Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

DOI Artikel:
Fischer, Arwin: Ueber das Einrichten und Aufmachen von Gardinen und Vorhängen, [2]
DOI Artikel:
Böttcher, F.: Der Ofen, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0207

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Leite 174.

Fachblalt für ^niicii-Dekoralion".

Nr. 21.

Vas 'Emrichlen und Aufmachen
von Earvlueu und Doryäuyen.

Von Arwin Fischer.

der Glanz, ferner soll das Arrangement keine Gelegenheits-Dekoration sein, sondern
einen dauernden Schmuck des Zimmers bilden; er soll so fest angebracht sein,
daß man die Dekoration klopfen und bürsten kann, ohne daß die einzelnen Theile
absallen und was die Hauptsache ist, diese Dekoration soll der Bequemlichkeit und dem
praktischen Gebrauche des Besitzers entsprechen, sei es beim Oeffnen des Fensters
oder der Thüre, sei es beim Durchgang durch letztere; — auf alles dieses hat man
wenig oder gar keine Rücksicht zu nehmen bei Gelcgenheits- und Theater-Dekorationen,
oder bei Drapirung um Möbel, Staffeleien usw., wo sie nur zum Effekt, zur malerischen
Wirkung, sei es in Form oder Farbenstellung, dem Maler bei einem Bilde dienen
sollen. Ganz anders liegen die Verhältnisse bei einem
Vorhang mit geschnittenen Draperien; diese selbst bilden
mit einen Theil unserer Zimmerausstattungsstücke und
wir sind gewohnt, an ihnen eine gute, gediegene Aus-
führung, sei es auf der Schau-oder Kehrseite zu finden;
sie müssen die Haltbarkeit besitzen, gereinigt zu werden,
ohne die Form zu verlieren, desgleichen von einem Platze
nach dem anderen gebracht werden zu können, um an dem
neuen Orte ebenso in vollendeter Form und gediegener
Ausführung zu prangen, wie vorher.

Aus Vorstehendem ist zu ersehen, daß es bei Aus-
schmückung unserer Wohnräume das Richtigste ist, einen
geschickten Dekoratör zu Rathe zu ziehen, welcher nicht
allein die Dekorationen in gefälliger Form anbringt,
sondern mit Akkuratesse und Sorgfalt auch alle Neben-
arbeiten dabei ausführt.

(Schluß.)

ssie zweite Art von Gardinen sind die abgepaßten Shawls, welche in ihrer Ver-
wendung den Höhepunkt nicht nur erreicht, sondern wohl schon überschritten
haben, man gebraucht sie als Langshawls bei Gardinen
und Portieren; im Schlafzimmer und untergeordneten
Räumen wohl auch allein ohne weiße Untergardinen;
in den meisten Fällen werden dann auch noch ein oder
mehrere Shawls oben zur Draperie verwandt, welche
ähnlich wie beim Empire-Stil in den kuriosesten Auf-
griffen angebracht werden. — Am vortheilhaftesten und
schönsten sieht es aus, wenn die Langshawls in großen
Metall- oder Holzringen an runden oder kanelirten Holz-
oder Metallstangen hängen und man die Drapirung in
schöner, geschmackvoller Weise, in hohlhängendeu Bogen
darüber anbringt, damit Ringe und Stangen zu sehen
find; letztere ruhen in Trägern oder Konsolen und sind
an den Enden mit gedrehten Knöpfen versehen.

Sollen die Shawls zum Ziehen eingerichtet werden,
so werden dieselben wie Weiße Gardinen behandelt und
nur Draperie wird über die Rundstange geschlungen.

Zum Auf- resp. Zurückgreifen finden hauptsächlich
die jetzt so sehr in Mode stehenden Ketten Verwendung,
von der zierlich geflochtenen Form, bis zu der mit
Münzen wie ein Bettelarmband verzierten oder mit
Morgensternen und sonstigem Mordwerkzeug geschmückten
Ketten.

Je weicher ein Shawl, desto zierlicher, effektvoller,
ja künstlerischer ist der Faltenwurf, z. B. bei Chenille-
Shawls, während man bei schwererer, steiferer Maare
erst die Falten richtig hineingreifen muß.

Die dritte Art sind die Vorhänge mit geschnittenen
Draperien, d. h. wo die zur Dekoration, Drapirung,
verwandten Bogen, Zipfel in den verschiedensten Formen
nach bestimmten, vorher genau berechneten Modellen ge-
schnitten sind, — diese lassen sich, wenn abgenommen,
wieder in die gewesene Form leicht hineinbringen. Kleine
Veränderungen sind wohl, ohne daran zu schneiden,
zulässig, doch die Grundform bleibt in ihren Haupt-
theilen. Die Anfertigung und das Arran-
giren dieser Draperien ist eine Hauptauf-
gabe des Dekoratörs, sie will gelernt und
noch viel mehr geübt sein, denn nichts
verdirbt ein Zimmer mehr, als wenn von
unkundiger Hand Dekorationen in den un-
geheuerlichsten Formen angebracht sind,
welche allein guten Geschmack, Stil und
Praktischen Hohn sprechen.

Zwischen den zwei letzt genannten
Arten von Gardinen liegt ein furchtbarer
Abstand, während die Shawl-Dekorationcn
eine legöre ungezwungene Faltenbildung
darstellen, welche den Eindruck des malerisch
Künstlerischen repräsentiren, Wohl auch selbst
durch die Hand eines Laien, welcher etwas
guten Geschmack besitzt, leicht in andere
Formen zu bringen ist, — bieten sie immer-
hin den Eindruck eines etwas Zufälligen,
welches nicht seinen dauernden Zweck haben,
sondern nur zu momentaner Wirkung bei-
tragen soll, wie bei Fest- und Gelegenheits-
Dekorationen, sei es beim Empfange hoher
und höchster Herrschaften, Einweihungs-
feierlichkeiten, Hochzeiten oder wie beim
Theater, wo die Dekoration, der Entwurf,
nur für einen Akt oder Scene berechnet

ist, wo dem beschauenden Publikam für
den Augenblick höchst effektvolle, malerisch
wirkende Zusammenstellungen, Gruppen oder einzelne Motive geboten sind, wo aus
einem der Größe entsprechenden Stück Seidenplüsch (Silk) eine höchst geschmackvolle
Portiere arrangirt ist, worauf man vielleicht noch einen bunten Lappen in wirkender
Form darübergesteckt hat, wie überhaupt das Ganze nur mit Nägeln, Nadeln und
Binden zurechtgestntzt ist.

Hat nun eine Herrschaft so eine packende Augenblicks-Dekoration gesehen, so
ist, zu Hause angekommen, ihr Erstes, den Dekoratör rufen zu lassen, wo man
ihm eine Masse abgelegter Streifen und Lappen, alte aufgefärbte Dekorationen, vor-
legt mit dem Bedeuten, er soll hieraus ebenso etwas Chickes, wie sie dort gesehen,
arrangiren; leider aber fehlt den vorhandenen Lappen die erforderliche Größe, sowie

Abbildung Nr. 100. Wokoko--Vfen.
Entworfen und ausgeführt von Villeroy L Noch in Dresden.


ev

fen.

Von F. Böttcher.

(Schluß.)

er Empirestil hielt nun seinen, leider siegreichen
Einzug auch in Deutschland und die langweiligen
und gedankenlosen Formen desselben erhielten sich bis
in die sechsziger Jahre, ja die des Ofens hier und da
bis in die neueste Zeit. Erst, da endlich der lebens- und
farbenfreudige Süden nnd die gewaltige Bewegung der
Jahre 1870 und 1871 Anstoß zu neuen Formen und
Ideen gab, wurde der alte Plunder über den Haufen
geworfen nnd Oefen mit den steifen Giebelauffätzen, den
ausgezackten Gesimsen, den Friesen mit steifem griechischen
Ornament, Medaillons mit Geschichten aus der Mytho-
logie, nicht mehr oder doch nur noch selten fabrizirt.

Es wurde nun zur deutschen Renaissance
zurückgegriffen und zunächst alte Oefen
nachgebildet, seine Prachtgestalt kam nun.
und zwar mit vollem Recht, wieder zu Ehren.
Namentlich die Münchener Kunstgewerbe-
ausstellung des Jahres 1876 war es, die
auch in dieser Beziehung vortheilhaft wirkte
und Schönes schuf und sich ein großes Ver-
dienst durch Vorführung guter Beispiele er-
warb. Auch einige Architekten nahmen sich
des Stifkindes, der Dekoration des Ofens
an und zeichneten solche im Stile der schönen
originellen und kräftigen deutschen Renais-
sance. Nur sollte man bei der schwung-
voll betriebenen Imitation nicht blos das
Relief der einzelnen Kacheln, sondern auch
die alte Färbung und die ganze kraftvolle
Konfiguration des Baues im Auge behalten;
während die letztere häufig zu mager und
zimperlich ausfällt, geräth man mit der
Farbe oft in allzu matte, dunkle Töne.
Namentlich der grüne Ofen soll ein frischer
nnd lebenswarmer Kamerad sein.

Da in den vorhandenen Häusern auch
jetzt noch vielfach weiße Oefen stehen und
die Zimmer derselben jetzt mit dunklen
Möbeln, Vorhängen, Tapeten und Stoffen
ausgestattet werden, so nimmt sich so ein
weißer Ofen inmitten der dunklen, farben-
und formensreudigen Umgebung gar sonderbar nnd wie ein weißer Fleck aus, und
da man denselben nicht immer Wegreißen und durch einen anderen ersetzen will, so
griff man zur Bemalung derselben. Im Anfang mißglückte dieselbe öfter, da weder
die Motive glücklich gewählt waren, noch stimmte die Farbe zu einander, vor allen
Dingen aber hielt die letztere nicht, verbrannte, fiel ab und verschwand, so daß
hie nnd da die Weiße Kachel wieder znm Vorschein kam und alle Mühe, Zeit
und Geld hierfür verloren waren. Doch nach einigen mißglückten Versuchen hat
die Technik solch bedeutende Fortschritte gemacht, daß man jetzt vorhandene Weiße
Oefen in der schönsten und besten Weise bemalen und mit der Umgebung in Ueber-
einstimmung bringen kann. (In Nr. 6 dieser Zeitschrift wurde dem Bemalen der
 
Annotationen