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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 7
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Kunstausstellungen
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KARL HOFER, SELBSTBILDNIS

MIT ERLAUBNIS PER GALERIE A. FLECHTHK1M.

AUSGESTELLT IN DER GALERIE A. FLECHTHEIM, BERLIN

WA

UNSTAUSSTELLUNGEN

BERLIN
Den schonen Ausstellungen bei
Thannhaus er und Perls folgte eine Stil-
lebenausstellung in der Galerie Mat-
thiesen. Es wurden im wesentlichen
deutsche und französische Bilder von
1850 bis zur Gegenwart gezeigt. Die Idee dieser Veranstal-
tung war hübsch und erfüllte einen alten Wunsch. Eine
solche Ausstellung wird stets Stimmung haben, weil die
Maler anders vor einem Stilleben als vor einem Menschen-
antlitz oder in der bewegten Landschaft sitzen. Sie sind
ruhiger, beschaulicher und genießen die Arbeit in einer
eigenen Weise; und dieser Gemütszustand geht auf den Be-
trachter über. Das Talent gibt nicht oft im Stilleben das
Letzte und Höchste, dessen es fähig ist, aber es gibt sich
liebenswürdig. Die Ausstellung war, wie alles, was die Galerie
Matthiesen darbietet, sorgfältig gemacht. Es fehlten freilich
die eigentlich bedeutenden Beispiele. Von den großen Fran-
zosen zum Beispiel, war keines der Hauptwerke zur Stelle.
Es erklärt sich daraus, daß die Privatsammler immer zurück-
haltender werden. Das ist erklärlich, aber bedauerlich. Um
so bedauerlicher, weil deutsche und französische Bilder neben-
einander hingen und weil diese Begegnung noch viel auf-

schlußreicher gewesen wäre, wenn die Galerie alle ihre
Wünsche hätte befriedigen können. Aber auch so zählt
diese Stillebenausstellung zu den Veranstaltungen dieses an
Anregungen reichen Winters, an die man gern zurück-
denken wird.

In der Galerie Flechtheim stellte sich George Grosz als
Bildnismaler vor. Er ist als solcher viel zahmer als seine
früheren Manifeste es haben glauben lassen. Der Orlikschüler
malt etwa im Sinne der „Neuen Sachlichkeit", aber es ist ein
Naturalismus ohne alles „Magische" und unendlich bürgerlich.
Was in den Bildnissen gut ist, kommt vom Zeichner, die Malerei
ist hilflos. Die Lehre, die daraus gezogen werden kann, be-
steht darin, daß es für den Künstler gar nicht so schwer ist,
Phantasie zu entwickeln, wenn er aus dem Kopf arbeitet und
Tendenzen folgt, daß es sich vor der Natur erst wahrhaft
zeigt, ob der Maler die wesentliche, die gestaltende Phantasie
hat, die vor der Natur von der Natur zu abstrahieren vermag.
Grosz ist als anklagender Karikaturist wahrhaftig nicht blöde.
Warum nur hat er nicht den Mut, seinen Bildnissen jenen
Zusatz von Karikatur zu geben, den jedes gute Portrait braucht:
Dieses erst würde künstlerische Freiheit beweisen; die Ver-
höhnung des Schiebers beweist diese Freiheit nicht.

Der Fall Grosz ist typisch. Die gewaltsame Stilisierung

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