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s~^!IS\ Al'kerkanö Aport.

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”5rci junge Leute, welche in Brandenburg auf einige Jahre ansässig
gemacht waren, hatten im Stillen eine Wette gemacht, welcher von ihnen
zuerst Berlin erreiche» würde.

In einer der letzten Gewitternächte entfernten sie sich ohne Aufsehen
des Postens und überstiegen auch glücklich die ersten Hindernisse. Bei der
letzte» Mauer verstauchte sich der eine den Fuß und gab das Nennen auf.

Die anderen beiden gingen nun Schulter a» Schulter in kräftiger Pace
loö. Sehr zu Statten kam ihnen allerdings die leichte Bekleidung, grauer
Drillich mit einfacher Nummer, und die ungeniein regnerische Nacht.

Bei Potsdam stolperte der Zweite über eine Weiche, die nicht erleuchtet
war, und mutzte von einer Patrouille in Sicherheit gebracht werden.

Der Dritte erreichte glücklich Berlin. Er kam am Potsdamer Thor
2 Stunden später an als das Telegranim auS Brandenburg, welches die
Zeit seines Startes auf 3 Uhr Morgens angab. Er hatte also die ganze
Strecke zu Fuß in 8 Stunden zurückgelcgt.

Der Schutzmann, welcher zu seinem Empfange an der Normaluhr
stationirt war, begleitete den Sieger unter dem Jubel der Bevölkerung nach
dem Molkcnmarkt. von wo er nach Erfüllung einiger Formalitäten nach
Brandenburg per Schub zurückfuhr.

Wassersport.

Der Ruderverein „Kcntcrlust" (12 Mitglieder) hatte sich am Mittwoch
ganz früh in corpore nach der Waisenbrücke begeben und war von da in
3 gcmicthcten Kähnen nach Stralau gefahren.

Hier begann die Regatta spreeaufwärts. Ein erster Preis von zwei
Flaschen und ein zweiter von einer Flasche Gilka waren auSgcsetzt. Welcher
Kahn zuerst umkippte, war Sieger.

Dicht hinter Treptow wurde das Zeichen gegeben, aber trotz der riesen-
haftesten Anstrengungen aller 3 Kähne im Schaukeln bauerte cs doch bis
zum Eierhäuschen, che der erste »mschlug. Gleich dahinter kippte auch der
zweite. Die Jnsaflen des dritten Kahns ruderten nun äußerst niedergeschlagen,
denn auch die beiden Preise waren mit dem zweiten ins Wasser gefallen,
nach Stralau zurück. Hier warteten sie noch eine Stunde ab, bi-5 die nasien
Sieger vorüber waren, und kehrten dann nnt der Verbindungsbahn nach
Berlin zurück. ,

Lnftsport.

Ein lenkbares Luftschiff stieg neulich in der Flora auf, um direct nach
Potsdam zu fahren. Da aber der Wind schon von Potsdam zurückkam,
machte der Luftschiffer kurzen Procetz, schloß sich ihm an und landete glücklich
in Bernau.

Somit ist das Problem gelöst!

Fahrsport.

Von dem neue» Pflaster unter den Linden gereizt, cntrirlc» die Führer
eines Brauer- und eines Schlächterwagcns eine Wettfahrt bis zum Branden,
burgcr Thor.

Bei dem Denknial Friedrichs des Großen starteten sic in tadelloser
Weise. Nun ging es in sausendem Galopp durch die Linden. DaS Publikum
bethciligtc sich lebhaft an der Wettfahrt. Einige wurden direct überfahren,
andere heftig bei Seite geschoben, ein alter Herr entging durch ei» Wunder
dem Tode und Kinder wurde» leblos davongetragen. Droschken, Equipagen,
ein Postwagen und die Feuerwehr, kurz alle Hinderniffc wurden mit Leichtig-
keit genommen. Am Brandenburger Thor rief die Wache „Rrrraus", und
nach links und rechts verschwanden die kühne» Wettfahrer. Den Name»
des Siegers hat man leider nicht erfahren könne».

Eßsport.

Zwei äliere Herren, von denen sich jeder anheischig gemacht hatte, fünf
Schock Krebse erster Güte zu verzehre», ohne aufzustehen, hatte» eine Wette
gemacht, nach welcher der zuerst an das Ziel kommende kostenlos ausgehcn

Zu Montag waren die Krebse, die verschiedenen Weinsorte» und eine
auserlesene Anzahl gemeinschaftlicher Freunde als Unparteiische bestellt
worden.

Da kam leider auch der Wolkenbruch, und alle Krebse starben. Der
Wein blieb unbeschädigt. Ein Vorschlag der Unparteiische», die Wette in
neuen Kartoffeln auszutragen, wurde abgelchnt. So mußte sie leider bis
auf ruhigere Zeiten vertagt werden.

Einige zwanzig Studenten in hohen Semestern waren zusammen
getreten, um zum Zwecke der Aichung auf experimentellem Wege herauszu-
bringen, welcher von ihnen am meisten Feuchtigkestscapacität habe. Als Medium
wurde Bier vorgeschlagen.

Man begab sich nach cineni bekannte» Bicrhause In den ersten fünf
Stunden hielten alle Contrahenten fest zusammen. Dann sah man einzelne
sich dem. Pfosten nähern, um Reugeld zu zahlen und ihre Einsätze zu rette».

Plötzlich trat der Wirth herein mit der Anzeige, daß der Stoff zu Ende
sei. Unverrichteter Sache und mißmuthig zogen die Studenten ab und
beschloffen vor der Thür, die Wette nächstens gleich in einer Brauerei aus-
zutragen.

ÄU8 dem Ceilir»,».

Eine namenlose Bestürzung hat im uliramontaucn Lagcr der Erlaß des
Bischofs von Paderborn hcrvorgerufcn. Die „Germania" ist außer sich, und
das ganze CorpS der Hetzkapläne speit Feuer und Fett.

Und als oh cs an dem einen Unglück nicht genug sei, so komnien dazu
auch noch die allerdings noch nicht verbürgten Gerüchte von einer Annäherung
deS heiligen Vaters an das Königreich Italien.

„Imis Romac“ soll Windthorst ausgerüfen haben, als diese Hiobs-
Posten , durch den Barbier zu seinen Ohren drangen, und auS einer Ohnmacht
direct in die andere gefallen sein.

In einer kürzlich von Ccntrumsmänncrn berufenen Versammlung wurde
über die Frage debattirt, was unter so bewandten Umstände» zu thun sei.
Einige waren dafür, die Flinte ins Korn zu werfe», zum Glück aber drang
dieser Antrag nicht durch. Man denke nur, wie bei dcr^uugeheuren Anzahl
der Werfenden die gerade in vollster Aehreupracht stehenden Kornfelder da-
durch verwüstet worden wären!

Andere schlugen vor, zur Besserung der betrübenden Zustände in, Pader-
bornsche» eine Springprocession von Meppen nach Canoffa abzuhalten.
Auch dieser Vorschlag wurde abgelehnt, weil der großen Hitze wegen zur
Zeit eine Springwallfahrt inopportun erschien und Windthorst von vorn
herein erklärte, daß er einer leichten Verstauchung des linken Handgelenks
wegen nicht mitspringen könne.

Der Antrag, den Bischof von Paderborn mit bewaffneter Faust zur
Zurücknahme seines Erlasies zu nöthigen, dem Papst aber mit Abfall und
mit der Einsetzung eines Gegenpapstes zu drohen, wurde abgelehnt, hotte
aber doch eine ansehnliche Minorität für sich.

Ein Mann, welcher den Vorschlag machte, nach der oberen Saline i»
Kisimgen zu schicken und Bismarck um Rath zu fragen, wurde mit
clementarer Heftigkeit hinausgeworfen.

Darauf trennte man sich, nachdem durch eine einstimmig angenommene
Resolution festgestcllt war, daß das Centrum ohne Kulturkampf verloren sei
und geradezu aus den, Leim gehe» müffe, daß daher alles nur irgend Mög-
liche zu thun sei», um ein ruhiges Weitertoben des Kampfe-! hcrbeiznfnhrcn.

Bei dem Dromedar-Wettrennen, welches am 28. v. M. von der Suda-
nesen-Truppe zu Prag veranstaltet wurde, sind die „Schiffe der Wüste" von
Fiakern, Vclocipedistcn und Traber» geschlagen worden. „2ft ihnen ganz
recht geschehen — äußerte einer der Sieger — warum sein's auch solche
Kameele, sich mit uns zu messen!"

In Prag ist der Verkauf der Anthropinpillen des Professors Jäger ver-
boten worden. Wie es scheint, hat die K. K. Stalthalterci ein Haar darin
gefunden.
 
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