Leite 196.
Nr. 24.
Fachblatt für j) nn en - D ekor a ti o n".
ist; noth wendig ist das Zeichnen z. B. den Verkäufern aller
Gegenstände, bei denen Schönheit und Geschmack in Frage kommt, damit
sie aufhören, aus Unverstand das Häßliche und Verkehrte als das
Schöne und Geschmackvolle anzupreisen und dadurch das Publikum zu
verderben, wie es heute in jedem Laden geschieht. Vor allem aber
sollte das Zeichnen als die Grund-
lage des Verständnisses schö-
ner Formen durchaus wie ein
Bestandtheil der allgemeinen Bildung
aufgefaßt und darnach als obliga-
torischer Theil der Jugenderziehung
betrachtet werden.
Auf aesthetische Bildung des
Publikums müßten ferner in erster
Linie Museen für Kunst und Kunst-
industrie berechnet und diese nach
Thunlichkeit auch in kleineren Orten
angelegt werden. Die heutigen Mittel
der Vervielfältigung verringern die
Kosten und erleichtern die Möglichkeit.
Durch wechselnde Ausstellungen,
die damit zu verbinden, durch Vor-
träge, durch leichteste Zugänglichkeit
vom liberalsten Gesichtspunkt aus,
wenn möglich auch durch Biblio-
theken und Lesezimmer, müßten
sie populär, anziehend, lehrreich und
nutzbringend für Publikum und Künst-
ler gemacht werden.
Die Früchte, die aus allen diesen
Bestrebungen hervorgehen, zuerst
allerdings für die Kunstindustrie be-
rechnet, kommen aber dem Volke
im Allgemeinen zu Gute. ' Sie er-
höhen oie Bildung, sie bereichern sie um eine Seite, die bisher nur
einigen wenigen Auserwählten offen stand; indem sie in uns den Sinn
für das Schöne erschließen, erhöhen sie uns die Genüsse, die uns die
Welt darbietet, und verschönern unser Leben, das wahrlich nur zu oft
sich der Mühe des Lebens nicht verlohnt."
-Hu unsren
rMlie unseren Lesern auf der heutigen Beilage zur Darstellung gebrachte
Speisezimmer-Einrichtung ist aus der bekannten Möbelfabrik von
Louis Fuge, k, k. Hoflieferant in H annov er hervorgegangen Wohl
ist auch bei dieser Einrichtung der
Luxus als leitende Grundidee nicht
zu verkennen, aber die allenthalben
gezeigte Prachtentfaltung ist so
glücklich mit vornehmer Einfachheit
gepaart, daß jede unangenehm wirk-
ende Ueberladung vollständig ver-
mieden ist. Die ganze Einrichtung,
ist in flandrischer Renaissance und
dunkelbraunem Eichenholz mit Leder-
puuzarbeit gehalten. Gardinen, Por-
tiären und Tischdecken bestehen aus
gestickten Wollstoffen. Die Wände
sind mit künstlerisch ausgeführten
Darstellungen geziert, während sich
von dem dunklen Hintergrund des
Büffets hübsch arrangirte kostbare
Fayencen wirkungsvoll abheben.
Der im Allgemein etwas dunklen,
Schattirung tritt wirksam die iir
Hellen Farben gehaltene reich mit
Gold verzierte Decke entgegen,während-
das durch die gemalten Fenster ein-
dringende bunte Licht, dem Ganzen
eine äußerst reizvolle behagliche
Stimmung gibt.
In solchem Raum die Hände zum
lecker bereiteten Mahle zu heben,
muß auch ein Lebensgenuß sein
und nur ein Meister von seltener Begabung vermochte so Herrliches zu
schaffen, und hat die oben erwähnte Firma durch dieses, von uns nur
flüchtig skizzirte, Arrangement ihrem alten Ruf, eines der ersten Deko-
rationsgeschäfte der Gegenwart zu sein, einen neuen Denkstein hervor-
ragenden Könnens hinzugefügt.
^Mev^dekoralLon untz
unfrvev
Von Carl Behr.
ii. Das deutsche Waus und seine Räume.
(Schluß.)
MKine Folge dieser Theorie ist es auch, daß oftmals eine kleine Wohnung
so unendlich viel gemüthlicher wirkt, wie viel prächtiger ausge-
stattete große Räume. Der tägliche Aufenthalt macht das kleine Heim
den Bewohnern nicht weniger lieb, wie dem Reichen sein prächtiger
Palast. Dabei kann er die kleineren Verhältnisse besser überschauen,
eingehender behandeln und mit mehr Liebe durchführen; man sieht dem
kleinen Hause diese Liebe und Fürsorge an und deßhalb wirkt es warm
und behaglich. Allerdings muß die Größe immer den Bedürfnissen ent-
sprechen, das Haus darf nicht künstlich klein gehalten werden, nur um
die vorbeschriebene Wirkung zu erzielen, man würde sonst selbstredend
von einem Extrem ins andere fallen; der Besitzer darf nicht das Ge-
fühl haben, als fehlte es überall an Platz. Vielmehr muß immer das
Bedürsniß, sowohl die Größe der Wohnung wie auch die Art seiner
Möblirung und Ausstattung regeln, alles was darin angeordnet wird,
sollte nur auf Grund einer zwingenden Nothwendigkeit geschehen, dann
wird auch die Gemüthlichkeit des Heims nicht ausbleiben.
Nun ist sich aber weder der Dekoratör, wie auch der zukünftige
Besitzer von Anfang an selten klar über das, was nothwendig ist und
was nicht. Dem Dekoratör steht allerdings eine gewisse Erfahrung zur
Seile, bei ihm spielt aber immer das Bestreben des dekorativen Efekts
mit, welchen er seinen Leistungen aufdrücken möchte und der ja auch in
gewissem Maße nicht zu entbehren ist; andrerseits sind die Bedürfnisse
der Konsumenten nicht nach einer Schablone zu behandeln, jeder Mensch
hat wieder andere Eigenheiten und dementsprechende Bedürfnisse. Es
ist deshalb kaum möglich, eine vollkommen gemüthliche Wohnung von
allem Anfang an herzustellen! man muß sich darauf beschränken,
sein Möglichstes in Hinsicht auf Stimmung und Rücksichtnahme auf die
Bedürfnisse und Gewohnheiten des Bewohners zu thun und muß das
übrige der Zeit überlassen. Das Gemüthliche und Wohnliche eines
Hauses ist ja zunächst nur der Abglanz und Eindruck eines glücklichen,
stimmungsvollen Lebens oder Familienlebens, selbstredend muß dieses
vorausgehen, und seine Spuren in der Wohnung zeigen, welche iw
Liebhabereien der Bewohner für gewisse Sachen in Andenken und kleinen,
Kostbarkeiten ebensowohl besteht, als in der Art der Mobilien und ihren
Stellung, welche auf die Art des Gebrauches schließen läßt.
Ein Beweis für die Richtigkeit des Vorstehenden ist, daß gewisse
Wohnungen, trotzdem dieselben von den allerersten Dekorationsfirmen
ausgestattet wurden, nie gemüthlich und wohnlich wirken wollen, obgleich
Plafond und Wände sowie die Möbel, Bilder und Dekorationen allen
Anforderungen eines verwöhnten Geschmackes und gebildeten Kunstver-
ständnisses gerecht werden Wogegen bescheiden gehaltene Wohnräume,
in welchen nur eine verständnißvolle Stimmung und die Liebe zu jedem
einzelnen Stück der Ausstattung zu Tage tritt, die gesuchte heimische Ge-
müthlichkeit zeigen. Ein gewisses Kunstverständniß des Bewohners ist
allerdings dabei unumgänglich nöthig, er wird sonst fortwährend Sachen
kaufen und seine Wohnung damit dekoriren, welche ihm so zu sagen in
die Augen springen, welche aber das künstlerische Empfinden jedes in
dieser Hinsicht Gebildeten beleidigen müssen. Deshalb sollte beiAnschaffungen
Nr. 24.
Fachblatt für j) nn en - D ekor a ti o n".
ist; noth wendig ist das Zeichnen z. B. den Verkäufern aller
Gegenstände, bei denen Schönheit und Geschmack in Frage kommt, damit
sie aufhören, aus Unverstand das Häßliche und Verkehrte als das
Schöne und Geschmackvolle anzupreisen und dadurch das Publikum zu
verderben, wie es heute in jedem Laden geschieht. Vor allem aber
sollte das Zeichnen als die Grund-
lage des Verständnisses schö-
ner Formen durchaus wie ein
Bestandtheil der allgemeinen Bildung
aufgefaßt und darnach als obliga-
torischer Theil der Jugenderziehung
betrachtet werden.
Auf aesthetische Bildung des
Publikums müßten ferner in erster
Linie Museen für Kunst und Kunst-
industrie berechnet und diese nach
Thunlichkeit auch in kleineren Orten
angelegt werden. Die heutigen Mittel
der Vervielfältigung verringern die
Kosten und erleichtern die Möglichkeit.
Durch wechselnde Ausstellungen,
die damit zu verbinden, durch Vor-
träge, durch leichteste Zugänglichkeit
vom liberalsten Gesichtspunkt aus,
wenn möglich auch durch Biblio-
theken und Lesezimmer, müßten
sie populär, anziehend, lehrreich und
nutzbringend für Publikum und Künst-
ler gemacht werden.
Die Früchte, die aus allen diesen
Bestrebungen hervorgehen, zuerst
allerdings für die Kunstindustrie be-
rechnet, kommen aber dem Volke
im Allgemeinen zu Gute. ' Sie er-
höhen oie Bildung, sie bereichern sie um eine Seite, die bisher nur
einigen wenigen Auserwählten offen stand; indem sie in uns den Sinn
für das Schöne erschließen, erhöhen sie uns die Genüsse, die uns die
Welt darbietet, und verschönern unser Leben, das wahrlich nur zu oft
sich der Mühe des Lebens nicht verlohnt."
-Hu unsren
rMlie unseren Lesern auf der heutigen Beilage zur Darstellung gebrachte
Speisezimmer-Einrichtung ist aus der bekannten Möbelfabrik von
Louis Fuge, k, k. Hoflieferant in H annov er hervorgegangen Wohl
ist auch bei dieser Einrichtung der
Luxus als leitende Grundidee nicht
zu verkennen, aber die allenthalben
gezeigte Prachtentfaltung ist so
glücklich mit vornehmer Einfachheit
gepaart, daß jede unangenehm wirk-
ende Ueberladung vollständig ver-
mieden ist. Die ganze Einrichtung,
ist in flandrischer Renaissance und
dunkelbraunem Eichenholz mit Leder-
puuzarbeit gehalten. Gardinen, Por-
tiären und Tischdecken bestehen aus
gestickten Wollstoffen. Die Wände
sind mit künstlerisch ausgeführten
Darstellungen geziert, während sich
von dem dunklen Hintergrund des
Büffets hübsch arrangirte kostbare
Fayencen wirkungsvoll abheben.
Der im Allgemein etwas dunklen,
Schattirung tritt wirksam die iir
Hellen Farben gehaltene reich mit
Gold verzierte Decke entgegen,während-
das durch die gemalten Fenster ein-
dringende bunte Licht, dem Ganzen
eine äußerst reizvolle behagliche
Stimmung gibt.
In solchem Raum die Hände zum
lecker bereiteten Mahle zu heben,
muß auch ein Lebensgenuß sein
und nur ein Meister von seltener Begabung vermochte so Herrliches zu
schaffen, und hat die oben erwähnte Firma durch dieses, von uns nur
flüchtig skizzirte, Arrangement ihrem alten Ruf, eines der ersten Deko-
rationsgeschäfte der Gegenwart zu sein, einen neuen Denkstein hervor-
ragenden Könnens hinzugefügt.
^Mev^dekoralLon untz
unfrvev
Von Carl Behr.
ii. Das deutsche Waus und seine Räume.
(Schluß.)
MKine Folge dieser Theorie ist es auch, daß oftmals eine kleine Wohnung
so unendlich viel gemüthlicher wirkt, wie viel prächtiger ausge-
stattete große Räume. Der tägliche Aufenthalt macht das kleine Heim
den Bewohnern nicht weniger lieb, wie dem Reichen sein prächtiger
Palast. Dabei kann er die kleineren Verhältnisse besser überschauen,
eingehender behandeln und mit mehr Liebe durchführen; man sieht dem
kleinen Hause diese Liebe und Fürsorge an und deßhalb wirkt es warm
und behaglich. Allerdings muß die Größe immer den Bedürfnissen ent-
sprechen, das Haus darf nicht künstlich klein gehalten werden, nur um
die vorbeschriebene Wirkung zu erzielen, man würde sonst selbstredend
von einem Extrem ins andere fallen; der Besitzer darf nicht das Ge-
fühl haben, als fehlte es überall an Platz. Vielmehr muß immer das
Bedürsniß, sowohl die Größe der Wohnung wie auch die Art seiner
Möblirung und Ausstattung regeln, alles was darin angeordnet wird,
sollte nur auf Grund einer zwingenden Nothwendigkeit geschehen, dann
wird auch die Gemüthlichkeit des Heims nicht ausbleiben.
Nun ist sich aber weder der Dekoratör, wie auch der zukünftige
Besitzer von Anfang an selten klar über das, was nothwendig ist und
was nicht. Dem Dekoratör steht allerdings eine gewisse Erfahrung zur
Seile, bei ihm spielt aber immer das Bestreben des dekorativen Efekts
mit, welchen er seinen Leistungen aufdrücken möchte und der ja auch in
gewissem Maße nicht zu entbehren ist; andrerseits sind die Bedürfnisse
der Konsumenten nicht nach einer Schablone zu behandeln, jeder Mensch
hat wieder andere Eigenheiten und dementsprechende Bedürfnisse. Es
ist deshalb kaum möglich, eine vollkommen gemüthliche Wohnung von
allem Anfang an herzustellen! man muß sich darauf beschränken,
sein Möglichstes in Hinsicht auf Stimmung und Rücksichtnahme auf die
Bedürfnisse und Gewohnheiten des Bewohners zu thun und muß das
übrige der Zeit überlassen. Das Gemüthliche und Wohnliche eines
Hauses ist ja zunächst nur der Abglanz und Eindruck eines glücklichen,
stimmungsvollen Lebens oder Familienlebens, selbstredend muß dieses
vorausgehen, und seine Spuren in der Wohnung zeigen, welche iw
Liebhabereien der Bewohner für gewisse Sachen in Andenken und kleinen,
Kostbarkeiten ebensowohl besteht, als in der Art der Mobilien und ihren
Stellung, welche auf die Art des Gebrauches schließen läßt.
Ein Beweis für die Richtigkeit des Vorstehenden ist, daß gewisse
Wohnungen, trotzdem dieselben von den allerersten Dekorationsfirmen
ausgestattet wurden, nie gemüthlich und wohnlich wirken wollen, obgleich
Plafond und Wände sowie die Möbel, Bilder und Dekorationen allen
Anforderungen eines verwöhnten Geschmackes und gebildeten Kunstver-
ständnisses gerecht werden Wogegen bescheiden gehaltene Wohnräume,
in welchen nur eine verständnißvolle Stimmung und die Liebe zu jedem
einzelnen Stück der Ausstattung zu Tage tritt, die gesuchte heimische Ge-
müthlichkeit zeigen. Ein gewisses Kunstverständniß des Bewohners ist
allerdings dabei unumgänglich nöthig, er wird sonst fortwährend Sachen
kaufen und seine Wohnung damit dekoriren, welche ihm so zu sagen in
die Augen springen, welche aber das künstlerische Empfinden jedes in
dieser Hinsicht Gebildeten beleidigen müssen. Deshalb sollte beiAnschaffungen