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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 4
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Bondy, Walter: Salon d'Automne 1926
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0173

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Verwaltung des Herbstsalons hat die-
sen kunstfeindlichen Hintergrund preis-
wert übernommen. Ein Gelegenheits-
kauf!

Über dem Ganzen liegt ein bleiernes
totes Licht, in dem alle Farben ersaufen.
Wie spiritistische Masken starren uns die
Bildnisse an, die Landschaften liegen in
mattem Mondlicht.

Wir begi nnen unseren Rundgang
durch die Bildersäle. Auch hier die turm-
hohen Wände, dasselbe kalte November-
licht, derselbe rote Rupfen, dieselbe An-
ordnung nebeneinander und übereinan-
der, dieselben Bilder, dieselbe Kirch-
hofsstimmung.

Allenthalben stehen die Maler und
Bildhauer herum, ein/.eln, zu zweien,
in Gruppen. Ein Maler irrt durch die
endlosen Säle und sucht sein Bild. Das
ist keine kleine Aufgabe. Die Bildhauer
drehen und rücken an ihren Büsten und
Figuren herum. Sie geben sich die größte
Mühe, eine Wirkung zu bekommen.
Vergeblich! In diesen Räumen gibt es
kein Licht .... und keinen Schatten!

Endlich hat der Maler sein Bild ent-
deckt. Da hängt es nun! Sein Werk,
das eben noch zu Haus so lustig und
farbig aussah! Da hängt es nun zwi-
schen einem blauen rechts, einem grü-
nen links, einem schwarzen und einem
gelben oben und unten. Die Farben
sind verschwunden, nur ein dürftiger
Lokalton ist geblieben. Die Tiefe und
die Luft sind weg, eine langweilige
rechteckige Fläche ist übrig geblieben.
Auf dem Himmel klebt ein weißer Zettel,
die Nummer der Einsendung. Eine
Katalognummer trägt das Bild noch
nicht, ein paar Stunden vor der Er-
öffnung! — Vier Tage nach der Er-
öffnung tragen viele von ihnen noch
immer keine — und der weiße Zettel
klebt immer noch. —

Mit gesenktem Haupte schleicht der Maler weg. Das
also ist der Platz, den die Öffentlichkeit für ihn übrig hat.
In dieser Umgebung, in dieser Beleuchtung, auf diesem Hin-
tergrund soll sein Werk zu den Menschen sprechen!

Allerseelen.

Arbeiter stehen auf Leitern herum und hängen die Bil-
der. Man schlägt Nägel ein — Schnüre gibt es nicht —,
und wenn ein Bild hängt, dann hängt es. Von einer Hänge-
kommission ist nichts mehr zu entdecken, obwohl ein guter
Teil der Bilder noch angelehnt auf dem Boden steht. Sie
hat ihre Mission erfüllt. Die Bilder ihrer Freunde und Schütz-
linge hängen; das ist die Hauptsache!

Der Salon d'Automne hat viele Hundert Mitglieder. Jedes
von ihnen hat zwei Bilder juryfrei. Alle vier Jahre hat ein

MAX LIEBERMANN, HERRENBILDNIS. ZEICHNUNG

AUSGESTELLT IN DER AKADEMIE DER KÜNSTE

auf dem Himmel

Viertel sogar sechs Freiplätze. Diesmal die Namen von A
bis C. Die A- bis C-Leute sind vollzählig erschienen. Sie
kommen erst wieder in vier Jahren dran und man muß die
seltene Gelegenheit nützen.

In dem Salon hängen also an die 1500 unjurierte Bilder
und für die andern ist wenig Platz übrig. Von ein paar
tausend hat man etwa 600 behalten. Ein gutes Niveau
und ein angenehmes Gesamtbild ist bei diesem Prinzip nicht
zu erzielen; daher die Gleichgültigkeit der Ausstellungs-
leitung für die ganze Hängerei.

üb dieses Jahr auch gute Bilder im Herbstsalon hängen,
weiß ich nicht. In diesen Räumen und in dieser Fülle kann
man kein Bild beurteilen. Außerdem: wer kann sich über
zweitausend Bilder ansehen, ohne einen tiefen Abscheu vor
der Malerei zu kriegen.

Im großen und ganzen glaube ich, daß die französischen

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