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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 15.1917

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Heft 7
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Beth, Ignaz: Moritz Melzer
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https://doi.org/10.11588/diglit.4744#0340
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MORITZ MELZER, MÜTTER UND KIND

Umriss unveränderlich bleibt. Ich möchte daher
diese Blätter, die schon im Umfang über das Mass
der Graphik hinausgehen, Farbenschnitte nennen,
wobei der Nachdruck auf dem Wort „Farbe" an-
deuten soll, dass ihnen die Eigenschaft der Origi-
nale noch in ganz anderem Sinn, als etwa bei
Holzschnitten (auch den farbigen Holzschnitten)
eigen ist.

Die technische Besonderheit dieser Blätter ist
durch die Eigenart der Welt bedingt, die sich
Melzer geschaffen hat. Es wäre ja leicht, zu be-
haupten, dass er mit ganz wenigen Schemata arbeitet,
dass er „manieriert" sei und sich „wiederholt";
entscheidend sind nicht die Einzelformen und die
Formeln, die er gebraucht, sondern eben ihre Zu-
sammenstellung, die Gesetze, nach denen er seine

Gestalten in Bewegung setzt, und sie mit der Um-
gebung zusammenstimmt. Er musste sich erst —
mühsam — seine Sprache erfinden, um seine Ge-
danken darin auszudrücken, und damit erklärt sich
die herbe Knappheit seiner Vokabeln. Wohl findet
man denselben Frauenleib in unzähligen Schnitten
und ebenso irgend eine Abbreviatur des Baumes,
oder eines Gewandes, aber wie jedesmal dieser
Leib anders durchartikuliert ist, die Bäume anders
verteilt sind, darin liegt sein Reichtum und seine
Eigenart. Er knetet die einzelnen Bestandteile
durcheinander und lässt dann seiner Phantasie freien
Lauf. Dass er gut zeichnet, zu bemerken, ist gegen-
standslos,denn dieKorrektheit derStellungen ist eben
nur in dem Minimum Bedingung, das zum logischen
Erfassen der Zusammenhänge notwendig ist.

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