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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 1
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Waldmann, Emil: Aus dem Tagebuch einer Mittelmeerfahrt im Frühling 1626, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0053

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KORFU, WESTKÜSTE

AUS DEM TAGEBUCH EINER MITTELMEERFAHRT

IM FRÜHLING 1926
VON

EMIL WALDMANN

An Bord des Norddeutschen Lloyd-Dampfers Lützow

K o r f u

TT'orfu hat durch den Krieg auch in seinem
^ Stadtbilde gelitten. Früher stand, von weit-
her schon sichtbar, auf dem beherrschenden Kastell-
felsen, zwischen den beiden Felsengipfeln, ein schö-
ner Zypressenwald. Den haben die Serben fast ganz
abgeholzt, zu Brennmaterial während der Besatzungs-
zeit verbraucht. Wie eine böse Zahnlücke sieht
das Loch jetzt aus. Aber die schöne Insel hat auch
wirtschaftlich sehr gelitten, die Verarmung und
die Unterernährung der Bevölkerung haben einen
Grad erreicht, wie man ihn sich auch nach den
Notjahren in Deutschland nicht leicht vorstellen
kann. Und dieses Phäakenland ist doch so reich
an Vegetation und Früchten, wie kaum eine
andre Gegend in Griechenland. Es blüht und grünt

überall in verschwenderischer Fruchtbarkeit. Aber
die Menschen hungern und das Volk ist entkräftet.

Im Museum ist jetzt der Skulpturenschmuck
des Tempels aufgestellt worden, der kurz vor
dem Kriege, nicht weit von der Villa Monrepos,
ausgegraben wurde, dieses dorischen Tempels aus
archaischer Zeit, der mit dem Bilde der Gorgo,
der Medusa, geschmückt war. „Aufgestellt" ist
nicht das richtige Wort. Das Museum ist zu klein
für diesen Schatz, und nun hat man den ganzen
Giebel auf eine Holzwand gelegt und diese schräg
durch die ganze Länge des größten Saales gestellt;
und da der Giebel zu hoch ist für den Saal, lehnt
er schräg durch den Raum, und da er auch zu
breit ist, hat man die Giebelecken an die Schmal-

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