riger Betrieb, und Künstler und Kunstfreunde wie die ernst-
haften Vertreter einer Deutschkunde werden sich zunächst
dankbar begnügen mit dem unleugbaren Fortschritt in der
Theorie: mit der in den Richtlinien deutlich ausgesprochenen
Anerkennung der hohen Bedeutung des künstlerischen Schaf-
fens, mit dem guten Willen, ihm Erziehungseinfluß zu sichern,
und mit der Möglichkeit, die von nun an geeigneten Lehr-
kräften zu Versuchen in dieser Richtung gegeben ist.
EDUARD GÄRTNER, DIE ALTE BENDLEFBRÜCKE
AUSGESTELLT IN DER BILDNISGALERIE
SALON D'AUTOMNE i 9 z 6
VON
WALTER BONDY
\ Uerseelen. — — „Monsieur.
L J'ai l'honneur de vous faire savoir que sur presentation
de votre carte permanente vous pourrez penetrer dans les
Salles pour vernir vos oeuvres le Mercredi 3 Novembre ä
2 heures."
So lautet die altmodische Einladungsformel zum Firnis-
tag der Salons. — — —
Paris ist in einen maulwurfgrauen Nebel gehüllt. Es
regnet in Strömen und so wie es nur in Paris, und im No-
vember, regnen kann. Es regnet lauwarmes schmutziges
Spülwasser.
Wir steigen die breite schlüpfrige Freitreppe des Grand
Palais hinan. Das Grand Palais ist der riesige Ausstellungs-
palast, der von einer Weltausstellung, vor dreißig Jahren
etwa, übrig geblieben ist. Es ist in französischem Aus-
stellungsstil gebaut, halb Konditorei, halb Bahnhofshalle.
Dieses traurige Machwerk wird den schönen Eifelturm über-
leben, der schon bedenklich wackeln soll.
Wir treten in den riesigen, runden, wohl zwanzig Meter
hohen, halbdunkeln, ungeheizten Kuppelraum, dessen Wöl-
bung sich in tiefer Finsternis auflöst. Von ihm aus zwei-
gen die breiten Treppen ab, die zu den Bildersälen führen.
Überall dieselbe beklemmende Architektur wie außen.
Allenthalben stehen Kisten, liegen Bretter herum. Es
wird gesägt, genagelt und gehämmert. Ein Höllenlärm! In
den Ecken stehen noch haufenweise die refüsierten Bilder.
Traurig beginnen wir unseren Aufstieg nach den oberen
Sälen. UfF! wir sind oben! Um das Treppenhaus hängen
unten und oben schon die ersten Bilder. Eins an das andere
geklebt, bis zu vieren übereinander. Die Wände sind mit
pompejanischrotem Rupfen bespannt; ein Überbleibsel des
Automobilsalons, dem diese Farbe ausgezeichnet stand. Die
148
haften Vertreter einer Deutschkunde werden sich zunächst
dankbar begnügen mit dem unleugbaren Fortschritt in der
Theorie: mit der in den Richtlinien deutlich ausgesprochenen
Anerkennung der hohen Bedeutung des künstlerischen Schaf-
fens, mit dem guten Willen, ihm Erziehungseinfluß zu sichern,
und mit der Möglichkeit, die von nun an geeigneten Lehr-
kräften zu Versuchen in dieser Richtung gegeben ist.
EDUARD GÄRTNER, DIE ALTE BENDLEFBRÜCKE
AUSGESTELLT IN DER BILDNISGALERIE
SALON D'AUTOMNE i 9 z 6
VON
WALTER BONDY
\ Uerseelen. — — „Monsieur.
L J'ai l'honneur de vous faire savoir que sur presentation
de votre carte permanente vous pourrez penetrer dans les
Salles pour vernir vos oeuvres le Mercredi 3 Novembre ä
2 heures."
So lautet die altmodische Einladungsformel zum Firnis-
tag der Salons. — — —
Paris ist in einen maulwurfgrauen Nebel gehüllt. Es
regnet in Strömen und so wie es nur in Paris, und im No-
vember, regnen kann. Es regnet lauwarmes schmutziges
Spülwasser.
Wir steigen die breite schlüpfrige Freitreppe des Grand
Palais hinan. Das Grand Palais ist der riesige Ausstellungs-
palast, der von einer Weltausstellung, vor dreißig Jahren
etwa, übrig geblieben ist. Es ist in französischem Aus-
stellungsstil gebaut, halb Konditorei, halb Bahnhofshalle.
Dieses traurige Machwerk wird den schönen Eifelturm über-
leben, der schon bedenklich wackeln soll.
Wir treten in den riesigen, runden, wohl zwanzig Meter
hohen, halbdunkeln, ungeheizten Kuppelraum, dessen Wöl-
bung sich in tiefer Finsternis auflöst. Von ihm aus zwei-
gen die breiten Treppen ab, die zu den Bildersälen führen.
Überall dieselbe beklemmende Architektur wie außen.
Allenthalben stehen Kisten, liegen Bretter herum. Es
wird gesägt, genagelt und gehämmert. Ein Höllenlärm! In
den Ecken stehen noch haufenweise die refüsierten Bilder.
Traurig beginnen wir unseren Aufstieg nach den oberen
Sälen. UfF! wir sind oben! Um das Treppenhaus hängen
unten und oben schon die ersten Bilder. Eins an das andere
geklebt, bis zu vieren übereinander. Die Wände sind mit
pompejanischrotem Rupfen bespannt; ein Überbleibsel des
Automobilsalons, dem diese Farbe ausgezeichnet stand. Die
148