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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Werner, H.: Die Gewebe und deren Verzierung, [5]
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Kimbel, Martin: Renaissance
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Behr, Carl: Ueber Dekoration und Möblirung unserer Wohnräume, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0070

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Leite 62.

Fachblatt für Innen dekoration".

Nr. 8.

in jeder Richtung für die kommende Jahreszeit Stoffe mit z. B. einer ganzen
Reihe von japanischen Sonnenschirmen, vom kleinsten bis zum größten.
Wie herrlich sich derartig gezeichnete Stoffe machen werden, kann nian sich
jetzt schon vorstellen! Vorerst nimmt man Schirme, Fächer usm., dann
kommen andere Toilettenbestandtheile daran, schließlich geht man auf
Hausgeräthe, Gartenhäuser, Landschaften usw. über, oder man greift zu
den beliebten Sportsinnbildern: Hufeisen und Pferdezaum, und was dann
weiter folgt, wissen wir ja noch aus der „guten alten Zeit".

Wir wollen jedoch hoffen, daß solche Ausartungen nur i;n
geringen Maße zur Geltung gelangen, und die gute stilvolle Gewebe-
verzierung auch da weiter eine kräftige Pflege finden wird, wo es bisher
der Fall war. Zum Glück, können wir sagen, lassen sich nur.wenige
Fabrikanten in dieser Richtung irreführen und von dem Grundsätze:
„nur Gutes und Schönes zu erzeugen", abbringen, und zu unserer
Genugthuung sind es gerade unsere einheimischen Verfertiger, welche da
mit Geschick auszuharren verstehen. Was wir an derartig bemerkten
Häßlichkeiten und Unwahrheiten finden, hat seinen Ursprung meist dort,
wo von jeher Mode zu machen gesucht wird, mag es nun im guten oder
schlechten Sinne der Fall sein; und leider lugt man in deutschen Landen
trotzdem noch allzusehr nach dieser Richtung aus, das gute Einheimische
dabei gerne übersehend.

Eine gab wichtige Rolle" spielt "da''.8er' Musterzeichner, in dessen
Macht es steht, Gutes aber auch Böses zu stiften, und von dessen glück-
licher Hand und richtigem Kunstverständniß es abhängt, ob Tausende
von Zeichnungen in Anfertigung gelangen, welche von vorneherein schon
den Stempel der Häßlichkeit und Unwahrheit aufgedrückt erhalten hatten,
oder ob sie würdig sein werden, den besten Arbeiten unserer Altvorderen
angereiht werden zu dürfen, und dabei den Werth des guten Stoffes,
die Ausnützung der hohen technischen Vollkommenheiten für ihre Zwecke
richtig zu beachten und zu schätzen verstanden haben.

Noch blieben uns außer den Seiden-Geweben viele andere Arten
der Textilkunst zur Erwähnung und Betrachtung übrig; doch wollten
wir an diesen, als den werthvollsten Erzeugnissen, im Allgemeinen den
Entwickelungsgang der Gewebe-Verzierung in Kurzem verfolgen, und
werden wir gelegentlich auch den anderen Arten unsere Aufmerksamkeit
schenken.

Leuchtende Tapeten für Sticgenhäuser usw. Stärkeres Tapetenpapicr in der
Breite von ca. 50 ein wird mit Grundfarbe, dann 2- bis 3mal mit Oel-Leuchtfarbe
bestrichen. Nachdem mit einer Schablone ein, beliebiges Muster aufgetragen wurde,
erfolgt die Ueberlackirung mit Glanzlack.

(Siehe Beilage.)

r»Mieses Wort weist auf einen historischen Zeitabschnitt eines vergangenen

Jahrhunderts hin, der in der ganzen zivilisirten Welt gemeinsam
auf Bau- und Lebensweise die einschneidendsten Äenderungen hervor-
rief. Frankreich, Niederland, England, Spanien, Italien und Deutschland
nicht zuletzt: Aller bemächtigte sich das Bedürfniß, aus dem Alten
heraus einer Richtung anzugehören, welcher wir trotz aller Abweichungen
stets treu blieben und noch lange treu bleiben werden, da sie sich eben
je nach der individuellen Behandlung derselben fortwährend als eine
Fundgrube für die Fantasie ergibt. Ich überlasse gerne tüchtigeren
Kräften das Eingehen in diese unerschöpfte Materie, und werden Meister
darin, wie Ihr Mitarbeiter Herr Karl Behr, dieses Thema besser und
eingehender behandeln können.

Für mich handelt es sich betreffs der beiliegenden Abbildung
lediglich darum, einem Bedürfniß der heutigen Zeit gerecht zu werden,
nämlich in konstruktiver Einfachheit einen Wohnraum zu zeigen, der es
Jedem ermöglicht, in dem Suchen nach einfachen und auch mit wenigen
Geldmitteln erreichbaren Formen ein Bild zu geben, wie es unter dem
Namen „Bauernstil" benannt wird und wie solcher von dem Refor-
mator dieser Richtung Rudolf Seitz und vielen Anderen der Münchener
Schule neuerdings augeregt wurde.

Die ganze Bauart dieser Richtung weist eben auf das nackte Be-
dürsniß hin und findet sich ebenfalls auch in der an Urwüchsigkeit und
Einfachheit gleichen Gothik, welch' letztere als ein in dieser Art natür-
licher Vorläufer der Renaissance folgerichtig anzusehen ist.

Hier ist Alles Zweck und mit geringen Mitteln hergestellt, und

macht mir die Ueberschwenglich-
keit und künstlerische Ausführung
so vieler Möbel nicht halb so
viel Vergnügen, als die Jnne-
Haltung der Formen, welche
nur durch dieNothwendigkeit be-
dingt sind und die schließlich
im Gesammteindruck für alle
Stände vielfach als die ge-
sundeste Lösung gelten können.

Nebenstehend der Grundriß
einer solchen Stube eines zy
einer Sommerwohnung herge-
richteten alten Bauernhauses.







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Hetzer ^Mekovation und "döölwung
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Von Carl Behr.

n. Das deutsche Haus und seine Räume.

(Fortsetzung.)

DV as Bestreben, solche Häuser zu erwerben oder nach den Bedürfnissen
zu bauen, wird auch in den letzten Jahren mehr und mehr allge-
mein, und manch' gemüthliches Häuschen mit wahrhaft mustergiltigem
Innern, manche prächtige Villa mit pomphafter Ausstattung ist in den
letzten zehn Jahren in Deutschland entstanden, zur Freude seiner Besitzer
und deren Gäste.

In den verschiedenen Theilen Deutschlands sind solche Häuser
wiederum ganz verschieden in ihrer Behandlung ausgestattet. In Bayern,
vorzüglich in München, spielt der Barockstil des 17. und 18. Jahr-
hunderts eine große Rolle, und werden Patrizier-Häuser und Schlösser,
auch wohl reiche Bauernhäuser Tirols und Südbayerns dieser Zeit, mit
großer Vorliebe nachgeahmt. Die geweißten, oft mit heraldischen Orna-
menten bemalten Wände, sowie einfache Holzvertäfelungen spielen eine
große Rolle. Butzenscheiben-Fenster mit prächtigen alten oder gut nach-
gebildeten Glasbildern vervollständigen den Eindruck auf's Täuschendste.
Es scheint hier das Bestreben vorwiegend zu sein, den Beschauer über
die moderne Zeit hiuwegzutäuschen, so sehr ist der Stil der Zeit nach-
geahmt, wenn nicht ein großer Theil der Ausstattungsstücke wirklich alt
ist. Man darf sich nicht verhehlen, wie reizvoll solche Räume und

Häuser wirken; gerade das alte historisch Interessante in ihnen verfehlt
auf den Kunstverständigen selten seinen Eindruck. Dazu kommt, daß
der Einfluß der vielen bedeutenden Künstler Münchens und deren
malerisch dekorirten Ateliers überall zu erkennen ist. Eine große Anzahl
dieser Häuser gehören in Folge dessen zu dem Interessantesten und
Schönsten auf diesem Gebiete.

Allerdings wird dieser Richtung vorgeworfen, daß sie mit Hintan-
setzung des berechtigt Modernen eine Zeit heraufbeschwört, welche längst
verlebt ist, daß dieselbe dem Bewohner mit Gewalt Unbequemlichkeiten
auferlegt, nur um genau dieser vergangenen Zeit treu zu bleiben; trotz-
dem aber verliert sie noch keineswegs an Anhang. Es ist begreiflich,
daß Künstler und Kunstverständige, nur um ihrem Heim eine eigene
Art, einen gewissen Stil aufzudrücken, eine alte Zeit genau nachahmen,
weil es eben einen modernen Stil nicht gibt, weil die Erzeugnisse der
Jetztzeit ihnen nicht karakteristisch genug sind. Sie fallen dabei vielleicht,
während sie sich vor dem einen schützen wollen, in den andern Fehler,
ihr künstlerisches Gefühl aber, welches nach historisch begründetem
malerischen Effekt verlangt, findet dabei Befriedigung.

Das richtige Verständniß für solche Reize hat allerdings nur der
Kunstverständige; das große Publikum sieht nur das Alte und hält das
oft für veraltet. Trotzdem ist diese Art in München allgemein, und
wenige statten ihre Häuser und Wohnungen anders aus, wie in dieser
Manier.

In Mittel- und Norddeutschland huldigt man allerdings anderen
Ansichten, man geht, wie man sagt, moderner vor, d. h. man nennt
alles das modern, was nicht alt wirkt, was anders ist als das Alte.
Diese Abweichungen haben aber durchaus nichts Allgemeines, vielmehr
weicht jeder in seiner Art von dem betreffenden Stil ab, meist wird
 
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