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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

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Heft 2
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Aufseesser, Julius: Aus meinem Sammlerleben, [2]
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Heft 3
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https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0058

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AUS MEINEM SAMMLERLEBEN

VON

JULIUS AUFSEESER

II

In der Leipziger Straße, zwischen Dönhofplatz und
Spittelmarkt, konnte man hinter den Gontard-
schen Kolonnaden ein hohes, schmales Häuschen
entdecken, vor dessen Front Regale mit alten
Büchern und Böcke mit Mappen aufgestellt waren,
die Danzsche Antiquariats- und Kunsthandlung.

Ein vielleicht vier Meter im Quadrat großes
Lädchen, das die ganze Breite der Hausfront be-
anspruchte, war mit Büchern und Mappen voll-
gepfropft, mit spartanischer Einfachheit ausgestattet,
ein leichter Modergeruch lag in der Luft, und es
herrschte die geniale Unordnung, welche Sammler,
die nach Schätzen graben wollen, so sehr lieben.

Die Regale, einst jung und stark, waren etwas
wacklig geworden und vom Alter gebleicht, aber
sie waren gepfropft voll und enthielten Schätze.
Außer waghalsigen Schuljungen, die geheimnisvoll
erworbene Bücher loszuschlagen suchten, betraten

dieses Lokal nur Wissende. Graubehaarte Männer,
hinter deren scharfen Brillengläsern Forscheraugen
blitzten, Bücherwürmer, die ihren kargen Verdienst
einer seltenen Erstausgabe opferten, Antiquare, die
in den Bücherständen nach Seltenheiten fahndeten,
und Kunstsammler. Herr Danz war, was man
einen reservierten Mann zu nennen pflegt, Hüne
von Gestalt und einem frischen Trunk nicht ab-
geneigt, stand er seinen geistigen Schätzen, ebenso
wie deren Liebhabern, in der Pose eines kühlen
Beobachters gegenüber. Haus und Geschäft hatte
er von seinem Vater, dem ganz alten Danz geerbt,
dazu riesige Mengen von Gedrucktem und Kunst-
blättern, die auf den in drei Etagen über dem
Laden liegenden verließartigen Räumen unter Staub
und Spinnweben angehäuft waren. Von Kunst
verstand er, wie er erzählte, weniger als von
Büchern, sie hatte auch kein besonderes Interesse

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