da ist er am glücklichsten, wo er ihm nahestehende Per-
sonen bildet. So gibt es einige reizende Bildnisse seiner
Kinder und sein bekanntestes Bild ist das seines Vaters ge-
worden.
In seiner Menschenauffassung wird man ihn also weniger
in die Nähe Liebermanns als in die Kalckreuths zu stellen
haben. Und wie Kalckreuth ist auch er kein gesuchter
Frauenmaler. Alle seine wichtigen Bildnisse gelten dem
Manne: von den frühen Porträts des Grafen Moltke (1903,
„ziemlich schlecht, aber Liebermann fand es ganz nett",
notiert er), des Abgeordneten Stubbendorf (1904, „das erste
anständige Bild, das ich zuwege brachte"), des Herrn Pfau
(1905), des Vaters (1906) bis zu Hindenburgs lebensgroßer
Figur und Otto Flakes Kopf aus dem letzten Jahre. Und
schließlich bis zu seinen Selbstbildnissen, die — man wird
es nach dem Gesagten verstehen — ein Zusammenwirken
der besten Kräfte des jetzt Fünfzigjährigen darstellen. Der
Ernst und die Disziplin, die aus allem sprechen, sind ein
wesentlicher Zug der Kardorffschen Kunst. Wer solche
Eigenschaften besitzt, verbunden mit einer wahren Leiden-
schaft für das Malen, von dem mag man noch manche Gabe
erhoffen.
•'S»1
GÜNTHER MARTIN, BILDNISBUSTE HEINR. MAIER. BRONZE
GESCHENK DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZUM 60. GEBURTSTAG DES DARGESTELLTEN
CHRONIK DES MONATS
ZU ROBERT VISCHERS 80. GEBURTSTAG
Yy obert Vischer gehört zu jenen Vertretern der Kunst-
Wissenschaft an Universitäten, von denen ein großer
Einfluß ausging, ohne daß sie jemals im Vordergrund des
öffentlichen Interesses standen. Niemals so berühmt wie
Henry Thode, niemals auch nur im Entferntesten so in An-
spruch genommen von einer Schülerschaft oder einer Schule
wie Wölfflin, übte er dennoch einen nachhaltigeren Ein-
fluß auf seine Hörer aus als jene Lehrer, auf Hörer, die
allerdings nur zu geringstem Teil aus Kunsthistorikern be-
standen. Als Sohn des Ästhetikers Friedrich Theodor Vischer
kam er nicht nur von der Ästhetik her, sondern blieb er
ihr zeitlebens treu. Es ist sehr schwer festzustellen, wieviel
an Friedrich Theodors Buch „Das Schöne und die Kunst"
geistiges Eigentum des Vaters und wieviel daran geistige
Leistung des Herausgebers, des Sohnes, eben Robert Vischers
ist. Und in der im Jahre 1873 erschienenen Schrift Robert
Vischers „Das optische Formgefühl" sind die Grundlagen
zur ganzen modernen Ästhetik, zur Lehre von der Ein-
fühlung zum Beispiel, gelegt. Die Biographie „Luca Signo-
relli" (1879) ist heute noch ein Muster ihrer Gattung.
Und hätte Robert Vischer seinen großen, 150 Seiten langen
Aufsatz über „Albrecht Dürer" nicht in dem Sammelband
seiner „Studien" (1886) versteckt, sondern als selbständiges
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sonen bildet. So gibt es einige reizende Bildnisse seiner
Kinder und sein bekanntestes Bild ist das seines Vaters ge-
worden.
In seiner Menschenauffassung wird man ihn also weniger
in die Nähe Liebermanns als in die Kalckreuths zu stellen
haben. Und wie Kalckreuth ist auch er kein gesuchter
Frauenmaler. Alle seine wichtigen Bildnisse gelten dem
Manne: von den frühen Porträts des Grafen Moltke (1903,
„ziemlich schlecht, aber Liebermann fand es ganz nett",
notiert er), des Abgeordneten Stubbendorf (1904, „das erste
anständige Bild, das ich zuwege brachte"), des Herrn Pfau
(1905), des Vaters (1906) bis zu Hindenburgs lebensgroßer
Figur und Otto Flakes Kopf aus dem letzten Jahre. Und
schließlich bis zu seinen Selbstbildnissen, die — man wird
es nach dem Gesagten verstehen — ein Zusammenwirken
der besten Kräfte des jetzt Fünfzigjährigen darstellen. Der
Ernst und die Disziplin, die aus allem sprechen, sind ein
wesentlicher Zug der Kardorffschen Kunst. Wer solche
Eigenschaften besitzt, verbunden mit einer wahren Leiden-
schaft für das Malen, von dem mag man noch manche Gabe
erhoffen.
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GÜNTHER MARTIN, BILDNISBUSTE HEINR. MAIER. BRONZE
GESCHENK DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZUM 60. GEBURTSTAG DES DARGESTELLTEN
CHRONIK DES MONATS
ZU ROBERT VISCHERS 80. GEBURTSTAG
Yy obert Vischer gehört zu jenen Vertretern der Kunst-
Wissenschaft an Universitäten, von denen ein großer
Einfluß ausging, ohne daß sie jemals im Vordergrund des
öffentlichen Interesses standen. Niemals so berühmt wie
Henry Thode, niemals auch nur im Entferntesten so in An-
spruch genommen von einer Schülerschaft oder einer Schule
wie Wölfflin, übte er dennoch einen nachhaltigeren Ein-
fluß auf seine Hörer aus als jene Lehrer, auf Hörer, die
allerdings nur zu geringstem Teil aus Kunsthistorikern be-
standen. Als Sohn des Ästhetikers Friedrich Theodor Vischer
kam er nicht nur von der Ästhetik her, sondern blieb er
ihr zeitlebens treu. Es ist sehr schwer festzustellen, wieviel
an Friedrich Theodors Buch „Das Schöne und die Kunst"
geistiges Eigentum des Vaters und wieviel daran geistige
Leistung des Herausgebers, des Sohnes, eben Robert Vischers
ist. Und in der im Jahre 1873 erschienenen Schrift Robert
Vischers „Das optische Formgefühl" sind die Grundlagen
zur ganzen modernen Ästhetik, zur Lehre von der Ein-
fühlung zum Beispiel, gelegt. Die Biographie „Luca Signo-
relli" (1879) ist heute noch ein Muster ihrer Gattung.
Und hätte Robert Vischer seinen großen, 150 Seiten langen
Aufsatz über „Albrecht Dürer" nicht in dem Sammelband
seiner „Studien" (1886) versteckt, sondern als selbständiges
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