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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Einiges über unsere Fußteppiche
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Spielereien eines Millionärs
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Bilderrahmen der Renaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0218

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Nr. 22.

Fachblatt für Inneri-Dekoration".

5eite 183.

Die sonstige Herstellung der europäischen Teppiche ist nur einfache Plüsch-
Web erei, wobei aus den Fäden der Ketten kleine Maschen gebildet werden. Werden
diese Maschen sehr klein, und läßt man sie unaufgeschnitten, so entsteht die Sorte,
welche man mit dem Namen Brüsseler Teppich belegt hat. Es erreicht jedoch
diese Gattung Teppiche bei Weitem nicht die Haltbarkeit der Knüpfteppiche. Eine
sehr reine, kostbare und werthvolle Abtheilung einer Teppich-Gewebeart führt den
Namen Savonnisre-Teppiche, auch ist die Ausführungsweise der letztgenannten von
den anderen eine etwas abweichende. In der Wahl von Farbe und Muster ist es
bei den Teppichen wohl leicht, Fehler zu vermeiden. Die Behauptung des letzteren
beruht darauf, daß doch der Teppich immer als letztes Stück in die fertige Stube
resp. Zimmereinrichtung gebracht wird und dadurch einem die Möglichkeit geboten
ist, einen harmonisch wirkenden Einklang erzielen zu können.

, Dennoch nehmen wir keinen Anstand, noch einige nützliche Winke folgen zu
lassen. Wir müssen bei diesen Betrachtungen zunächst absehen von dem Bodenbelag
gewisser bevorzugter Räume. Z. B. kann derselbe in Kirchen u. s. w. wohl einem
andern Geschmack huldigen, als man bei Zimmereinrichtungen beansprucht. Während
man bei erstgenannten vielleicht eine symbolische Dekoration, wie Engelmotive, Wolken
u. dergl. in Anwendung bringen darf, ist es anzurathen, bei letztgenannten auf der-
artige unnatürliche, aufregende, unruhig wirkende, plastische Ausschmückungen ganz
und gar Verzicht zu leisten. Denn man soll in erster Linie darauf Rücksicht nehmen,
daß der Fuß eine sichere, zuverlässige
Unterlage haben will. Unbewußt
prüfen wir in jedem Moment mit
dem Auge diejenige Stelle, wo wir
den Fuß hinstellen. Auf einer glatten
Straße, einem Asphalttrottoir, gehen
wir rasch und sicher hin, wo unser
Auge aber durch starke Farben-
gegensätze im Fußboden beunruhigt
wird, treten wir gewissermaßen un-
sicher auf.

Deshalb vermeide man pein-
lichst schroffe Farbenunterschiede und
grelle Musterung, sowie auch in
der Zeichnung alle unerwarteten
Formen, wie künstliche, plastische
Blumen, Thiere, ein mit Licht und
Schatten dargestclltes Relief, etwa
einen plastischen Goldrahmen auf
dem Teppich darstellend.

Als die besten Muster kann
man die mathematischen Muster,
die Durchschlingung von Quadraten,

Sternen, Rosetten usw., wie uns
durch die älteren orientalischen
Muster vorgeführt wird, bezeichnen.

Die bei uns jetzt so häufig
erscheinenden Kameeltaschen sind
gleichfalls ein Produkt der Teppich-
knüpferei resp. Weberei und wird
dasselbe vorzugsweise in unserem
Gewerbe zum Beziehen der Polster-
möbel benutzt.

Eine fernere Gattung von
Teppichen bilden die sogenannten
Gebetteppiche. Es sind dies meist
nur kleine Teppiche, auf das Maaß
einer knieenden Person eingerichtet.

Jedoch findet man unter denselben
mitunter große Kostbarkeiten vor.

Bei den Jslamitcn werden sie bei
Gebetverrichtungen benutzt, während
sie bei uns als Vorleger vor Schreib-
tischen, Betten re. ihre Verwendung
finden.

Weitere Sorten orientalischer
Fabrikation sind die großes Format
habenden Dapestanteppiche, welche
bei uns die verbreitetsten zu nennen sind und die Kurdistanteppiche, welche von den
Weibern der kurdischen Nomaden angefertigt werden und zwar aus Ziegen- und
Kameelshaar. Auch Sarakhs, eine dem Gebiete der Turkmenen benachbarte Land-
schaft, liefert kostbare Teppiche, welche durch ihre lebhafte Färbung, deren Grund
durch weiße, durch ein Mittelstück mit Eckverzierungen belebt wird, welche streng
stilifirte Muster tragen. Der Farbe wird ein ausgezeichneter Glanz nachgerühmt.
Von den echt persischen Teppichen, in Schiras, Maschad und Herat fabrizirt, kann
man wohl behaupten, daß nur geringe Qualitäten zu uns gelangen, da die pracht-
vollen und so sehr kostbaren, herrlichen Teppiche nur zu fürstlichen Geschenken benutzt
werden. In Betreffs ihrer Zeichnung sind dieselben groß und kräftig gefärbt. Sie
zeigen uns den altpersischen Einfluß in zahlreichen, streng stilisirten Thierdarstellungen,
verziert mit Mittel- und Eckstücken auf reich gemustertem Grund. Man kann wohl
einem Jeden an's Herz legen, sich mit dem Studium echter Original-Teppiche
zu befleißigen und zu befassen, da uns dasselbe äußerst lehrreiche und interessante,
zugleich auch sehr nützliche und anregende Beispiele von der Geschicklichkeit und Kunst-
fertigkeit der asiatischen Völkerschaft giebt. („Tap.-Ztg. Hann.")

Spielereien eines

us New-Gork wird geschrieben: „Der bekannte Millionär Alois Petelcr, ein
geborener Heidelberger, hat vor kurzem ein Bauwerk vollenden lassen, das
in seiner Art einzig dastehen dürfte. In Herrn Petelers ausgedehntem Parke zu
New-Dorp auf Staten Island, etwa hundert Schritte von der Villa des Millionärs
entfernt und von den Fenstern der elfteren bequem zu überschauen, erhebt sich eine
vollkommene Stadt, bei deren Anblick man sich in das Traumland Gullivers ver-
setzt glaubt. Dieses moderne Liliput, welches sich im Parke zu New-Dorp vor den
Augen des Beschauers ausbreitet, stellt die Heimathstadt des Millionärs, Heidelberg,
dar. Die ganze Stadt, jedes einzelne Haus, die Thürmc, die Brücken, die Alleen
sind mit geradezu photographischer Genauigkeit aufgeführt und bestehen nicht etwa
aus Pappdeckel oder Holz, sondern aus denjenigen Stoffen, die zur Ausführung
wirklicher Städte benutzt werden, Stein, Mörtel und Eisen. Es waren keine An-
fertiger plastischer Kunstwerke, sondern Maurer, Schlosser, Zimmerleute, Erdarbeiter
und Straßenpflasterer, welche das neue Heidelberg in Amerika unter der Oberleitung
Mr. Petelers aufführten. Ueber die Dächer und Thürme, über die Zinnen des
Heidelberger Schlosses und die grünen Baumkronen hinwegsehend, gewahrt man die
Wasser des Neckar, die schäumend vorbeiziehen und die Täuschung vollkommen machen.

Zum Untergründe hat die Stadt
einen steinernen Wall von 5 Fuß
Höhe. Die Höhe der Häuser
schwankt zwischen einem Und 5>/2
Fuß, die der Thürme zwischen 8
und 11 Fuß, und die Grenzen der
Stadt selbst umschließen fast den
fünften Theil einer (Englischen)
Quadratmeile. Von den Fenstern
der Villa aus und besonders
während des Abendsonnenscheines
gesehen, soll das Kunstwerk den
Eindruck einer wirklichen Stadt
Hervorrufen, die sich fern und tief
am Fuße eines Berges erhebt, auf
dessen Gipfel der Beschauer sich ver-
setzt glaubt. Außer diesem, der
Laune des Millionärs würdigen,
Spielwerk-, dessen Bau über 10000
Dollars gekostet haben soll, befindet
sich im Parke ein See, der durch
eine Röhrenleitung aus dem At-
lantischen Ozean gespeist wird und
Ebbe und Flut zeigt; in der Mitte
dieses Wasserbeckens erhebt sich auf
einem Felsen in igetreuer, 25 Fuß
hoher Nachbildung das Schloß
Hohenschwangau. Mr. Petelers Vor-
liebe für derartige Darstellungen,
leitet sich aus seiner Thätigkeit als
Fabrikant von Konditorwaaren und
besonders von Kandy- und Zucker-
bildnereien her, die ihm seinen
Reichthum erworben haben."

her Menaiflanre.

Llhlie Bildcrrahmen der Renais-
sance dürfen deshalb eine
besondere Bedeutung beanspruchen,
weil sie italienische Holzarbeiten
von feinster Technik erhalten haben,
die sonst ziemlich selten find. Der
Italiener stattet seine Wohnung:
weniger reich aus, wie der Deutsche; Schrcibsekretäre und Truhen sind fast die
einzigen bemerkenswerthen großen Beispiele von Hausgeräth, die in guten Stücken
auf uns gekommen sind.

In den Rahmen aber finden wir alles Karakteristischc einer interessanten
Kunstübung, die sich durch kühne Linienführung, durch scharfe Profilirung, gute
Massenverthcilung und Schönheit der Komposition ausgezeichnet.

Der Bildcrrahmen ist ein Produkt der Renaissance, er entsteht zuerst an den
Altarbildern, wie sie sich in den großen Kirchen in den Nebenaltären zu finden
pflegen. Bei dem Bilde, das in einem Rahmen auf dem Altar aufgestellt wird,
entwickelt sich der Standrahmen, welcher, in Anlehnung an die antike Baukunst, von
einem Sockel, einer Pilaster-Architektur und einem abschließenden Gesims eingefaßt
wird.

Der Sockel erscheint bald reicher ornamentirt und später selbst mit Bildern
ausgeschmückt, die mit der oberhalb des Hauptbildes sich entwickelnden Lünette in
geschickter Weise zu begleitenden Nebendarstellnngen des Hauptgegenstandes benutzt
werden. Diese architektonische Behandlung des Rahmens, bei welcher bald die

Abbildung Nr. 107. Vfenvovfttzev in Wronxe

mit Feuergeräthen in polirtem Stahl und Bronze-Griffen. Entworfen und Ansgesührt von Vaul
Stotz, kunstgewerbliche Werkstätte in Stuttgart. Ganze Länge des Ofenvorsetzers 1 m 29 om.
 
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