Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

DOI Heft:
Heft 7
DOI Artikel:
Grisebach, Hanno: Konrad von Kardorff
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0299

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KONRAD VON KARDORFF, SELBSTBILDNIS. 1923

KONRAD VON KARDORFF

HANNA GRISEBACH

Qeit Konrad von Kardorff 1920 Berlin verließ und an der
^ Breslauer Akademie als Lehrer arbeitet, ist er wenig her-
vorgetreten. Denn der Krieg, den er ganz mitmachte, hatte
ihn aus der Bahn gerissen. Er mußte erst zum Leben und
zur Kunst zurückfinden.

Führer wurde ihm Purrmann. Schon vor dem Kriege
hatte Kardorff von der grauen Malerei weggestrebt und sich
um eine stärkere Farbigkeit bemüht. Gerade das, was er
nicht besaß, lockte ihn an der Kunst des Freundes: das Volle
und Bunte und Rheinländisch-Saftige, das Breite und Feste.
Aber der Gegensatz zum Besinnlichen und Nüchternen in
ihm — er ist der Sohn eines Schlesiers und einer Mecklen-
burgerin — war zunächst zu stark, als daß Harmonie hätte
entstehen können. Man wird diese Jahre immer als einen
Übergang zu betrachten haben. Heute dringt seine Natur
wieder durch, nachdem er das Erlebnis in sich aufgenom-
men und verarbeitet hat. Er bevorzugt wieder sanftere Töne
und läßt die Dinge mehr in Luft stehn. Technisch bedeutet
es eine Wandlung von stark deckendem Auftrag zu einem

Anmerkung der Redaktion: Den fünfzigsten Geburtstag von
Kardorffs unterstreicht die Galerie Schulte in Berlin durch eine um-
fangreiche Ausstellung, die einen ausgezeichneten Eindruck macht und
mit neuem Respekt vor der ernsten Arbeit des Künstlers erfüllt.

sehr dünnen Pinselsrrich, der die Temperauntermalung durch-
schimmern läßt. Die Durcharbeitung ist intensiver, der Bau
fester, die Struktur klarer als bei Werken seiner impressio-
nistischen Zeit.

Kardorff ist immer in erster Linie Porträtmaler gewesen.
Das Menschliche interessierte ihn von jeher. Ja, auch zu
andern Themen, der Landschaft, dem Interieur, dem Stilleben,
muß er eine persönliche Beziehung haben, sollen sie mehr
sein als Studien. Wenn er z. B. einen von Sonne durch-
wärmten Raum seiner Wohnung malt oder einen ihm lange
vertrauten Blick aus dem Atelierfenster, dann haben auch
solche Stücke die Note seiner Persönlichkeit. Wenn Hamann
in seinem Buche über das neunzehnte Jahrhundert Kardorff
unter dem Impressionismus der neunziger Jahre behandelr,
so ist das nicht nur zeitlich falsch, weil der Maler erst
nach 1900 selbständig zu arbeiren begann, sondern bedeutet
auch ein Mißversrehen des Geistigen, denn Kardorff hat
niemals — freilich ebensowenig wie die andern dieser
Gruppe — „Mangel an Achtung vor allem Menschlichen"
besessen und „einen rein optischen Impressionismus" ge-
pflegr. In seinen Porträts sucht er nicht „den Eindruck erster
flüchtiger Bekanntschaft festzuhalten", nein, gerade das
Ruhende und Bleibende hat er zu geben getrachtet. Und

*75
 
Annotationen