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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Die Fabrikation türkischer Teppiche
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Eiserne Plafonds
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Einiges über unsere Fußteppiche
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0217

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Aeite 182.

„Fachblatt für Innen-Dekoration".

Nr. 22.

iie E^bviKüiion turkischev ^Meppich

e.

chchon seit lange genießen die türkischen Teppiche bei uns eines wohlverdienten
^ Rufes als Zimmerschmuck, da sie sich nicht nur durch die Schönheit und
Harmonie ihrer Muster, sondern auch besonders durch die Echtheit ihrer Farben
und durch Dauerhaftigkeit auszeichnen. Die als Smyrnateppiche bekannten Gewebe
werden überall in Anatolien, hauptsächlich in den drei Städten Uschak, Gördis
und Kula, hergestellt, deren jede ihren Fabrikaten besondere Marken gibt. In
Uschak, wo besonders die Fabrikation der wolligen Teppiche blüht, befindet sich die-
selbe fast ganz in den Händen der türkischen Frauen; erst seit einigen Jahren ist
es auch den Griechinnen erlaubt, solche Teppiche herzustellen, sonst fertigen dieselben
ausschließlich die andere auf beiden Seiten brauchbare, „griechischer Kilim" genannte
Teppichart an. Die Teppichfabrikation ist höchst einfach und leicht. Ein großer
vertikal aufgestellter Rahmen trägt oben einen Holzcylindcr, über den man die Kette
legt, welche durch eine hölzerne Querstange gespannt wird; auf einen unten am
Rahmen angebrachten Cylinder wird das fertiggestellte Teppichstück ausgerollt. Die
webenden Frauen sitzen vor dem Rahmen; um das Muster herzustellen, nehmen sie
vorher schon zurecht gemachte Fäden
von gefärbter Wolle und befestigen
dieselben mit laufenden Knoten an
der Kette, dann führen sie den
Einschlag darüber hinweg, fassen die
Knoten mit einem großen Holz-
kaMme und ebnen das gewebte Stück
mittelst einer Scheere. Die ganze
Arbeit geht mit unglaublicher Ge-
schicklichkeit und Genauigkeit von
statten. Gewöhnlich arbeitet jede
Frau nur ein ihr zugewiesenes Stück
des Musters und kennt aus dem
Gedächtniß die Zahl der Fäden,
welche sie gebraucht; soll jedoch ein
neues Muster gefertigt werden, so
wird die geschickteste Arbeiterin ver-
anlaßt, nach der ihr übergebenen
Zeichnung ein Modell herzustellen,
das dann den übrigen Frauen zur
Anfertigung der Teppiche übergeben
wird; diese bedienen sich dabei der
Rückseite des Modells, um die An-
zahl der Punkte zu finden und die
Teppiche in der gewünschten Form
zu arbeiten. Die so hergestellten
Teppiche lassen weder Kette, noch
Einschlag sehen und besitzen eine
ungeheure Dauerhaftigkeit.

In Uschak sind etwa 2000 Web-
stühle vorhanden, davon befinden
sich etwa 600 während des ganzen
Jahres in Thätigkeit. Ungefähr
4000 Arbeiterinnen und Arbeiter
finden durch die Teppichfabrikation
Beschäftigung, nämlich 3000 Frauen
und 500 junge Mädchen am Web-
stuhl, und 500 Männer beim Waschen
und Färben der Wolle. Der ge-
wöhnliche Lohn einer Arbeiterin
beträgt Mk. 3.20 bis M. 3.80.

Jede Frau webt durchschnittlich täg-
lich ein Stück Teppich von 20 bis
25 ein Länge und 60 cm Breite.

Soll ein Teppich von ungefähr 4
Meter Breite hergestellt werden, so
arbeiten daran gewöhnlich 6 Frauen
in einer Entfernung von 68 am von
einander. Die Muster sind meist
Nachahmungen der persischen Schule,
die selbst von der arabischen ab-
stammt; sie setzen sich aus Arabesken,

Medaillons und Rosetten zusammen.

In Uschak werden jährlich 660000 Kilogramm Rohwolle verarbeitet, die etwa 50
Prozent Wollengarn liefern. Seit einigen Jahren ist die Fabrikation sehr in Auf-
schwung gekommen und erreicht jetzt jährlich etwa die Höhe von 104000 Quadrat-
meter, von denen 4000 nach der Türkei und Aegypten kommen, während das übrige
ins Ausland geht; Großbritannien empfängt 53000, Frankreich 22 000, Nordamerika
16000 Quadratmeter.

Dauerhaftigkeit und erhöhte Akustik. Ueberdies kann solchen Plafonds mit verhältniß-
mäßig geringen Kosten auch künstlerischer, dem Auge besonders wohlgefälliger Schmuck
gegeben werden. In New-Uork, Baltimore und anderen großen Städten der Union
giebt es schon Tausende von Häusern mit eisernen Plafonds und viele derselben sind
durch Kassettirungen, figuralische Ausgestaltungen in Relief, sowie entsprechende Broit-
zirung und selbst Vergoldung eine wahre Zierde der Gemächer. Die Plafonds werdest
aus einzelnen, verhältnißmäßig sehr leichten Platten mit Relief-Ornamenten znsammen-
gefügt und in neuerer Zeit kommt es immer mehr in Aufnahme, solche Platten auch
zum Wandschmuck zu verwenden und in Holzgetäfel einzusetzen.

Abbildung Nr. 106. Vfrnschirm im Mokokostil von M. Rothschild
(Beschreibung auf Seite 181.)

Fiferne MlasonSs.


ie der „Engineer" berichtet, finden die eisernen Plafonds in Nordamerika
immer größere Verbreitung, und zwar nicht nur als Zimmerdecken, sondern
auch in Kirchen, Theatern, Restaurants und öffentlichen Gebäuden aller Art. Der
Vortheil derselben ist ein dreifacher, und zwar: Besondere Reinlichkeit, außerordentliche

Mittiges iidev unsere MuMeppiche.

stne große Gruppe von Erzeugnissen des Webstuhles wird in unseren Wohnungen
benutzt, um den Erdboden zu bedecken, um die Berührung des Fußes mit dem
letzteren weicher und unmerklicher zu machen, um die Kälte, welche vom Fußboden
unserer Wohnungen empordringen könnte, abzuhalten oder wenigstens abzuschwächcn.

Hierauf beruhend, sollte man die
Herkunft des Fußteppiches mehr im
Norden suchen. Jedoch, wie wohl
jedem bekannt, sind es gerade auf--
fallenderweise die Mdlichen Kultur-
länder, in denen sich die Heimstätte
des Teppichs befindet. Als unsere
Vorfahren zum Schutze ihrer Füße
nur das Fell des erlegten Wildes
zur Verfügung hatten, besaß Persien
schon die herrlichsten Teppiche, welche
in Hinsicht auf stilistische Schönheit,
wie technische Vollendung, ferner
mit höchstem Farbensinn und feiner-
Empfindung ausgestattet waren.
Es werden schon manche Teppiche
unsere größte Bewunderung erregt
haben. Und ist die Fabrikation des
Teppichs wohl eine der ältesten wie
auch bedeutendsten schon in ganz
früher Zeit gewesen, wohl auch
gleichfalls gegenwärtig noch in
vollster Blüthe steht, suchen wir
doch den Ursprung unseres Gewerbes,
hauptsächlich der Dekoration in der
früheren Teppichwirkerei, und der
Name Tapezir wird vom Teppich-
wirker als abgeleitet betrachtet.
Die Ähnlichkeit der Wörter im
Französischen lapis (heißt Teppich)
und taxissisr (heißt Tapezirer), isst
auch so groß, baß an eine Stamm-
verwandtschaft zwischen Teppich-
wirker und Tapezir geglaubt werden
darf. Hierzu^ tritt ferner der Um-
stand, daß die Tapezirer den Apostel
Paulus als Zellweber in ihrer
Jnnungsfahne führen. Bekanntlich
war es auch Petrus, der Jünger
Jesu, welcher derartige Gewebe
verfertigte. Jedoch hat sich auch
das Abendland neuerdings auf die
Fabrikation dieser Gewebeart haupt-
sächlich gelegt und sich mit äußerster
Energie auf die Nachbildung der
orientalischen Muster geworfen.
Gegenwärtig steht bei uns wohl
die Vorliebe speziell für orientalische-
Originalgewebe in höchster Blüthe,
Als bedeutendstes und weitver-
breitetes Produkt europäischer Fa-
brikation ist der allgemein bekannte
und beliebte Smyrnateppich in erster Linie in Erwähnung zu bringen. Angefertigst
wird derselbe zunächst in Schlesien (Schmiedeberg als am ältesten bekannt, ferner
in Sachsen, Böhmen, Hannover, Hanau und Belgien) und beherrschen jetzt die
deutschen Smyrnateppichc zur Ehre der deutschen Industrie, sei es gesagt, den
Weltmarkt.

Die Art und Weise, wie jetzt diese schönsten und haltbarsten unter den
modernen Teppichen hergestellt werden, ist die ursprünglich einfache Art des Knüpfens.
Eine starke Kette von gezwirnten Wollfädeu steht senkrecht vor dem Weber, der
kurze Wollfädeu mit einem festen Knoten um die Kettelfäden schlingt, so daß die
Enden des Knotens herabhängen, die später, gleichmäßig geschoren, den Pelz des
Teppichs bilden. Jede Reihe Knoten wird mit einem Kamme festgeschlagen, dann
durch einen doppelten Schuß das Ganze gebunden und hierauf die nächste Reihe
geknüpft. Die Fäden des Schusses bleiben unter den dichten Zotteln versteckt. Eine
Hcrausziehung eines dieses Büschels ist durch diese Herstellung fast ausgeschlossen.
 
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