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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

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Heft 8
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Meier-Graefe, Julius: Die österreichische Galerie im Wiener Belvedere
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https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0308

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DIE ÖSTERREICHISCHE GALERIE
IM WIENER BELVEDERE

VON

JULIUS MEIER-GRAEFE

OURY.

183+

Voriges Jahr hat Haberditzl das Barock-Museum
im unteren Belvedere, wo früher die moderne
Sammlung, noch früher die Ambraser-Sammlung,
die schönen Waffen, untergebracht waren, voll-
endet, und damit eine dekorative Aufgabe glänzend
gelöst. Jetzt ist das obere Belvedere mit den Werken
des neunzehnten Jahrhunderts fertig geworden.
Europa besitzt eine Galerie mehr für zeitgenössische
Kunst. Nach der Anlage kann sie die beste von
allen werden.

Es hingen schon einmal schöne Bilder hier.
Bis Ende der achtziger Jahre beherbergte das be-
zaubernde Schloß, der schönste Bau Hildebrandts,
die kaiserliche Sammlung, die dann im neuen Hof-
Museum eingesargt wurde. Nachher residierte der
Thronfolger hier, und Wilhelm IL erging sich mit
ihm in Zukunftsplänen. Wenn man keinen anderen
Grund hätte, sich über den Wechel des Regime zu
freuen .... Moderne Bilder sind immer noch

eher fähig, solche Räume zu bewohnen als moderne
Fürsten.

Haberditzl, einer der wenigen heutigen Museums-
direktoren von der Klasse Tschudis, hat hier sein
Meisterstück geschaffen. Die Aufgabe war viel
schwieriger als im achtzehnten Jahrhundert, als
man die Rubens und die anderen Herrlichkeiten
herbrachte. Damals hatte man zuviel des Guten
für die üppigen Wände. Jetzt gab es viel zu wenig.
Wohl zahllose Bilder, von Kunst-Kommissionen
nach dem bekannten Prinzip der Admiration mu-
telle zusammengekauft. Der von Dornhöffer, dem
früheren Direktor, erworbene Besitz war ein respek-
tabler Anfang. Siebte man das Material mit der
von der Würde des Lokals gebotenen Strenge, langte
es kaum für den dritten Teil der Säle. Dabei mußte
Haberditzl schnell den Nachweis von der Durch-
führbarkeit seines Projekts erbringen, um das Palais
vor praktischerer Verwendung — man schwankte

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