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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

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Heft 1
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Aufseesser, Julius: Aus meinem Sammlerleben, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0035
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J. SCHOPPE, BERLINER INTERIEUR. AQUARELL

Stellung darstellte, hier herrschte nur strenge Ein-
fachheit — Sachlichkeit. Ein nicht allzugroßer
Raum, der nach dem Hintergrund durch einen
richtigen Ladentisch barriereartig abgeschlossen war,
die Sperre gegen die dahinter liegenden Regale mit
den dickbäuchigen Mappen und dem Eingang zu
den unterirdischen Gemächern, der, wie zu einer
Hölle daneben, gähnte. Wenn man einen großen
runden eichenen Tisch — wie oft habe ich an
ihm in kostbarem Material gewühlt, — mit zwei
Stühlen und einige Holzböcke mit Mappen, welche
die Aufschrift trugen „ä 50 Pfg." und „ä 1 Mark",
nicht als künstlerischen Schmuck betrachten will,
so beschränkte sich dieser auf eine gemessene Zahl
von Ölbildern und gerahmten Stichen, wobei alte
Fritzen dominierten, Jagdstücke nie fehlten.

Wer jedoch mit den Gepflogenheiten des Hau-
ses einigermaßen vertraut war, der wußte, daß Herr
Mai für jeden seiner Kunden im stillen sorgte, daß
ein unsichtbares Lager von Schönem und Inter-

essantem in den unterirdischen Gemächern immer
bereit gehalten wurde, um von seiner Fülle ab-
zugeben, der wußte auch, daß die Atmosphäre des
Hauses zunächst als mäßig erwärmt angesehen wer-
den mußte bis sie je nach Steigerung der gegen-
seitigen Beziehungen sich auf deren Höhe ein-
stellte. Herr Max Mai, der Besitzer der Handlung
und persönlicher Hofantiquar, gehörte zu den Per-
sönlichkeiten, die ihre Gaben nur dann spenden,
wenn sie selbst es wollen, und nur demjenigen,
der sie sich zu verdienen weiß. Er hätte als ge-
diegener Kenner seines eigensten Gebiets, als warm
empfindender Kunstästhet, selbst Sammler lokaler
Größen, es als unwürdig angesehen, wenn Kunst-
werke, deren inneren Wert er kannte und emp-
fand, wenn „seine" Stücke nicht an diejenige Stelle
gekommen wären, die er für die allein richtige
hielt. Zu sehen bekam bei Herrn Mai jeder
Kunde nur das, was als das für ihn Angemessene
betrachtet wurde, und wenn Sitzgelegenheiten in



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