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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1879

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Heft 7/8
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Sepp, ...: Das Waffengeschmeide im Kunstgewerke, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6905#0063
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•f* 59 -f'

Das Waffengeschmeide im Kunstgewerke.

von Prof. Or. Sepp.

EIN Gelehrter ist noch vom fjimmcl gefallen, wohl aber der erste Schmied und ebenso das früheste
Eisen. Solch' einen Patron hatten die Schmiede und Gcschmeidemacher der griechisch-römischen Welt
Pephästos, welchen Göttervater Zeus, wie poiner (Ilias I, 5flO) weiß, aus dem Olymp auf
”0öte vulkanische Insel Leinnos herabschleuderte; sein sinken rührte davon her, wenn nicht gar das
Sjpi Treten des Blasebalges damit angedeutet ist.

f \? Moses nennt als Meister in Erz- und Eisenwerk schon vor der Fluth den Thubalkain, d. i.

VISp) Vulkan oder Pephäst, von dessen spinnseinein Stahlwerke die Odyssee VI uns Wunderliches meldet.

Telchinen heißen in der griechischen Sage die, welche zuerst Erz und Eisen bearbeitet; ebenso heißt in
der nordischen Mythologie der Dämon Dvalinn (für Tvalkin) der größte Meister in der Kunst, Schlachtschwerter
und andere Waffen zu schmieden.

Die Kabiren schmiedeil für Zeus den Donnerkeil, der Name bezeichnet den Starken, den Schmied. Weil
aber den Persern das Feuer heilig ist, war ihnen das Schmiedehandwerk verhaßt und schändlich. Ein unvergeß-
licher Waffenschnried ist Tychius, bei welchem Isomer zu Neontychus nächst Eumä in Kleinasien gastfreundliches
Quartier in Anspruch nahm.

Das älteste Eisen lieferten die Meteorsteine; die magnetische Anziehung ließ eine höhere Kraft darin
vermuthen und die Bätyle oder pimmelssteine genossen abergläubische Verehrung. Mit Magneteisenstein hielt
im Serapistempel der Architekt Dinochares das Bild der Arsinoe schwebend. Nach Andern war das eiserne
Paupt des Gottes emporgezogen, wie die Sage von: Sarge des Propheten Muhammed in Medina lautet, wenn
gleich unrichtig.

Wie lange wird schon Eisen geschmolzen und geschmiedet? paben Waldbrände das schürfbare Roh-
metall ail der Oberfläche, Sunlpf- oder Rasenerz, zuerst zl> schmiedbaren Klumpen geschmolzen uild wanil? Aus
diese Frage gibt es keine durchgreifende Antwort, sie iiiuß nach Verschiedenheit der Kulturländer abweichend
lauten. In Aegypten läßt sich der Bau der Pyramiden ohne Anwendung von Eisen gar nicht denken und die
ältesten dieser Riesenbauten reichen inlmerhin vier Jahrtausende vor dem Beginn der christlichen Zeitrechnung
hinaus. Belzoni fand unter der Basis der Sphinx zu Karnak, dem einst hundertthorigen Theben, eine eiserne
Sichel, Wyse in der großen Pyramide eine Klinge, Layard zu Ninmud-Ehala an der Stätte des alten Ninive
ein Stück Säge. Die Hebräer,- von Anfang ein pirtenstamm, waren noch in der ersten Richterzeit des Schnliedens
unkundig und nlußten zu den Philistern hinabsteigen, wenn sie ein Pflugeisen wollten. Dieses Metall durfte zunr
Gewinn der Steine für den Altar nicht verwendet werden und nur ein Steinniesser zur Beschneidung dienen, ein
Beweis, daß die gottesdienstliche Einrichtung der Eisenzeit voranging. In Palästina ritzt man den steinigen
Boden nur wenig, ihn umzubrechen und tief zu furchen geht nicht an. Ich habe Pflüge gesehen, die der Mann
aus der Schulter trug und worail das Eisen kaum zwei Pfund wog. Goliath führte einen eisernen Spieß, feilt
Pelm, parnisch und Schuppenpanzer waren dagegen voll Erz. Pier haben wir scholl den Waffenschmied uild
deil Erzgießer. Das pandwerk, worüber ich heute abhandeln soll, hat also einen eisernen Boden. Für das
Fortkomnlen der Menschheit ist aber dieser mehr werth als Gold.

Der Nante des härtesten und zugleich kältesten Metalls, Eisen, stimmt zun: Sanskritworte ayas, latem,
aes, altes, wovon aheneum, gothisch ais. Mehrdeutig, wie ursprünglich bei der geringen Zahl all' die Sprach-
wurzeln, soll Eis, Eisen, vont Glanze benannt sein; es bezeichnete nach Max Müller in Oxford, unseren: großen
Sprachforscher, zuerst Kupfer, dann Metall überhaupt, ulid dient darum auch zur Bezeichnung für Erz. Wo
stünde die Weltgeschichte ohne die Benützung des Eisens? Mit seiner Entdeckung hat die Menschheit alsbald
eine höhere Kulturstufe erstiegen. Ohne die Magnetnadel keine Meerschifffahrt, und wie das stahlfeste und zugleich
geschnteidige Metall auf den Gang der Dinge einwirkt, lehren in unseren Tagen die Eisenbahnen, Eisenschiffe und
Telegraphen. Der Krieg ist der Vater des Lebens, aber nur die aus der Schmelze geflossene, ant Amboß
geschmiedete und vielfach gehärtete Waffe hat eine Völkerbezwingung ermöglicht. Zunr Beispiel führen die Türken
die Erhebung ihres Stantmes und die Gründung ihres Staatswesens auf einen Schmied zurück, der sein Schurzfell
zum Banner erhoben und das Volk aus den Eisengruben im Kaukasus uin sich versammelt und wehrhaft
gemacht.

Seit alter Zeit brennt man in Asien, der Völker peintath, bis Indien hinein beim Mangel an polz Feuer
zu jedem Gebrauch von Mistkuchen. So ergab sich die Erfindung des Stahles von selbst, indem die Verbindung
von Kohlenstoff mit Eisen zur Stahlbereitung gehört, und damit begann das eiserne Zeitalter. Diodor V, 55,
weiß, wie die Teltiberen Eisenplatten in die Erde gruben, bis der Rost das zerfreßbare Metall aufgezehrt.

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