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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Tapeten-Gobelin-Dekor
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Damen-Zimmer im Renaissance-Stil
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0092

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Leite 80.

Fachblatt für Innen-Dekoration".

Nr. 10.

TapeLen-WoSetin-Nekov.

ls eine der hervorragendsten Leistungen des Maschinen-Ta-
petendruckes, welche auf der vorjährigen Pariser Weltaus-
stellung gebracht wurden, dürfte der Gobelindekor, welchen wir in photo-
zinkographischer Abbildung nachstehend unseren Lesern vorführen, gewiß
mit Recht bezeichnet werden.

Es stellt diese Gobelin-Nachbildung eine biblische Scene: „Salo-
mons Urtheil" vor, welche in der Zusammensetzung des inneren Bildes
aus 7 Blättern von circa 50 em Breite und 120 am Höhe besteht und
von zwei aneinandergefügten Bordüren mit vier Eckstücken eingefaßt
werden.

Zur Herstellung der 7 Blätter waren ebensoviel Serien zu je 20
gravirten Farbwalzen von 40 am großem Durchmesser bezw. 120 cm
Umfang nöthig und ist in technischer Beziehung in Betreff des sicheren
Rapports, d. h. einer genauen Uebereinstimmung der Walzen, der sehr
schwierigen und meist deshalb im Tapetendruck bisher vermiedenen Fi-
gur en darstellung hiermit die höchstmö g li ch e V o ll komm en h eit
erreicht worden.

So sehr wir nun auch betreffs des Maschinen-Gobelin-Dekors in
technischer Beziehung des vollsten Lobes sind, so können wir

dies in künstlerischer Hinsicht nicht ganz sagen. Der Dessinateur,
welcher die Bordüre vortrefflich zu zeichnen verstand, war der wich-
tigeren Aufgabe des figürlichen Bildes unseres Erachtens
nicht gewachsen, resp. hat zum Mindesten von anatomischen Studien kein
richtiges Verständnis. Haltung und Proportionen der Figuren sind der-
art verzeichnet, daß dies Jedem, der nur einigermaßen etwas von Figuren
versteht, sofort auffallen wird und die Leistung der inneren Zeichnung
als verfehlt bezeichnen muß. Sollten die verzerrten Gesichter, Beine,
Arme usw. beabsichtigt sein, aus dem Grunde, weil solche auf den
ächten Gobelins oft auch nicht besser sind, aber wegen technischen
Schwierigkeiten sich auch nicht besser wiedergeben lassen, so müssen wir
eine derartige Wiedergabe nach Stoffen bei der „Papier-
tapete" entschieden verurtheilen.

Die Tapete soll keineswegs alles Fehlerhafte und Unschöne
der Stoffe nachahmen; man soll sich zuvor stets darum befragen, ob
sich derartige Finessen durch getreues Nachbilden von Geweben usw. mit
einer verständigen Auffassung der Eigenschaften einer Tapete
auch vertragen. Die Wiedergabe von Gobelins dürfte, streng genommen,
ohnedies mehr Aufgabe des Dekorationsmalers als die des
Maschinentapeten-Fabrikanten sein, da ersterer in Bezug auf Raum und
Wiederholungen alles dabei Wünschenswerthe berücksichtigen kann.

Abbildung 85. Tapekrn--Voil>elin--Dekov (Salomons Urtheil) von F. l,8rox et 8S8 ü>!-, kiti-I-».

Im Interesse einer künstlerisch - dekorativen Verwendung des hüb- !
scheu Tapeten-Gobelins, welcher eine Gesammthöhe von 2,25 m bei einer !
Gesammtbreite von 4,50 m besitzt, ist es rathsam, denselben über einen
im Verhältniß zur Höhe des Zimmers stehenden hohen Holzsockel anzu-
bringen, um damit eine ganze Wand auszufüllsn, sowie zur Vermeidung
von Wiederholungen die übrigen Wände mit einem neutral gehaltenen
Gobelinmuster oder eindruckigem Stilmuster in satteni Farbentone zu
bekleben; bei Wänden von weniger Längenausdehnung oder Unterbrech-
ung von Thüren usw. kann der Gobelin jedoch auch getheilt angebracht
werden.

Als Wanddekoration für Frühstück- oder Speisezimmer, sowie
Rauch-, Spielzimmer und dergleichen dürste die Gobelin-Tapete sich ganz
besonders empfehlen. Dieselbe ist in jeder besseren Tapetenhandlung
zum Preise von etwa 80 Mark erhältlich. X.

Namen ^Dmmev im Renaissance--Mil.

(Beschreibung zur Beilage.)

«Was in der heutigen Beilage abgebildete reizende Damen-Zimmer
aus der königl. bapr. Hof-Möbelfabrik von I. A. Eyßer in
Nürnberg ist getragen von Säulen und Pfeilern in imitirtem Mar-
mor oder Stuck und abgeschlossen von einem elegant verschlungenen.

aus schwarzem und bronzirtem Eisen getriebenen Gitter. Das Oberlicht
eines Kuppelaufbaues, dessen Glas durch Sandgebläse mattirt oder
goldfarbig ist, sendet mildes, gedämpftes Licht in den Raum; im
Friese darunter sind reiche Ornamente auf Goldgrund gemalt. Die
Wände des Gemaches deckt rother Seidenstoff, zum Theil sind sie mit
nachgeahmten Gobelins bespannt; auf dem Boden liegen persische
Teppiche sowie ein Tigerfell. Im Hintergründe führt eine hohe breite
Thür in einen Palmengarten; links von der Thüre steht ein Schreib-
tisch mit Bücherkästchen darüber, aus dunkelrothbraun-gebeiztem Mahagoni
mit bescheiden gehaltener Vergoldung; künstlerisch schön und meisterhaft
ausgeführt daran sind die Karyatiden, welche den Aufsatz umschließen
und deren lebhaft bewegte Körper von Rosany nach der Natur modellirt
sind. Als Krönung des Kästchens lacht eine reizende Kokette herab.
Vor der rechten Wand steht ein niedriges bequemes Ruhebett in reich
geschnitztem und vergoldeten Rahmen, mit blaßrosa Atlas bezogen,
dessen weiches Kopfkissen zart mit Grün und Silber bestickt ist. Roth-
lockige pausbackige Amorknaben blicken vom Kopfende schelmisch herab.
Die feststehende Rückwand mit geschnitztem Gesimse aus Nußbaumholz
hat zur Füllung einen seegrünen, mit zartrother und silberner Stickerei
sanft abgetönten Seidenstoff, lieber dem Ruhebett wogt in leichter,
künstlerisch schöner Entfaltung ein altgoldener, lilafchimmernder seidener
Himmel, welcher nach vorne von einem Speer mit prächtig ziselirter
 
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