unserer Ertaubniß gestattet.

*Mev im vomanjschen^Djttelaltev.

Von Albert Hof mann-Reichenberg.

(Schluß.)

ls eines der schönsten Beispiele einer fürstlichen Burg aus dem
romanischen Mittelalter, aus der ruhmvollen Zeit der Hohenstaufen,
ist die Wartburg berühmt geworden. Durch die mittelhochdeutsche Dicht-
ung besungen und bis auf unsere Tage durch geschickte Restauration
Uoch wohl erhalten, ist die Wartburg bei Eisenach in Thüringen die Resi-
denz der thüringischen Landgrafen und im 12. und 13. Jahrhundert der
Hauptschauplatz des Säugerwettkampfes, der großen Turniere und der
Poetischen Feste, zu welchen eine prunkvoll gekleidete festesfrohe Schaar
von Rittern und Damen, von Sängern, Dichtern und Spielleuten,
von fahrenden Künstlern aller Art hinzog, um entzückende Stunden
reisigen Männergesanges oder ritterlicher Turniere zu durchleben. Zu
solchen Zeiten mußte der Saal eine große Menge fassen können, nur
die größten Burgen konnten der Schauplatz solchen romanischen Ge-
triebes sein.

Eine ansprechende getreue Schilderung gibt Julius Wolfs in
seinem „Tannhäuser" in der Wartburg aus den bewegten Tagen fest-
lichen Sängerwettkampses (II. Pag. 160):

„Man pflanzte an die Thüren junge Tannen,

„Bekränzte alle Bögen, Pfeiler, Pfosten,

„Schlang um die Säulen dichte Laubgewinde,

„Verstreute Sand und Blumen auf die Wege
„Und wandelte in Gärten um die Höfe.

„Auf Gäng' und Treppen breitete man Decken,

„Mit Waldesgrün umstellte man die Stufen,

„Hing lange bunte Tücher aus den Fenstern
„Und Teppiche in den Altanen nieder.

„Singsprüche prangten über Thor' und Thüre,
„Willkommengrüße, Bilder, Blttthenzweige
„Und Bänder flatterten und Fähnlein wehten.

„In Sälen und Gemächern standen Bänke
„Mit schönen Kissen und gestickten Polstern,

„Und an den Sesseln hängen Rückelaken,

„Rüstungen schimmerten an allen Wänden,

„Mit Helm und Schild uud mancher fremden Waffe,

„Als Siegesbeute aus dem Morgenlande.

„Der große Silberschatz der Hofburg prunkte,

„Zierrate, Schaugefäße und Kredenzen,

„Schnitzwerk und Schmuck auf Tischen und Tressoren.

„Es blinkt und blitzte im Metall und Farben,

„Von Blumen, edlen Stoffen und Gesteinen,

„Und rastlos mühten sich gewandte Diener
„In Palas, Ritterhaus uud Küch' und Keller,

„Und flinke Zofen bei den Kleidertruhen,

„Und keine Hand war müßig oder lässig."

Eine Szene aus Parzival verdient hier angeführt zu werden,
weil sie darlegt, wie die Poesie diese Feste und Festräume dichterisch
ausschmückt (ich gebe diese Szene nach „Scherr, deutsche Kultur- und
Sittengeschichte", wieder).

Ein Zufall führt Parzival nach Montsalvage und gewährt ihm
den Anblick des Gral-Kultus. Parzival gelangte Abends an einen
See, wo er Fischer nach einer Herberge fragt. Sie weisen ihn
nach einer nahegelegenen Burg, in welcher den Gast die blendendste
Pracht empfängt. In einem herrlichen Saal, der von 100 Kronleuchtern
erhellt und durch Aloeholzfeuer mit wohlriechender Wärme erfüllt wird,
sitzen auf prächtigen Ruhebetten vierhundert Ritter im Kreise um ihren
königlichen Herrn. Eine stahlblanke Pforte öffnet sich und läßt einen
schimmernden Zug heraustreten. Voran gehen zwei edle Jungfrauen,
in Scharlach gekleidet und goldene Leuchter tragend; ihnen folgen acht
in grünem Sammt, welche eine Tischplatte in durchsichtigem Granitstein
tragen. Sechs andere bringen verschiedenes Silbergeräthe und abermals
sechs geleiten die Königin, die wunderschöne Lspunss cka Leliom, welche
in arabischen Pfeffel gekleidet ist und auf einein grünen Kissen von
Achmardi den Gral-trägt, welchen sie vor dem Könige niedersetzt.

Es ist die denkbar größte Pracht, die hier entfaltet wird. Daß
aber die Dichter der Wirklichkeit manchmal sehr nahe kommen, besonders
 
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