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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Die Thür und ihr Schmuck
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Behr, Carl: Ueber Dekoration und Möblirung unserer Wohnräume, [15]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0175

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Seite 148.

Lachblatt für Onnen-Dekoration".

Nr. 18.

den Ausgang nicht durch den Wandschmuck, wie das heut nicht selten
geschieht.

Wenn aber das Flächenmuster als die geeignetste Art des Schmuckes
der Thüren gelten muß, so sind doch auch Reliefs aller Art dazu ver-
wendet worden. Um die uralte Zeit der Thürverkleidung mit Metall-
platten, welche im Orient heimisch, uns auch im griechisch-römischen
Alterthume häufig genug begegnet, zu übergehen, mag hier nur an die
Prachtthüren mit Reliefs des Mittelalters und der Renaissance erinnert
werden: an die Holzthür in der Kirche St. Maria auf dem Kapitol in
Köln (12. Jahrhundert), an die Bronzethüren in Hildesheim (1015
nach Christi) und Augsburg (11.—12. Jahrhundert), an die Thür des
Baptisteriums in Florenz von Lorenzo Ghiberti (1424—1452) und
andere mehr. Hier ist der Schmuck ohne Rücksicht auf den Zweck der
Thüren oft in sehr starkem Relief angebracht; doch handelt es sich hier
auch um Prunkstücke, die allerdings benutzt werden, bei denen die räum-
lichen Dimensionen aber eine solche Freiheit gestatteten, ja die ganze
Bedeutung der Bauten, de-
nen sie angehörten, eine
Ausbildung dieserArt er-
forderte. Dagegen ist man
bei den Thüren an Por-
talen der Bürgerhäuser im
Allgemeinen sparsam mit
Reliefschmuck vorgegangen,
und vollends die Zimmer-
thüren, bei denen schon ein
mäßiges Relief die Benutz-
barkeit erschwert haben wür-
de, sind höchstens mit ganz
flach geschnitzten Füllungen
geziert. Die neue Richtung
der Architektur seit dem 17.

Jahrhundert, in dem der Palaststil seine reichste Ausbildung erfuhr, änderte
auch an den Thüren; die zweiflügelige Thür, im 16. Jahrhundert ver-
hältnißmäßig wenig angewandt, findet jetzt Verbreitung; der eigentliche
Durchgang wird breiter, die Flügel werden bedeckt mit zierlicher, fein
abgewogener Schnitzerei — meist als Umrahmung oder Bekrönung —
welche vergoldet, später auch bunt bemalt wird. Das Rokoko hat auch
in flachen Reliefs durchbrochene Füllungen, rückwärts mit Verglasung,
geliefert, oft von vornehmster Wirkung; die meisten Thüren mit Ver-

goldung, welche in dieser Periode aufkamen, leben, wie erwähnt, noch
heute in kläglicher Verkümmerung fort.

Einen besonderen Schmuck erhielten die Thüren der alten Zeit
durch die Beschläge: Haspen, Angeln, Bänder, Schlösser lagen in reichster
Ausbildung völlig frei, sichtbar auf dem Holze auf; entweder ließ man
dabei dem Eisen seine Farbe oder es begegnete uns verzinnt oder auch
bemalt. In gothischer Zeit diente wohl der Beschlag, ähnlich wie bei
manchen Möbeln, allein zur Verzierung, indem er in reichster Durch-
bildung die ganze Thür
bedeckte. So zeigt eine herr-
liche Thür auf der Wart-
burg ein völlig glattes
Aeußere, über welches sich,
von den Angeln ausgehend,
der Beschlag in Form eines
stilisirten Geästes einer wil-
den Rose ausbreitet. Diese
Sitte, die Beschläge zu or-
namentiren und in ihrer
Thätigkeit als haltende, be-
wegende und schließende
Theile sichtbar zu lassen,
erhält sich bis weit in das
17. Jahrhundert hinein,
kommt auch im 18. Jahr-
hundert vor und erlischt
eigentlich erst in der Ro-
koko-Zeit.

Mußte man sich im
Schmücken der Thürflügel
aus praktischen Gründen in
engen Grenzen bewegen, so
war man doch freier in der Thürumrahmung und Bekrönung.

Wenn wir nun ohne Weiteres den Alten in ersterem Punkte
nacheifern dürfen, so kann man gegen ihre Leistungen in letzterer
Hinsicht als Vorbilder manche Bedenken geltend machen. Daß die
Thür sich durch ihre Umrahmung als besonderer Theil der Wand
kennzeichnen muß, liegt auf der Hand. Die einfache Umrahmung in
der gothischen Zeit, die bei wagrechtem Abschluß nach oben gelegentlich
ein großes wappengeziertes Feld mit umschließt, wird in der Renaissance-

^Mekovatron unö
unfevev ^dohnväumr.

Von Carl Behr.

ii. Das deutsche H>aus und seine Räume.

(Fortsetzung.)

us diesem Grunde dürfte es wohl möglich sein, daß wir mit der
Zeit auch in Bezug auf die Farben der Gobelins anderen An-
sichten huldigen werden wie jetzt. Da wir aber immer nur mit der
Geschmacksrichtung urtheilen können, unter deren Einfluß wir leben und
arbeiten, so dürste es wohl berechtigt erscheinen, den für uns so stimm-
ungs- und reizvollen Farben der alten Gobelins das Wort zu reden.
Allerdings zeigte die letzte Pariser Weltausstellung auf diesem Gebiete
Exemplare mit so farbigen, frischen Tönen, so brillant gemalten Dar-
stellungen, daß der Beschauer oft versucht war, diese Tapisserien für
Gemälde zu halten. Immerhin war aber dennoch eine gewisse Stili-
sirung, wenigstens bei den besseren Stücken dieser Ausstellung, in der
Farbe zu bemerken, ganz abgesehen davon, daß diese meist blumigen
Kompositionen sich immer mehr dem Karakter des Louis XV. und XVI.
anschließen, wie dem der Renaissance.

Außer dem Buffet und dem Servirtische finden sich oft als Gegen-
stücke eine Uhr und ein Waschapparat. Beide als schlanke, hohe Möbel
verwendet, werden dieselben gewöhnlich links und rechts vom Buffet
aufgestellt und bilden vermöge ihrer malerischen Ausstattung oft eine
nicht zu unterschätzende Zierde des ganzen Raumes. Trotzdem wird die

Berechtigung beider Möbel mehr oder weniger angezweifelt, und in
mancher Beziehung wohl nicht mit Unrecht.

Das Waschgefäß ist eine naturgemäße Folge, ein Zugeständniß
der deutschen Renaissance; man kokettirte mit allen möglichen naiven
Formen, mit möglichst gradbeinigen steifen Stühlen und Truhen und
anderen entschieden der Vergangenheit angehörigen Möbeln, und glaubte
nun auch das Waschgefäß wieder in den Speiseraum hineinziehen zu
dürfen. Man berief sich darauf, daß es im Grunde weniger anständig
sei, Mundwasser in Schalen an der Tafel herumzureichen, als abseits
vom Tische ein Waschgefäß zu placiren. Der Hauptgrund seiner Wieder-
geburt ist aber wohl der, daß sich das Möbel dekorativ gut darstellen
läßt, nicht der des eigentlichen Bedürfnisses. Die reizvollen alten Motive,
die bekannte, in Zinn getriebene Kugel mit den Flügeln oben oder der
Delfin mit der Muschel als Waschbecken, sowie manche andere Motive,
hübsch in eine Nische des in Holzarchitektur gehaltenen Möbels plazirt,
tragen allerdings nicht wenig dazu bei, dem Raum einen gewissen stil-
vollen Reiz zu geben. Gewöhnlich aber ist das Möbel nur der Deko-
ration wegen angewendet, weniger zum wirklichen Gebrauche; denn die
vorbeschriebenen Gefäße lassen sich schwer mit der Wasserleitung ver-
binden und halten, nicht mit dieser in Verbindung gebracht, zu wenig
Wasser, um praktisch erscheinen zu können.

Auch die Berechtigung der Uhr wird bestritten, der Gast darf
nicht daran erinnert werden, welche Zeit es ist und eine Uhr mit großem
Zifferblatt ist deshalb in manchen Haushaltungen im Speisezimmer
verpönt. Oft wird eine ganze Wand als Buffet ausgebildet und in
ihm Servirtisch, Waschgefäß und Uhr so angebracht, daß die Wand ein
mit Etageren unterbrochenes, großes Schrankmöbel bildet. Im Süden
Deutschlands spielt dabei die mit ungarischem Ebenholz, Intarsien und
 
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