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3a, deine Hoffahrt einzig und dein Vornehmthun
£)at dir den Juden endlich auf den Hof gelockt,

Der dir vom Leibe Stück für Stück abzog das Fell,
Daß du jetzt daftchst, also sauber präparirt
Wie, von Apollon einst geschunden, Marsyas.

Nun unaufhörlich klagst du mir dein schwer Geschick
Und schreist nach Aornzoll immer, gleich als wäre der
Dich zu erretten die untrügliche panaccc.

Dir aber helfen kann allein dies eine nur:
Zurückzukehren zu der alten Einfachheit.

Denn eine karge Ceres hast zur Herrin du

Und einen Boden baust du, welcher willig nicht
Reichthümer spendet, wenn du zu ihm sagst: Gib her!
Nein, zanken mußt du dich mit ihm um jedes Uorn,
Zusetzcnd unablässig ihm mit eiserner
Beständigkeit, mit Bitten und mit Schmeichelei."

So sprach zum Landmann, dem bedrängten, Vater Zeus.
Alsdann die pfeife, die ihm ausgegangen war,

Anzündend wieder wandt' er sich mit Qualmen ab
Und donnernd warf er hinter sich die Thüre zu.

Kladderadatsch.

Am Stammtisch.

Schnitze. Na, Brösike, wie war eS denn mit daS EiSfest, Sie sind
ja wol da jewescn?

HrösiKe. Ick war vielleicht en Bisten zu früh da UN »ich lange jenug,
aber et war en bejeisterndcr Anblick, von dct leere Eis die riesige Menge
Zaunjäste zu sehen, die rum standen.

Dämchen. Nu, nu, so leer kann et »ich jewesen sind! In meine
Zeitung standen alleene Tausende »ft Eis.

HrösiKe. Ja, in Ihre Zeitung! Ick kann Ihnen sagen, zu Anfang
war es so einsam, bet en junger Man» versuchte, Schlitischuh laufen zu
lernen. Er lässt se sich also anschnallcn, jetzt los und kegelt ooch sofort hinten
über. Wie se ihn nu wieder hoch jelotst haben, fällt er mit'» Kopp voran
platt us'n Bauch. „M kann ich es". ,agt er, Ia,st sich die Schlittschuhe ab-
schnallen und verduftet unter dem Beifall der Zuschauer.

Schneider. Wenn dieses ein Franzose gewesen wäre, würde er sein
„Tonkin" nicht so bald aufgegeben haben.

Pctzhold. ES iS übrijeuS nach die neuste Berichte »ich so schlimm je-
wesen.

HrösiKe. Nich? Ick kann Ihnen sage», erst nach hinten nf den Süd-
pol, denn vorne uf de Nase un denn raus!

Pctzhold. Ich meine ja, mit die Franzosen, weil Schneider Tonki» er-
wähnte, und die Berichte darüber bester lauten.

HrösiKe. Ja, dadruff verstehn se zu loofcn!

Schneider. Uebrijens ein ritterliches Land, diese Franzosen. .Neulich
kriege ich eine illustrirte Zeitung aus Paris in die Finger, un wer steht
vorne an in Lebensjröße? Die Clovisscn mit'» verschleierten Blick und 'n
offenen Busen.

Iänichcii. Na, wodrum den» »ich? Die Jeschworenen haben ihr un-
schuldig jesprochen, nu steht se da, rein wie die Jungftau von Orleans.
Keencr kann ihr was «»haben.

Schneider. Sie hatte ooch man wenig an!

Schultze. Ihr habt doch immer die Franzosen was ans Kleid zu slicken-
Oder jefällt eS euch etwa in London bester, wo se jeden Tag en neues
Gebäude druf jehn lasten?

HrösiKe. Des iS ihr recht. Erscht thaten se ganz kittnäsig mit ihre
Freiheit un schrieben jrosi un breit an: „Hier wird nich ausjelieferl" und
n» jäben se was drum, wenn se all das Zeug wieder los wären, was ihnen
zujelofen iS.

Schneider. Die janze Schwefelbande, un was daS Dynamit iS. kommt
ja von Amerika rüber, wo sie jetzt unter Aufsicht der Negierung janze Regi-
menter jejcn Europa einexerciren. Dajcgen läßt sich jar nischt machen.

HrösiKe. Jewiß is wat zu machen, wenn die Negierungen ihren janzen
Vorrath von Schutzzoll druf legen. Da soll et sie sauer werden, rin zu
kommen.

Schultze. Brösike, Brösike, wenn Sie man bloß bet Witzemachen lasten

könnten. Aber wie is mir denn, kommt da nicht Müller? Na, wie so
denn so spät?

Müller. J'nn Abend allerseits. Ick mußte heut ruber bei die „ehe-
maligen Ehemaligen", wo ick ehemaliges Mitglied war.

HrösiKe. Na, da hört aber alles uf, wenn nu schon die Vereine an.
fangen, Reichstag un Landtag zu spielen un zu jlcicher Zeit tagen !

Müller. Soll nich wieder Vorkommen. Heut mußte ick mit meinen
Schwager hin, der Bäcker is, weil über die Kornzölle jesprochen wurde und
mein Schwager sich belehren wollte.

Dämchen. Na, denn packen Se mal jleich aus! Wie is es nu damit.
Zölle oder keene?

Müller. Mir iS die Sache noch zienilich schleierhaft jeblieben. Mein
Schwager sagt, wer se braucht, der will je, und wer se nich will, der hat
se schon.

HrösiKe. Schade, dcß Ihr Schwager Bäcker jeworden is, der war zu
was Höheres jeborcn.

Schneider. Na, schwer.is die Sache, un daß die eine Hälfte von
Deutschland für Kornzölle pctitionirt un die andere dajegen, macht eS einen
ooch nich jerade leichter.

Schultze. Wie cs ooch kommt, daS Brot wird doch immer kleener.
Es is 'n wahres Jlück, dcß wenigstens ne Fünfzigpscnnigschrippe nich
theurer werden kann.

Jänichen. Denn thun mir doch die Vegetarianer am mehrsten leid.
Vons bloße Jemüse können sc nich leben, und wenn se nich ins Jras beißen
wollen, mästen se zuletzt doch wieder ans Fleisch.

Müller. Man könnte ja noch eenen Versuch mache». Die ersten drei
Jahre die höchsten Kornzölle, denn drei Jahre jar keene, und wenn die um
sind, wird ausjebaldowcrt, wat bester war.

HrösiKe. Un wenn det ooch nischt hilft?

Müller. Denn muß det LooS entscheide».

Schneider. Die Loose woll'n se ja nun auch schon vermehren.

Schultze. Dabei fällt mir mein Freund Puhlikc in. Der sagte, „weil
ick des Rauchen nu doch mal nich lassen kann, habe ick mir wenigstens det
Schnupfen anjewöhnt." Weil se die Lotterie nich janz abschaffcn können,
wollen se wenigstens niehr Loose machen!

Pctzhold. Na, mir soll'S recht sind! Meinswegen könnten fe ne
Million machen, ineins käme doch nich raus.

Hchmaim. Meins auch nich!

Müller. Herrjeeses, Herr Lehmann, sind Sie ooch da? Sie haben ja
den janzen Abend noch keen Sterbenswörtchen jesagt.

Lehmann. Ich bin verstimmt, weil ich diesmal ooch wieder durch-
gefallen bin.

Schultze. Na, denn sollen Sie wenigstens jetzt rauskommcn. Wir jehn
wol alle? Jute Nacht!

Wie der Anlerstuatssecretnr Exc. De. tztephan
über den

Ltalltsminister a. D. Exc. I),\ Windlhorst »rtljeili.

Herr Windthorst ist, daß jeder cs wiste.

Der Vater aller Hindernisse,

Der Sünder ohne Gcwistcnsbiste,

Der Römling voller Ränke und Risse,

Als Welf stets — hinter der Coulisse,

Der Feind vernünst'ger Coinpromistc,

Kurz — Vater aller Hindernisse.

Ein Dorschfag.

In der dem BundeSrathc zugegangeneu Vorlage über Einrichtung einer
Kaiserlichen Verwaltung in den Gebietserwerbungen an'der wcstafrikanischen
Küste wird auch der Ban eines Gefängnisses zu Kamerun beantragt.

Ließe sich daS Gefängniß nicht entbehren? Vielleicht würden es die
aussätzigen Schwarzen, um die eS sich doch meistens handeln wird, als eine
schwerere Strafe empfinden, wenn sic zur Deportation nach Europa vcr-
uriheilt würden. Dort könnten sie für Geld gezeigt werden und brächten
noch etwas ein, während sic im Gefängniß zu Kamerun auf Kosten der
deutschen Steuerzahler niit Cocosnuß gefüttert werden niüßtc».
 
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