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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Luthmer, Ferdinand: Die Erziehung des Publikums
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Behr, Carl: Ueber Dekoration und Möblirung unserer Wohnräume, [10]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0119

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Nr. 13.

5eite 103.

„Fachblatt für Innen-Dekoration".

stellung mustergiltiger Werke in geeigneter Weise durch Vorträge unter-
stützt rvird. Allerdings haben merkwürdiger Weise die letzteren, die doch
ein so wichtiges Mittel zur Erziehung des Publikums bilden, in der
jüngsten Gegenwart etwas an Beliebtheit verloren. Wer die Vortrags-
programme der „kaufmännischen Vereine",
welchen meist die Pflanze dieser belehrenden
Unterhaltung in den kleineren Städten
zufällt, durchmustert, wird erstaunt sei»,
wie selten die praktische Aesthetik in irgend
einer Form unter diesen Programmen ver-
treten ist. So bleibt denn schließlich statt
des Gesprochenen die Einwirkung des ge-
druckten Wortes als einer der wichtigsten
Faktoren übrig, wenn es gilt, die großen
Kreise des konsumirenden Publikums zu
interessiren, zu bilden und zu belehren.

Wer wollte leugnen, daß
auch hier vielmehr geschehen
könnte! Die kunstgewerb-
lichen, speziell auf die Wohn-
ungsausstattung gerichteten
Aufsätze sind aus den Feuille-
tons unserer großen Zeit-
ungen fast gänzlich ver-
schwunden. Einige Unter-
haltungsblätter haben aller-
dings diesem Jnteressenkreis
einen ständigen Platz offen
gehalten, was um so dankens-
werther ist, als dieselben im
Stande sind, ihre kunstge- -7^-

werblichen Aufsätze mit guten
Illustrationen zu unter-
stützen. Ganz selten ist leider
Lei uns diejenige periodische
Litteratur, welche sich diesen
Interessen ausschließlich
widmet, während England
und Amerika mehrere
reich fundirte Unternehmungen dieser Art aufweisen. Wenn wir daher
das illustrirte „Fachblatt für I n n e n - D eko r a t i 0 n" in seinem

frischen Vorwärtsstreben mit Freuden begrüßen und demselben
eine weit größere Verbreitung anch im Laienpublikum, im Kreise
der eigentlich Konsumirenden wünschen, so wird dies nach dem bisher
gesagten Keiner für eine oratio pro ckomo ansehen. Denn, 'wieder-
' , holen wir es: an dieser Stelle muß vor

Allem der Hebel angesetzt werden! Wich -
tiger als Staatshülfe und alleK
Andere ist es, daßunserkaufen-
, des Publikum sich mehr als bis-
her für das wirklichSchöne, das
stilvoll „Gediegene" erwärme.
Wir glauben auf Grund eingehender Be-
obachtung behaupten zu können: unser
deutsches Kunstgewerbe, die produzirenden
Kräfte, sind jeder Aufgabe gewachsen, die
ihnen gestellt werden könnte, was ihnen
fehlt, sind dieLeute,
die das wirklich Gute
bestellen und bezahlen.

Anfeve Mikagen.

Abbildung Nr. 46. Ntrvlheiligcv

Entworfen von Wilhe


Abbildung Rr. 51 zeigt eine
Dekorations studie von dem
genialen kunstgewerblichen Zeich-
ner Will). Felix (ch 1885),
welcher es wie nur wenige seiner
Kunstgenossen verstand, die schön-
sten dekorativen Arrangements
für Wohnungs.Ausstattungen zu
treffen. Die „Zeitschrift des
bayr. Kunstgewerbe - Vereins",
welcher wir den Druckstock unsrer
Beilage verdanken, brachte über
diesen für das deutsche Kunst-
gewerbe leider zu früh (im 31.
Lebensjahre) verstorbenen Künst-
ler sr. Zeit einen ausführlichen
Nekrolog, welchen wir vielleicht
in einer der nächsten Nummern
folgen lassen werden.

Abbildung Nr. 52 bringt eine Buffet-Zeichnung von R. Strecker und
Kemmerich jr. in Mainz. Die Ausführung ist gedacht in Alt-Eichenholz.


Vorplatz--Sitz in Renaissance,
lm Behrens sen.

nun unter allen Umständen ein etwas größerer Zug in der ganzen De-
koration liegen, so muß dagegen im Boudoir, dem Geschlecht der Be-
wohnerin entsprechend, alles graziös und zierlich gestaltet sein. Alles
Plumpe und Ungraziöse ist hier verbannt.

Neben einem zierlichen Ruhebett, zu dessen Häupter eine reich mit
duftenden Blumen ausgestattete Jardiniöre Platz finden darf, stehen
kleine Sessel, und ein zierliches vielleicht mit Stoff bezogenes kleines
Tischchen, welches mit Nippsachen und kleinen Liebhabereien der Dame
bestellt ist, ein hübsches Buch; einige Fotografien und ähnliche Gegen-
stände vervollständigen die Dekoration des kleinen Möbels. Gegenüber
dem Ruhebett steht ein kleines Sitzmöbel für 2 Personen, welches viel-
leicht durch eine das Sitzmöbel überragende Etagöre von rückwärts be-
grenzt ist. Tie Wände sind mit zierlichen Salonmöbel bestellt, welche
Silber- oder sächsisches Porzellan enthalten und welche deßhalb mit
Glasthüren versehen sind. Kleine Etagöre, Postamentchen, Staffeleien
und andere Fantasiemöbel bilden den Rest des Ameublements. Ist die
Dame musikalisch, so enthält das Boudoir wohl auch einen Flügel oder
ein Pianino. Vorzüglich letzteres bietet leicht Gelegenheit zu reizvollem
Arrangement der Möbel, dadurch, daß es frei in den Raum gestellt und
daß die Rückseite des Instrumentes als Wand zum Aufstellen eines
kleinen Sofas benutzt wird. Die Rückseite wird dann wohl mit Tuch
oder Plüsch bezogen oder aber ein mit diesen Stoffen bezogenes Brett
an die Rückseite gesetzt, welches dann oberhalb des kleinen Kanapees
mit Bildern und Fotografien behängt wird. In den meisten Fällen
ist der beste Platz für ein größeres Sitzmöbel so zu wählen, daß der
Sitzende nicht in das Licht sieht. Ein dem Fenster gegenüber stehender
Divan ist gewöhnlich dadurch ungemüthlich, weil das Licht den darauf
Sitzenden blendet, welcher dadurch nicht die Ruhe genießen kann, welche

er an dieser Stelle sucht. Viele kleinere Räume haben aber kaum einen
Platz zwischen oder neben den Fenstern zum Aufstellen eines Kanapees.
In diesem Falle ist die Gelegenheit, dieses Sitzmöbel inmitten des
Zimmers zu stellen, sehr erwünscht. Ist z. B. das Pianino so plazirt,
daß die Rückseite in das Zimmer, das Vordertheil aber dem Fenster
zu gerichtet ist, so bildet sich ein sehr angenehmer Platz auf der Rückseite
des Pianinos für das Sofa. Der Sitzende ist vollständig im Schatten
und hat das hellerleuchtete Zimmer vor sich. Ein leichtes Tischchen vor
dem Sofa, einige Puffs, ein Fauteuil und einige kleine Stühle bilden
dann ein logisch sich entwickelndes Etablissement mitten im Zimmer,
welches dem Karakter des Boudoirs sehr wohl entspricht.

Die Ausstattung der Decke und der Wände wird meist so gehalten
wie im Salon, selbstredend in anderen Farben, welche die Bewohnerin
wohl so zu wählen pflegt, wie ihr dieselben am besten zu Gesicht steheu.
Jin Allgemeinen ist das Damenzimmer mehr Wohnzimmer und wird
deßhalb wärmer in den Tönen gehalten, wie der Salon; oft jedoch auch
werden lichte duftige Stimmungen vorgezogen. Bei allen Privatzimmern
d. h. solchen Räumen, welche einer bestimmten Person zur Wohnung
dienen, trägt dieser Raum den Karakter seines Bewohners. Das heißt:
die Ausstattung des ganzen Zimmers muß mit den Eigenheiten seines
Insassen harmoniren, wie wenn es ein zweites Kleid desselben wäre.
__ (Forts, folgt.)

Anmerkung. Für neu hinzutretcnde Leser bemerken wir, daß vorstehender,
mit großem Beifall aufgenommene Aufsatz „lieber Dekoration und Möblirung unserer
Wohnräume: II. Das deutsche Haus und seine Räume" in Nr. 7 begonnen
hat. Demselben ging in Nummer 1—3 eine höchst interessante, belehrende Abhand-
lung: I. „Die üblichen Stilarten der Gegenwart" als Einleitung voraus.
Von diesen im ersten Halbjahr erschienenen Nummern stehen — soweit unser nur
noch geringer Vorrath reicht — komplete Exemplare von Nr. 1—6 oder 7—18 gerne
zur Verfügung. Die Leitung.
 
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