Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 18.1920

DOI issue:
Heft 5
DOI article:
Cohn, William: Vom Wesen der indischen Bildnerei
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4750#0211
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
MÄMALLAPURAM (SÜDINDIEN). DER HEILIGE BULLE SHIVA'S (NANDI), FELSSKULPTUR, vn. Jahrhundert

Abb. 16

VOMWESEN DER INDISCHEN BILDNERE1

VON

WILLIAM COHN

i.

Man versperrt sich den Zugang zum Ver-
ständnis der indischen Bildnerei, wenn man
sie nach den Gesetzen europäischer oder ägyp-
tischer Kunst beurteilt. Die erste Vorbedingung
für eine Befreiung der Augen von allem Engen
ist die Erkenntnis, daß jeder der großen Kunst-
kreise eine Sendung zu erfüllen hat, wie auch jedes
große Kulturvolk die Welt um seine an sich wert-
volle Eigenart bereichert. Nur das gegenseitige
Verständnis wechselt im Laufe der Jahrhunderte
je nach der geistigen Haltung der verschiedenen

Perioden, die eine nationale Kultur mit Notwendig-
keit durchzumachen hat. In Europa ist unzweifel-
haft der Augenblick gekommen, wo sich die Sinne
für das Wesen fernöstlicher Kultur weit zu öffnen
beginnen, ja, wo viele mit Recht von den tiefsten
Gedanken, die der ferne Osten hervorbrachte, Hilfe
aus schwerer inneren Not erhoffen.* Indische
und ägyptische Kunst sind in gewisser Weise Ge-

* Vergl. z.B. Hermann Graf Keyserling, Über die innere
Beziehung zwischen den Kulturproblemen des Orients und
des Okzidents (Jena 1913); Theodor Lessing, Europa und
Asien (Berlin 1918) und die Aufsätze von Paul Ernst.

200
 
Annotationen