DOI Heft:
Hefte 25-30, Juni 1885
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.2266#0250
2 50
98
Eine wichtige Entdeckung.
Ein höchst interessantes Buch wird in diesen Tagen zur Ausgabe
gelangen.
Da es uns vcrstattet war, einen Blick in dasselbe zu werfe», wollen wir
hiermit einige Winke über seinen Inhalt dein größeren Lese-Publicum nicht
vorenthalten.
Der gelehrte Verfasser hat durch 40jährige Tag- und Nachtarbeit die
Nerven der Pflanze klar dargelegt. Dann ist er einen Schritt weiter ge-
gangen »nd hat auch die Sinues-Organe unwiderleglich nachgewiesen.
Die einzelnen Capitel behandeln:
L. Nerven-Centre». L. Einpfindungs.Aeußerungen, z. B.
das Knirschen der Morchel zwischen den Zähnen, der Widerwille der Kohl-
arten und Salate gegen das Kleinkauen :c.
Die Sinncs-Organe.
Das Gefühl, lieber die Sensitiven.
Der Geschmack. Deutlich »achgewicscn an der Artischocke, dein Spargel
und der Trüffel, lieber die Fleisch fressenden Pflanzen.
Der Gcruchsinii. Von den Rosaceen bis hinab zum Schnitt- und
Knoblauch.
Das Gesicht, lieber die Augen des Weinstocks, denen sogar die Thräne
«erstattet wurde, über die der Kartoffel :c.
Das Gehör, lieber das Hören des Grases während des Wachsthums :c-
Das zweite Buch ist nun ganz der Pflanzcnscele gewidmet, welcher der
gelehrte Verfasser mit Mikroskop und Messer entscheidend zu Leibe geht.
Kein gefühlvoller Leser wird dieses Buch ans der Hand' legen, ohne
einen tiefen Schauder vor der Ruchlosigkeit der Vegetarianer unterdrücke»
zu müssen.
Wenn die Pflanzen-Secle erst in das Volk gedrungen sein wird, werden
überall Pflanzenschutz- und -Anti-Quälerei-Vereine aus der Erde wachsen und
Asyle für obdachlose, arbeitsscheue und altersschwache Pflanze» wie die Pilze
entstehen. Nicht zu erwähnen der Pflanzenarzneischulen und Kliniken.
Der volle Titel dieses merkwürdigen Buches ist:
Die Uervrn-Brgane und die Kerle der pflanze.
Oscar E. Mumpitz. Doctor i. abs.
Ä u s Q in u n b c ».
Der preußische Antrag beim Bundestag hat hier ungeheuere Bestürzung
erregt. „Jetzt bleibt" — sagte der Herzog von Cuinberland zu seinen Ge-
treuen — mir wohl nichts anderes übrig, als mich gewaltsam des betreffenden
Herzogthums zu bemächtigen. Aber wie" — fuhr er verstimmt fort — „soll
ich das machen, da cs mir an Reiterei fehlt V
In diesem Augenblick kam eine Postkarte von Don Carlos an, der sich
erbot, im Braunschweigischen Harz eine Bande zu bilden, mittelst welcher er
nach und nach das Herzogthum und die preußische Umgegend desselben für
den Welfcnsprosseu erobern wolle. Dafür bedinge er sich nur aus: 2 bis
12,000 Mk. Vorschuß, 17V, % von der künftigen Civilliste und die Erlaubniß,
die Harzburg plündern zu dürfen.
Der Herzog laS mit lebhafter Freude die Karte, bis er au den Vor-
schuß kam. Da verflnsterten sich seine Züge und er reichte das Schriftstück
seinen Getreuen hin. Alle schüttelten die Köpfe und riethen ab.
Zu der Nachricht, daß Eugen Richter ein großes deutsch.freisinniges
Blatt herauszugeben ^beabsichtigt, bemerkt die demokratische „Frankfurter
Zeitung": „Besenstiele und Knüppel werde» im Preise steigen".
Also auch davon werden wieder die großen Waldbesitzer den Haupt-
vortheil haben. _
Ein Irrthum.
Jüngst'sprach ein als besonnen und zuverlässig bekannter Herr, welcher
in der unmittelbaren Nähe des Neichstagsgcbäudcs wohnt, am Stammtisch
seine Verwunderung darüber aus, daß der Reichstag seine Sitzungen schon
wieder ausgenommen habe. Das Factum wurde lebhaft bestritten und eine
große Anzahl von Wetten darüber abgeschlossen.
Die Nachforschungen, die am nächsten Tage angestellt wurden, ergaben
alsbald, daß der genannte Herr das Opfer einer verzeihlichen Selbsttäuschung
geworden war. Unter den Arbeitern, welche mit der Renovirung dcS
Sitzungssaales beschäftigt sind, hatte sich ein heftiger Streit cntsponncn,
und da war cS denn nicht ohne lauten Lärm und kräftige Ausdrücke ab-
gcgangen.
TJictoi: H ugo f.
Der. Dichter starb, an seinem Grabe
Sitzt nun die Muse traurigen Gesichts.
„Weh mir" — so spricht sie — „daß ich nichts
Auf deine Gruft zu legen habe.
Ich möchte dir verdienten Ruhm gewähren,
Doch das frenetische Gebrüll
Der Thoren, die als Götzen dich verehren,
Schließt mir den Mund und macht mich still.
Was kann ein Kranz aus meiner Hand dir frommen!
Du hast, als du im Leben standst,
So sehr viel mehr des Lorbeers schon bekommen,
Als du von mir bekomme» kannst."
3ur Ailsassuersicheruilg.
Während der Feiertage waren in Berlin die Delegirlen der vereiniglen
deutschen Zechergenossenschaften versammelt, um die Statuten für die dem-
nächst ins Leben tretende Unfallversicherung zu berathen.
Ohne Debatte wurde cinstimmig beschlossen, daß volle Enlschädigung für
alle Unfälle gewährt werden soll, welche ein Mitglied bei Ausübung seiner
Bernfslhätigkcit innerhalb eines LocalS, beim Uebergange aus einem Local
in ein anderes »nd auf dem Heimwege bis zum Bett treffen.
Der Vorschlag, auch für alle- in den Vormittagstunden stattfindenden
Unfälle Entschädigungen zu bewilligen, da bis zum Mittag eine Nachwirkung
der am Abend vorher ausgeübten Bernfslhätigkeit anzunehmen sei, fand zuerst
von verschiedenen Seiten Widerspruch. wurde aber schließlich mit großer
Majorität angenommen.
Nach Erledigung der geschäftlichen Angelegenheiten hielt ein fröhlicher
Comniers die Delcgirten bis tief in den Morgen vereinigt. Später kamen
bei dein Frühschoppen die ersten Unglücksfälle zur Anmeldung. Constatirt
wurden: zwei Fußverstauchungc», ein Beinbruch und elf schwerere Ver-
letzungen, die anscheinend von Hausschlüsseln oder Stöcken herrührten.
Ü ii 8 Monaco.
Die rapide Zunahme der Sclbstmordfälle in Monte Carlo hatte dc»
Bau einer Leichenhalle daselbst unaüfschieblich gemacht. Gestern wurde der
Grundstein zu derselben gelegt. Der Fürst selbst, Carl III. von Fortunas
Gnaden, vollzog den Weiheact, worauf von der Staatscapelle die National-
hymne (Ach du lieber Augustin) angestimmt wurde. Der Grundsteinlegung
folgte ein Gelage, bei welchem der Fürst die Festrede über die Symbolik
der Kugel hielt. Ein Hoch auf das Double Zero schloß den officiellen
Theil des ebenso weihevollen als gemüthlichen Festes. Daraus begann die
Fideiitaö: die Croupiers führten einen Tanz auf, der Schunkelwalzcr wurde
executirt und mehrere Ausgebcntelte erschossen sich eoram publico.
Amerikanisch.
Der amerikanische Professor Odlum ist bekanntlich, um sich als Tauch,
künstler zu zeigen, von der Brooklyn-Brücke in New-?>ork 150 Fuß tief in de»
East River hinuntergesprnngen und dabei, wie nicht anders z» erwarten war,
todt geblieben.
In nächster Zeit denkt ein anderer Schwimmvirtuose das Kunststück
nachzumachen. Ans Vorsicht aber, um sich im Wasser nichts zu zerbrechen,
will er den Sprung in einem eisernen Panzer machen, der aus fünf Zoll
dicken Platten zusammengesetzt ist. Natürlich wird er damit auf den Grund
gehen, denkt aber mit Hilfe eines großen Magneten, den er mitnimmt, selbst
sich wieder an die Oberfläche empor zu ziehen.
Neuestes Zottciiriosuiii.
Auf dem Nebenzollämt Lehe mußten Heringe, die in Pappe gepackt
waren, als „Pappwaaren" verzollt werden.
Wir bemerken dazu, daß dabei die Emballage vielleicht gar nicht den
Ausschlag gegeben hat. Auch ohne eine solche können Heringe sehr wohl zum
Pappwaarcnzoll hcrangezoge» werden, nämlich in allen Fällen, in welchen
nicht durch ein Sachverständigen-Collegium bewiesen worden ist, daß sie
nicht von Pappe sind.
98
Eine wichtige Entdeckung.
Ein höchst interessantes Buch wird in diesen Tagen zur Ausgabe
gelangen.
Da es uns vcrstattet war, einen Blick in dasselbe zu werfe», wollen wir
hiermit einige Winke über seinen Inhalt dein größeren Lese-Publicum nicht
vorenthalten.
Der gelehrte Verfasser hat durch 40jährige Tag- und Nachtarbeit die
Nerven der Pflanze klar dargelegt. Dann ist er einen Schritt weiter ge-
gangen »nd hat auch die Sinues-Organe unwiderleglich nachgewiesen.
Die einzelnen Capitel behandeln:
L. Nerven-Centre». L. Einpfindungs.Aeußerungen, z. B.
das Knirschen der Morchel zwischen den Zähnen, der Widerwille der Kohl-
arten und Salate gegen das Kleinkauen :c.
Die Sinncs-Organe.
Das Gefühl, lieber die Sensitiven.
Der Geschmack. Deutlich »achgewicscn an der Artischocke, dein Spargel
und der Trüffel, lieber die Fleisch fressenden Pflanzen.
Der Gcruchsinii. Von den Rosaceen bis hinab zum Schnitt- und
Knoblauch.
Das Gesicht, lieber die Augen des Weinstocks, denen sogar die Thräne
«erstattet wurde, über die der Kartoffel :c.
Das Gehör, lieber das Hören des Grases während des Wachsthums :c-
Das zweite Buch ist nun ganz der Pflanzcnscele gewidmet, welcher der
gelehrte Verfasser mit Mikroskop und Messer entscheidend zu Leibe geht.
Kein gefühlvoller Leser wird dieses Buch ans der Hand' legen, ohne
einen tiefen Schauder vor der Ruchlosigkeit der Vegetarianer unterdrücke»
zu müssen.
Wenn die Pflanzen-Secle erst in das Volk gedrungen sein wird, werden
überall Pflanzenschutz- und -Anti-Quälerei-Vereine aus der Erde wachsen und
Asyle für obdachlose, arbeitsscheue und altersschwache Pflanze» wie die Pilze
entstehen. Nicht zu erwähnen der Pflanzenarzneischulen und Kliniken.
Der volle Titel dieses merkwürdigen Buches ist:
Die Uervrn-Brgane und die Kerle der pflanze.
Oscar E. Mumpitz. Doctor i. abs.
Ä u s Q in u n b c ».
Der preußische Antrag beim Bundestag hat hier ungeheuere Bestürzung
erregt. „Jetzt bleibt" — sagte der Herzog von Cuinberland zu seinen Ge-
treuen — mir wohl nichts anderes übrig, als mich gewaltsam des betreffenden
Herzogthums zu bemächtigen. Aber wie" — fuhr er verstimmt fort — „soll
ich das machen, da cs mir an Reiterei fehlt V
In diesem Augenblick kam eine Postkarte von Don Carlos an, der sich
erbot, im Braunschweigischen Harz eine Bande zu bilden, mittelst welcher er
nach und nach das Herzogthum und die preußische Umgegend desselben für
den Welfcnsprosseu erobern wolle. Dafür bedinge er sich nur aus: 2 bis
12,000 Mk. Vorschuß, 17V, % von der künftigen Civilliste und die Erlaubniß,
die Harzburg plündern zu dürfen.
Der Herzog laS mit lebhafter Freude die Karte, bis er au den Vor-
schuß kam. Da verflnsterten sich seine Züge und er reichte das Schriftstück
seinen Getreuen hin. Alle schüttelten die Köpfe und riethen ab.
Zu der Nachricht, daß Eugen Richter ein großes deutsch.freisinniges
Blatt herauszugeben ^beabsichtigt, bemerkt die demokratische „Frankfurter
Zeitung": „Besenstiele und Knüppel werde» im Preise steigen".
Also auch davon werden wieder die großen Waldbesitzer den Haupt-
vortheil haben. _
Ein Irrthum.
Jüngst'sprach ein als besonnen und zuverlässig bekannter Herr, welcher
in der unmittelbaren Nähe des Neichstagsgcbäudcs wohnt, am Stammtisch
seine Verwunderung darüber aus, daß der Reichstag seine Sitzungen schon
wieder ausgenommen habe. Das Factum wurde lebhaft bestritten und eine
große Anzahl von Wetten darüber abgeschlossen.
Die Nachforschungen, die am nächsten Tage angestellt wurden, ergaben
alsbald, daß der genannte Herr das Opfer einer verzeihlichen Selbsttäuschung
geworden war. Unter den Arbeitern, welche mit der Renovirung dcS
Sitzungssaales beschäftigt sind, hatte sich ein heftiger Streit cntsponncn,
und da war cS denn nicht ohne lauten Lärm und kräftige Ausdrücke ab-
gcgangen.
TJictoi: H ugo f.
Der. Dichter starb, an seinem Grabe
Sitzt nun die Muse traurigen Gesichts.
„Weh mir" — so spricht sie — „daß ich nichts
Auf deine Gruft zu legen habe.
Ich möchte dir verdienten Ruhm gewähren,
Doch das frenetische Gebrüll
Der Thoren, die als Götzen dich verehren,
Schließt mir den Mund und macht mich still.
Was kann ein Kranz aus meiner Hand dir frommen!
Du hast, als du im Leben standst,
So sehr viel mehr des Lorbeers schon bekommen,
Als du von mir bekomme» kannst."
3ur Ailsassuersicheruilg.
Während der Feiertage waren in Berlin die Delegirlen der vereiniglen
deutschen Zechergenossenschaften versammelt, um die Statuten für die dem-
nächst ins Leben tretende Unfallversicherung zu berathen.
Ohne Debatte wurde cinstimmig beschlossen, daß volle Enlschädigung für
alle Unfälle gewährt werden soll, welche ein Mitglied bei Ausübung seiner
Bernfslhätigkcit innerhalb eines LocalS, beim Uebergange aus einem Local
in ein anderes »nd auf dem Heimwege bis zum Bett treffen.
Der Vorschlag, auch für alle- in den Vormittagstunden stattfindenden
Unfälle Entschädigungen zu bewilligen, da bis zum Mittag eine Nachwirkung
der am Abend vorher ausgeübten Bernfslhätigkeit anzunehmen sei, fand zuerst
von verschiedenen Seiten Widerspruch. wurde aber schließlich mit großer
Majorität angenommen.
Nach Erledigung der geschäftlichen Angelegenheiten hielt ein fröhlicher
Comniers die Delcgirten bis tief in den Morgen vereinigt. Später kamen
bei dein Frühschoppen die ersten Unglücksfälle zur Anmeldung. Constatirt
wurden: zwei Fußverstauchungc», ein Beinbruch und elf schwerere Ver-
letzungen, die anscheinend von Hausschlüsseln oder Stöcken herrührten.
Ü ii 8 Monaco.
Die rapide Zunahme der Sclbstmordfälle in Monte Carlo hatte dc»
Bau einer Leichenhalle daselbst unaüfschieblich gemacht. Gestern wurde der
Grundstein zu derselben gelegt. Der Fürst selbst, Carl III. von Fortunas
Gnaden, vollzog den Weiheact, worauf von der Staatscapelle die National-
hymne (Ach du lieber Augustin) angestimmt wurde. Der Grundsteinlegung
folgte ein Gelage, bei welchem der Fürst die Festrede über die Symbolik
der Kugel hielt. Ein Hoch auf das Double Zero schloß den officiellen
Theil des ebenso weihevollen als gemüthlichen Festes. Daraus begann die
Fideiitaö: die Croupiers führten einen Tanz auf, der Schunkelwalzcr wurde
executirt und mehrere Ausgebcntelte erschossen sich eoram publico.
Amerikanisch.
Der amerikanische Professor Odlum ist bekanntlich, um sich als Tauch,
künstler zu zeigen, von der Brooklyn-Brücke in New-?>ork 150 Fuß tief in de»
East River hinuntergesprnngen und dabei, wie nicht anders z» erwarten war,
todt geblieben.
In nächster Zeit denkt ein anderer Schwimmvirtuose das Kunststück
nachzumachen. Ans Vorsicht aber, um sich im Wasser nichts zu zerbrechen,
will er den Sprung in einem eisernen Panzer machen, der aus fünf Zoll
dicken Platten zusammengesetzt ist. Natürlich wird er damit auf den Grund
gehen, denkt aber mit Hilfe eines großen Magneten, den er mitnimmt, selbst
sich wieder an die Oberfläche empor zu ziehen.
Neuestes Zottciiriosuiii.
Auf dem Nebenzollämt Lehe mußten Heringe, die in Pappe gepackt
waren, als „Pappwaaren" verzollt werden.
Wir bemerken dazu, daß dabei die Emballage vielleicht gar nicht den
Ausschlag gegeben hat. Auch ohne eine solche können Heringe sehr wohl zum
Pappwaarcnzoll hcrangezoge» werden, nämlich in allen Fällen, in welchen
nicht durch ein Sachverständigen-Collegium bewiesen worden ist, daß sie
nicht von Pappe sind.