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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

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Heft 1
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Aufseesser, Julius: Aus meinem Sammlerleben, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0036

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KARL GRAEB, BERLINER WOHNZIMMER. 1847. TUSCHZEICHNUNG

seinem Lokal ohnehin nur in beschränkter Zahl
vorhanden waren, so habe ich doch nie gehört,
daß nur einem einzigen der vielen Neugierigen,
die durch das Schaufenster in den Laden gezogen
wurden, das Wort entgegengeschallt hätte: „Ver-
weile doch, du bist so schön!" —

Jedesmal, wenn die an der Ladentür ange-
brachte Klingel den Eintritt eines Besuchers an-
gekündigt hatte, tauchte der Herr Hofkunsthändler
aus der Versenkung im Hintergrunde des Lokals
empor. Ein interessanter scharf geprägter Kopf
mit klugen, forschenden Augen, in der Reserve
des Wissenden, der, so gerne er auch Geschäfte
macht, doch jedem Unbekannten mit jener Skepsis
gegen übertritt, wie sie die vielen törichten Forde-
rungen, welche in einem derartigen Geschäft ge-
stellt werden, zeitigt. Und es begann dann auch
bald eine Art künstlerischen Examens, von dessen

Resultat es abhing, ob der Ankömmling Anspruch
auf weitere Beachtung in puncto arte machen konnte.
War dies nicht der Fall, dann ergab sich die über-
raschende Lösung, daß Herr Mai „augenblicklich"
garnichts auf Lager hatte. Es kam aber auch vor,
daß ein ganz gerissener Sammler zu gescheit sein
wollte und billigen Wertstücken nachjagte, dann
wurde er ebenso abgewiesen, und solche Fälle cha-
rakterisierte Mai durch die Bemerkung: „Der sucht
bei mir echte Schiller von Goethe." —

Die liebsten Kunden waren ihm die, welche
er zwanzig Jahre und mehr kannte, oder wenn
nicht sie selbst, so doch wenigstens den Vater oder
lieber den Großvater. Und solche Personen ver-
kehrten in seinem Geschäft. Mai unterhielt als
Spezialität ein umfangreiches Lager von deutschen
Adelsporträts und befaßte sich nicht nur dieserhalb,
sondern auch aus Liebhaberei mit genealogischen

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