Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

DOI Heft:
Heft 2
DOI Artikel:
Aufseesser, Julius: Aus meinem Sammlerleben, [2]
DOI Heft:
Heft 3
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0059

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
J. F. HENNIG, DIE RUSSISCHE BOTSCHAFT, UNTER DEN LINDEN. STAHLSTICH

für ihn, auch warfen die Kunden die Blätter immer
so sehr durcheinander. Im Laden stand ein Dutzend
Mappen umher, nach Größen peinlichst geordnet,
auf deren jeder ein Zettel aufgeklebt war: „pro
Stück 10 Pfennige" und so fort, weiter hinauf bis
eine Mark und fünfzig Pfennige, höchstens aber
zwei Mark pro Stück. Das aber waren dann
schon die ganz großen Stücke, die kleinen waren
immer die billigsten. Da schlummerten nun Kupfer-
stiche, Radierungen, Lithographien und Handzeich-
nungen aus allen Epochen in buntem Durchein-
ander friedlich beisammen, bis ein Sammler sich
heraussuchte, was ihm gefiel. Hierauf wurden die
Stücke nach dem Format berechnet, wobei Herr
Danz streng darüber wachte, daß die Entnahmen
aus den verschiedenen Mappen nicht etwa ver-
wechselt wurden, denn sonst wäre eine Berech-
nung ja nicht mehr möglich gewesen. Wenn
nun die Vorratsmappen etwas von ihrer Dick-
bäuchigkeit verloren hatten, pflegte Herr Danz
seine Frau anzuweisen, die Mappe, Größe sound-
soviel wieder mit neuer Füllung zu versorgen.

Aus diesen Mappen, seligen Angedenkens, habe
ich meine besten Menzelblätter geholt. Als ich
einmal im jugendlichen Unverstand bei einer
Mappe 3 entnommenen Lithographie mein Kenner-
tum mit der Bemerkung, dies sei ein schönes
Menzelblatt, zu dokumentieren so unvorsichtig war,
mußte ich die Zurechtweisung hinnehmen, es könne
dies absolut kein Menzel sein, wenn er in Mappe 3
(dreißig Pfennige) gelegen habe, ja, wenn es Mappe 8
bis 10 gewesen wäre, dann schon eher.

War man durch eine Reihe von Jahren als
Kunde zu den Danzschen Eheleuten in ein Ver-
trauensverhältnis getreten, dann bekam man auch
wohl dazwischen einmal einen alten Zinnleuchter,
in dem ein Stümpfchen Licht steckte, in die Hand
gedrückt und wurde in die Vorratsräume hinauf-
gelassen, jenen dunklen, bodenartigen Gelassen über
dem Laden. Da konnte man buddeln so lange
man wollte, oder so lange der Lichtstumpf reichte.
Dort oben sah es wüst aus, aber interessant, noch
unverfälscht achtzehntes Jahrhundert. Unüberseh-
bare Menge alter Noten, illustrierte Bücher und

'%,

Atel

44
 
Annotationen