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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Hofmann, Albert: Der "Saal" im romanischen Mittelalter, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0089

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insbesondere der

Möbel-. Hexxich". Haxeten-, Morhänge
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General ^n^ergev

Ki alle Erzeugnisse von Gebrauchs und AusmK-Oegeuliäude«
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Das „Lachblatt für ^mien-Dckoratien" ist
bei der deutschen Reichs-Pest unter Nr.
2V22 der Pest-Ieitungsliste eingetragen.

verbreitet in Deutschland, Vesterreich-Ungarn und der Schweiz.

Vertrieb f. Vester.-Ungarn: Spirlhngrn 4' Schuvich, Wien I, Aumpfg. 7.
Bezugspreis des Blattes p^jäbrl. jjjs st, 1.5(1. Erhältlich durch jede Buchhandlung.

kleinere Beträge sind stets vorauszube-
zahlen. Einzelne Nummern kosten 50 Pf.
Telegramm-Adr.: verlagkoch, Darmstadt.

I. Latzvgang. Warrnstaöt, 2§. War MV.

Nummer 10.

Nachdruck unserer Original-Artikel ist nur mit unserer Erlaubnis gestattet.

^Mer „ L^aal" rm romauilchen" Mttlelal!er.

Von Albert Hofmann-Reichenberg.

(Fortsetzung.)

A Wie der Fußboden, so kleideten sich auch die Wände bei festlichen
^ Gelegenheiten in das Kleid farbig bunter, duftender Blumen,
die entweder in Sträuße oder in Blumenschnüre oder Guirlanden ge-
bunden waren. Doch bestand der Hauptschmuck der Wände mit Aus-
nahme der Fenster und Kamine in Teppichen: aufgehängten, reich
gestickten, figurengeschmückten Geweben, meistens aus der nimmer rastenden
geschickten Hand der Damen hervorgehend, oder auch byzantinischer oder
orientalischer Provenienz. Wenn im 7. Abenteuer der Nibelungen Vers
389 der Festsaal auf Jsenland im 13. Jahrhundert geschildert wird als:
„einen schönen Saal
„in edlem Marmelsteine,

„so grün wie Gras"

so braucht dies nur auf den Fußboden oder auf den untern Theil der
Wand bezogen zu werden, denn der Hauptschmuck der Wände blieben,
abgesehen von der seltener vorkommenden Malerei, die Teppiche, auch
Tapeten genannt.

„An den Wänden allen

„Sah man Tapeten aufgehangen."

(Parcival 627, 22.)

An einer anderen Stelle des Parcival, 760, 7, wird die Bezeich-
nung „Tapete" gedeutet:

„Als Tapeten hört' ich sagen,

„Wurden Decken aufgehangen;

„Die sah man köstlich prangen
„An vier Seiten des Raumes.

„Darunter Polster sausten Flaumes,

„Mit weicheren Kissen überdeckt,

„Die Vorhänge daraufgesteckt."

Boden- und Wandteppiche durften auf keiner vornehmen Ritter-

burg bei den Festlichkeiten, bei welchen die Burg eine große Anzahl
illusterer Personen zu empfangen hatte, fehlen. Die durch die Kreuz-
züge im Abendlande bekannt gewordene hochentwickelte Textilkunst des
Morgenlandes hatte einen bestimmenden Einfluß auf den Teppich, wie
auf die ganze Wohnung. Seit den Kreuzzügen ist ein förmlicher Um-
schlag in der Ausstattung der Wohnung zu Gunsten einer größeren
Behaglichkeit und Wohnlichkeit bemerkbar. Die kreuzfahrenden Ritter
hatten auf ihren Zügen die Vorzüge der orientalischen Wohnungen
kennen gelernt und, zurückgekehrt in das kalte Klima des Nordens
und in die fröstelnde Wohnung ihrer Burg, beeilten sie sich, dem
Oriente ihren Tribut abzustatten und die Wohnung nach seinen Grund-
zügen einzurichten. Mit dieser wohnlicheren Einrichtung ging insbeson-
dere für die Repräsentationsräume der Burg eine reichere Ausstattung
mit einer oft üppigen Prachtentfaltung Hand in Hand. Diese Verän-
derung übertrug sich auch auf den Teppich. Bald genügte die vielfarbige
Wolle nicht mehr allein zu seiner Herstellung, sondern neben den
glühenden morgenländischen Farben mußten Gold- und Silberstickerei,
die Verwendung glänzender farbiger Seide den Eindruck der Pracht
erhöhen helfen. In Tristan, Vers 880, heißt es:

„Des Herzogs palas,

„was alum und umen gar
„behängen mit sperlachen clar,

„die meisterlich waren gebauten
„wol gemacht und underspriten
„mit siden und mit golde."

Hinter dem Sitze breitete sich an der Wand meistens ein soge-
nanntes „Rückelachen" aus, welches — wenn der Sitz ohne Lehne
war — an der Wand aufgehüngt wurde, hatte er aber eine Rücklehne,
so wurde das Rückelachen über die Lehne gebreitet. Im Parcival
627, 22 heißt es:

„Manec rückelachen

„in dem palas ward gehangen,

„allda ward nicht gegangen
„wan uf teppicheil wolgeworcht
„es hat ein armer wirt erworcht."

Für die Sitzmöbel des Saales waren Decken und Teppiche, sowie auch
 
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