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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Bötticher, Georg: Was nun?, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0144

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Erscheint

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Das „Lachblatt für IZnnen-Dckoration" ist
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2022 der Post-Zeitungsliste eingetragen.

verbreitet in Deutschland, Gesterreich-Ungarn und der Schweiz.

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Kleinere Beträge sind stets vorauszube-
zahlen. Einzelne Nummern kosten so Pf.
Telegramm-Adr.: Verlag Koch, Darmstadt.

I. Jahrgang. NarmflaöL, jl). Wlugust j59v. Nummer 15.

Nachdruck unserer Original-Artikel ist nur mit unsrer Erlaubniß gestattet.

as nun?

Line Plauderei über den Zukunfts - Atil.

Von Georg Bötticher.

(Schluß).

MDder vermag es Einer schön zu finden, wenn der Schrank in einem
bürgerlichen Zimmer eine schwulstische Ueberladung von Schnitzereien
zeigt, welche die architektonischen Linien überwuchert und nur angebracht
ist, um durch diesen scheinbaren Reichthum den Eindruck eines Pracht-
möbels zu erzielen, dem das kümmerliche Material und die mechanische
Herstellungsmeise der Zierraten schreiend widerspricht?

Kann es Freude gewähren, unsere Zimmer mit Papier-Lambris
in Manneshöhe beklebt zu sehen, die vermittelst aufgemalten Lichts und
Schattens reichgeschnitzte, stark vorspringende Holztäfelungen nachahmen
und uns alle Augenblicke durch die mit den Malereieil grell kontrastirende
Beleuchtung des Zimmers, durch die unerträglich falsche Perspektive der
Scheinprofile das Verfehlte, Jämmerliche des ganzen Blendwerks er-
kennen lassen?

Macht es vielleicht irgend ein Vergnügen, vor einer Tischdecke zu
sitzen, die in dieser Nähe, in welcher sie doch ain Meisten zur Erscheinung
kommt, eine wahrhaft barbarische Farbenklexerei auf ordinärstem Jute-
grund aufweist, während sie allerdings auf 10 Schritte Entfernung
einein orientalischen Plüschteppich einigermaßen ähnlich sieht?

Oder fühlt sich Jemand angeheimelt durch eine Tapete, die in
bestechlichster Gobelinmanier einen Ritter mit einer Jungfrau in zwanzig-
facher Wiederholung in derselben Stellung unter denselben Eichenbäumen
zeigt? Oder durch eine andere, die einen kostbaren Lyoner Sammet
mit suppentellergroßen Blumen nachahmt, deren Farbenpracht ein Pferd
scheu machen könnte? Oder durch eine Blumenvase, die aus nichts als
gemalten und plastischen, höchst harmonisch kolorirten, dekorativ sehr
wirksamen Blumen besteht und nur den unbedeutenden Fehler hat, daß
man keine wirklichen Blumen in sie stellen kann, ohne entweder diese

oder die künstlichen Blumen der Vase in der Wirkung todt zu machen?

Dergleichen Ungeheuerlichkeiten war man früher nicht ausgesetzt.
Was aber nützen alle Fortschritte, alle neuen Techniken des Kunstge-
werbes, wenn sie uns solchen Unsinn nicht vom Leibe zu halten ver-
mögen ?

Darum kann man den Kunstgewerbetreibenden nur wiederholen:
Geht zur Einfachheit zurück! Beachtet den ursprünglichen
Zweck der Dinge, die Ihr gestalten oder verzieren wollt, sucht
diesem vor Allem gerecht zu werden! Bemüht Euch, wenn Ihr uns
einen Schrank, einen Tisch, einen Stuhl schaffen wollt, einfache, edle
Formen zu finden, das Schwerfällige früherer Jahrhunderte abzu-
streifen, bei aller Leichtigkeit aber die Solidität zu wahren, wobei unsere
Eiseukonstruktionen anregend und vorbildlich wirken können! Und wenn
Ihr uns Möbelstoffe und Tapeten für den Schmuck unserer Zimmer
entwerfen wollt, so wählt ruhige, mohlthuende Linien und Formen,
harmonische und bei aller Kraft milde Farben, vergegenwärtigt Euch
immer, daß der Möbelstoff den Roben der Damen noch als Untergründ
dienen und daß nun gar erst die Tapete einen Hintergrund bilden soll,
daß die mechanische Wiederholung ihrer Formen keine figürlichen und
allzu realistischen Motive verträgt, daß solche vielmehr, und wenn sie
technisch noch so glänzend ausgeführt, abgeschmackt und gemein wirken
müssen, daß die einfachste flachgemusterte Eintheilung der Lambris durch
architektonische Linien tausendmal wohlthuender und edler berührt, als
die noch so virtuos gemalte Nachahmung kostbarer Holz- oder Marmor-
Täfelungen !

Schafft uns Vasen, die, sie mögen in der Linie sein, wie sie wollen,
der Hauptforderung an eine Vase genügen: einen Blumenstrauß gefällig
aufzunehmen und seiner Farbenprächtigkeit als Folie zu dienen!

Gebt uns lieber einfachere Tischdecken, wenn wir keine echten
orientalischen Plüsche bezahlen können, aber wißt sie durch eine siun-
und geschmackvolle Zeichnung zu veredlen: laßt Wachstuch auch Wachs-
tuch scheinen und Leinen — Leinen. Euere Kretonnes sollen uns will-
kommen sein, aber nicht als Sammete oder Gobelins, sondern als
Kretonnes schlechtweg. Verhelft wieder jedem Material zu seinem Recht
 
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