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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 12
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Benesch, Otto: Zur österreichischen Malerei der Gegenwart
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0486

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GERHART FRANKL, OBER-ST.-VEITER HÄUSER

ZUR ÖSTERREICHISCHEN MALEREI DER GEGENWART

V O N

OTTO BENESCH

A nläßlich der neulich von Dr. Werner Teupser im
^ Kunstverein in verdienstvoller Weise organi-
sierten Schaustellung österreichischer Kunst der
Gegenwart möchte ich die Gelegenheit ergreifen, auf
drei Künstler hinzuweisen, deren Schaffen besonderes
Interesse beansprucht, weil sie vielleicht in der gül-
tigsten Weise das formulieren, was den Inhalt des
künstlerischen Wollens der neuen Epoche in Öster-
reich ausmacht. Obwohl sie verschiedenen Genera-
tionen angehören, stehen sie alle auf dem gemein-
samen Boden eines unmittelbaren Verhältnisses zur
Natur. Sie wollen nicht mehr als diese geben, aber
auch nicht weniger. Das Problem ist schwer ge-
nug, es hat den Hauptinhalt der künstlerischen
Entwicklung zu allen Zeiten ausgemacht. Wie sie
sich damit in verschiedener Weise auseinandersetzen,
das ist durch die Eigenart ihres Wesens, ihrer künst-
lerischen und menschlichen Bestimmung bedingt.
Franz Wiegele baut seine Werke in strenger

Konsequenz der Gestaltung. Seine Kunst ist ruhige
Beobachtung der Wirklichkeit und deren Nach-
gestaltung durch eine Hand von unerschütterlicher
Sicherheit. Er verändert die Wirklichkeit nicht. Sie
ist ihm zu sehr Geheimnis, als daß er es unter-
nähme, sie durch selbstherrliches Umformen „aus-
drucksvoller" zu gestalten, etwas „Höheres" als
die Wirklichkeit zu geben. Er betrachtet sein Ziel
als erreicht, wenn es ihm gelingt, etwas von diesem
Geheimnis in sein Werk zu bannen. Die Treue,
die er dem Vorbild gegenüber bewährt, ist auch
keine wissenschaftliche oder soziologische wie die
anderer künstlerischer Strömungen der Gegenwart,
sondern eine organische. Er verleiht seinem Werk
bei aller gestaltenden Strenge und Disziplin, das ruhig
atmende Leben, den tiefen farbigen Glanz der Wirk-
lichkeit — er stellt ein Geschwister neben sie hin.
Ein Stilleben wird unter seinen Händen zu einem
Stück meisterlicher Architektur, in dem jede Frucht,

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