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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

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Heft 12
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Gerstenberg, Kurt: Die Ausstellung französischer Landschaftsmalerei von Poussin bis Corot in Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0501

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CLAUDE LORRAIN ZUGESCHRIEBEN, LANDSCHAFT

PARIS, LOUVRE

DIE AUSSTELLUNG FRANZÖSISCHER LANDSCHAFTSMALEREI
VON POUSSIN BIS COROT IN PARIS

VON

KURT GERSTENBERG

Gleichzeitig mit der internationalen Kunstgewerbeaus-
stellung in und neben dem Grand Palais zu beiden
Seiten der Seine wurde Anfang Mai im Petit Palais eine
Ausstellung französischer Landschaftsmalerei eröffnet. Die
beiden Ausstellungen verhielten sich zueinander wie ein
geräuschvolles Zirkusunternehmen zu einem Kammermusik-
abend. Zu dieser Landschaftsausstellung waren aus ab-
gelegenen Provinzmuseen die besten Stücke ausgewählt
worden; manche Museen hatten sogar wesentliche Teile
ihres Bestandes hergeliehen, so Besancon, das fünfund-
zwanzig prachtvolle Fragonard-Zeichnungen, und Montau-
ban, das über siebzig Landschaftszeichnungen aus Ingres'
römischer Zeit geschickt hatte. Weiter aber hatten selbst
der Prado in Madrid und die römischen Sammlungen Doria
und Barberini Meisterwerke gesandt, und schließlich hatte
noch der französische und englische Privatbesitz manches
wichtige und sonst verborgene Bild beigesteuert. Wenn
man sich klar macht, daß allein von Claude Lorrain zwan-

zig Gemälde und über siebzig Zeichnungen zu sehen waren,
wird man sich ungefähr eine Vorstellung davon machen
können, welche Bedeutung dieser Ausstellung zukam. Sie
war in der Tat geeignet, eine neue Gesamtvorstellung der
französischen Landschaftsmalerei von 1630—1830 zu geben.
Dabei war der Begriff Landschaftsmalerei sehr weitherzig
gefaßt; dem Gesellschaftsbild im Freien und dem Straßen-
bild war neben den verschiedenen Arten der komponierten
Landschaft und der Vedute ein Platz eingeräumt worden.
Die beiden Namen Poussin und Corot, die als Eckpfeiler
diese Landschaftsbilder aus zwei Jahrhunderten zusammen-
hielten, gaben inhaltlich und formal feste Grenzen. Die
Ausstellung machte beim Beginn der eigentlich modernen
Landschaft halt. Die Meister der Paysage intime waren
schon nicht mehr vertreten. Wir pflegen in Deutschland
bei Betrachtung französischer Landschaftsmalerei den Bogen
meist weiter zu spannen, von Poussin ausgreifend bis zu
Cezanne, indem wir das formal-tektonische Problem, was

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