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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Bodenschatz, Lorenz: Ueber das Selbststudium auf dem Gebiete der Kunstindustrie, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0214

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Das „^achblatt für Innen-Dekoration" ist
bei der deutschen Reichs-Post unter Nr.
2022 der Post-Zeitungsliste eingetragen.

verbreitet in Deutschland, Desterreich-Ungarn und der Schweiz. Kleinere Leträge sind stets vorauszube-

Vertrieb f. Vester.-Ungarn: SpiellMyen H Kchuvlch, Wien l, Aumpfg. 7. zahlen. Einzelne Nummern kosten so Pf.
Bezugspreis des Blattes st^jährl. ösk. fl. 1.50. Erhälilich durch jede Buchhandlung. Lelegramm-Adr.: Verlag Koch, Darmstadt.

I. Latzvgsng. Uavmflaöt, 2Z. BouemVev j§g0. Nummer 22.

Nachdruck unserer Original-Artikel ist nur mit unsrer Erlaubniß gestattet.

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auf Sem Erbiete Vev «Munstinvustme.

Von Lorenz Bodenschatz.

ist schon zum Oefteren in diesen Blättern, und in anderen
Fachzeitschriften über Errichtung von Fachschulen behufs
künstlerischer Ausbildung unserer jungen Leute geschrieben
worden, und in der That wären derartige Institute von nicht zu unter-
schätzendem Werth. Fehlt es doch unseren jungen Leuten fast durchgängig
an künstlerischer Vorbildung, zum größten Theil an jedem Verständniß
für Form uud Farbe. Aus den Schulen, in welchen meistens nur ein
sehr dürftiger, mangelhafter Zeichnen-Unterricht gepflegt wird, entlassen,
treten sie in die Lehre, ohne eine Ahnung von dem zu haben, was doch
gerade in den Geschäften der Dekorationsbranche verlangt wird oder
vielmehr verlangt werden sollte. Erscheint es doch fast selbst-
verständlich, daß derartige Geschäfte, also Möbel-, Teppich-, Möbelstoff-,
Tapeten - Fabriken und -Handlungen, Luxusgeschäfte usw. usw., von
Leuten vertreten sein sollten, welche in die Grundsätze und Grundzüge
der Kunst, vornehmlich der ornamentalen Kunst eingeweiht sind, deren
Sinn für das Schöne, Harmonische, überhaupt für die Kunst geweckt ist.

Es ist nicht genügend, daß sich unsere jungen Leute die engeren
F a ch kenntnisse, oder wie man in anderen Branchen sagt, Waaren-
kenntnisse aneignen, denn die hier in Betracht kommenden Maaren
haben auch noch eine künstlerische Seite, die wichtiger, aber schwier-
iger zu behandeln ist, wie die merkantile. Es ist auch nicht genügend,
daß sich bei einem jungen Mann sein angeborener oder ein angezogener
Geschmack entwickelt, daß er nach und nach lernt, eine leidlich gute
Dekoration zusammenzustellen, — er soll auch wissen, warum er Dieses
und Jenes thut, er soll auch wissen, warum eine Borde oder eine
sonstige Dekoration so und nicht anders verwendet werden kann und
muß. Wie manchmal hat man Gelegenheit, zu bemerken, daß eine

Tapete verkehrt aufgezogen oder der Ansatz des Ornamentes falsch ist.
Wie häufig sieht man eine Borde anstatt aufsteigend, nach unten laufend
oder der falschen Richtung nach angebracht, und erst kürzlich sah ich
eine FenstergardinS mit naturalistischem Palmenmotiv umgekehrt ange-^
bracht, wobei die herabhängenden Blätter der Fächerpalme — wie
händeringend ob dieses Frevels — zum Himmel emporragten. Hier
fehlte das Verständniß für die Zeichnung, für den Lauf und das Wesen
des Ornamentes. Hier fehlte das Verständniß für die Wirkung von
Licht und Schatten usw. Darum sollte Jeder sich die Grundsätze und
Prinzipien der Kunst uud Ornamentik so viel wie möglich anzueignen
suchen! Denn wie die Sprache ihre grammatikalischen Gesetze, die-
Musik ihre festen Systeme hat, so hat auch die Kunst, und besonders
die ornamentale Kunst, die hier vorzugsweise in Betracht kommt, ihre
unumstößlichen Gesetze, auf denen sie sich aufbaut.

Um diese Kenntnisse sich aneignen zu können, sollen die Fach-
schulen berufen sein. Da aber die Errichtung solcher Schulen bis
jetzt nur noch fromme Wünsche sind und voraussichtlich auch noch lange
bleiben, so sollte einstweilen auf andre Weise Rath geschaffen werden..
Und hier kenne ich nur zwei Wege: Entweder der zeitlange Besuch
einer Akademie oder Kunstindustrieschule, oder — wo diese nicht vor-
handen bezw. deren Besuch aus anderen Gründen erschwert und u»-'
möglich ist —das Selbststudium.

Hierzu nun einige Winke zu geben, hierzu Wege und Mittel an-
zugeben, um zu einem Resultat zu gelangen, dies soll der Zweck der
nachfolgenden Zeilen sein. Ob ich hierbei das einigermaßen Nichtige treffe,
dies muß ich Anderen zur Beurtheilung überlassen, oder muß der Er-
folg erst lehren; allein, da ich selbst nur diesen Weg kenne und für
meine Person nur auf diesem Wege zu einiger Erkenütniß und zunt'
Verständniß gelangt bin, so dürften diese Mittheilungen auch Anderen
nützen, und dieses veranlaßt mich zu deren Bekanntgebung, und zwar
um so mehr, als mir eine ähnliche Anleitung aus der Feder eines
Fachmannes bis jetzt nicht bekannt ist. Sollten Akademiker oder sonstig«'
Fachleute andere und bessere Wege für das „Selbststudium" wissen, sind
— was ja nicht zu bezweifeln ist — noch weitere und geeignetere
Abhandlungen, als ich sie später angeben werde, zu empfehlen, so be-
 
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