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fliibcr Pankraz!

Die Sache ist nehmlich die: Der Stcnerzettel ist mich eine jedesmalige
heilsame Erinnerung, daß ich mir zu fühlen habe als ein Glied fon's
Ganze; und wenn sie mir nicht um meine Meinung gefragt haben, ihe sie
nach Frankfurt güngen, um die neue Schraube zu drechseln, nehmlich die
Finanzministers, so habe ich dennoch das Recht als intensief besteuerten
Bürger mir'den eigenen Kopf zu zerbrechen über dieselbigte Frage, nehmlich:
Wo nehme ich die Steuern her? Wo der Staat sie hernehmen könnte,
dieses weiß ich schon längstens! und wunnere mir nur, daß die gelernten
Herren? dadrübcr noch lang und breit berathen müssen: aber wo
nehme ich sie her? Dieses ist ein viel knifflichercs Problematikum, und
wer bei dem gegenwärtige» Rehomür diese Sphinks zu lösen probirt,
der ist meinswegen das größte Scheine des Jahres (früher benennte man
es: des Jahrhunderts) oder meinswegen ei» sobenennter Sisifuß, was ein
krummbeinlgter Teckel gewesen sein muß, indem er sich bei’? Arbeiten
immerzu mit dem einen Vorderfuß auf dein andern treten thät, und dessent-
wegen thäten ihm seine umliegenden Genossen zurufen: sieh sieh Fuß; 's
ist doll genug, aber es ist der bekanntliche Fluch der bösen That, indem der
Mensch sein tugendhaftiges Geuiüthe verliert, wenn er privatim nach Steuer-'
quellen suchen geht. — Also sors Erste: Mein« Dörthe bleibt in diesem
Jahre zu Hause, anstatts in dem thenre» Bade zu gehen. — Jawoll, —
der Staat ist meinswegen ein UlächHen KaWi?,. nivessenMen meine Dörthe,
geb. von Unke, ist er der reine Frosch; denn woriün? Der Staat ist ja
ein rein parlamentarisch-constitutionellen Corpus, indessen sie, was meine
Dörthe ist, ein sogenenntes autokratische? Regiment fuhren thut; da probir
dir mal mit einer gesetzgeberischen Meinung : — also , weg ist sie, mitsamst
die neuen Hüte und dem gSnzlichcn Gebampel. Schön ! oder auch nicht
schön!-Ich probir es also mit die persönliche Entwöhnung von dem abend-
lichen Schoppen; — eine Unmöglichkeit, lieber Pankraz, indem der Mensch
in so’ne Zeitläuften doch auf das Saufende bleiben muß, wenn er nicht
versauregurken will; — also waS ilu? - Nlin sitze ich und zerbreche mir
wie gesagt den Kopf über diesem gordische» Knoten, womit ich dir begrüße
als dein fortlaufenden Freund

Keinrich Kninet,

Residenz, in diesem Austmonde, Renntjeh.

und Dörthe schreibt, es soll ans
Borkum ganz enlfamigten fein und
ecksllusief sein; Gott segne ihr!

Aricf des Hardefähudrichs Arih von Schneid an seine Araut
Adelstnnde von Kohennä».

Geliebte Gnndel!

Gestern dabei gewesen, als von Spandau »ach Berlin »uiquartirt
wurden. Kommen stott durchs Brandenburger Thor marschirt, als Oberst
uns aus ganz famose Idee von Magistrat aufmertfom machte und „Bataillon
Halt!" eommaudirte. Standen da nämlich eine Anzahl Berliner Stadlväter,
jelungene Jesellschaft, aufmarschirt unter Commando von einem Reservc-
osfizier und übten „Rumpf vorwärts beugt!" Anblick für Götter, Haupt-
gaudium für unsere Kerle. Oberst, der Situation sofort richtig taxirte,
ließ nicht etwa präsentiren, sondern Gewehr abnchmeu und hatte die Güte,
sich nach Zweck von Hebung zu erkundigen, während Kerls im Glied faule
Witze machten über saloppe Haltung von Civiltrnppe, wie: „Meher, Bauch
rein!" „Augen rechts!" „Dritter Mann einen Fuß zurück." Daun ging's
weiter, während alter Verbündeter von Tennewitz und Roßbach in prächtigem
Sonnenschein herablächelte über neue Garnison und gutgesinnte Bevölkerung,
die ausgezeichnetes, aber thenres Pflaster hcrstellt. Erinnere doch Papa
daran, daß wegen Manöver der erste diesmal auf zwanzigsten fällt. Onkel
Falkensteins „Minerva" hat die Mauke: Trotha avaneirt nach den,
Manöver. 3» ewiger Siebe

Lein Jirih.

Auf der Versammlung der Irrenärzte in Frankfurt a. M. ist, wie in
der „Freisinnigen Zeitung" in Erinnerung gebracht wird, zur Sprache ge-
kommen, daß der Pastor von Bodelschwingh lehrt, auch Irre seien für
ihr Thun persönlich verantwortlich. Bisher hatte mau angenommen, daß
für den Blödsinn, den sic anrichten, nur diejenigen verantivortlich sind, die
vom Gerichte nicht entmündigt werden können.

Bei der Hast, mit der der Sociasisten-Congreß geschloffen wurde, sind
manche Anträge unerledigt geblieben, darunter auch der Vorschlag eines
etivaS verrannten, aber fanatisch ehrlichen Mannes, welcher dem bekannten
Wahlspruch in sechzehn Sprachen die Fassung geben will: „Proletarier
aller Länder, haut euch!"

Er hofft bestimmt, daß sein Antrag auf dem nächsten Congrcß angc-
»oumien wird.

Lieber-Lnnrütt,.,,^

Eine bekamuliche Redensort son, Sprüchwort besagt: Der Mensch jz
keine Fliege nich, sondern ein sobenenten domo napisn», waS so viel heißen
thut, als ein Fokalivus, was mehrschtentheils nich weiß, was er thut, so
per Erempel z. B. als du in deiner gegenwärtige» Bewußtlosigkeit/'worüber

ich mir hellschen wunnern muß: denn worum? Wo kannst du in deiner
Dämlichkeit unser sobenenntes landwirlhschastliches Motto vergessen : Lerne
klagen,'ohne zu leiden! — Wenn du dir nemlich in einem abwartende»
Zustände verhalten willst, bis'dir'das Wasser an der Gördel kommt, denn,
lieber Hinri k, kannst du meinswegen versaufen als ei» junger Kater; nein,
Hiurik, ehe du in. dem Wasser liegen thust, mußt du aus allen Lunge»
raufen: Rettet mir! Zu Hülse! IIn sollst mal sehen, was for Stangen
sie dich reichen. Steuer» müsse» sein, un sogar noch mehr Steuern; in-
dessen die actiefen und passiefen Oeconomikers un Landwirthe können ihnen
»ich vertragen, un dessentwegen such jetzo Leute in dem Reichstage geschickt
mit geflickte Hosen, als ein Ziniboliiun der schweren Zeih un gehe mit
ruhiges Gewissen zu mein pqiitsch.cn Abendschopfen, (wir , trinken'S ' „och
immer aus irdische Pötte) un laffe andere Krüge zu Wasser gehen; denn
worum? S°'fl, polit,'sch.en, Bieresub sinde.t- aiich mal ein Korn, als das be-
wußte chlinde.Hlchn.Zich.em Krsschan Bollq-meinte, der Staat würde eis,
hellschen Pfosten Geld niachen, wenn die Ministers un Genossene sich erst
mal die richtigen Ausdrücke belernten, un denn als modernigle Apostels
losgüngen, un vor Feiinige Angtreh Vorträge hielKn in dem ga„M
Laune, über die Slechtigkeil derjenigten Menschheit, die Geld haben ihn?,
(natürlichemang mit- Ausnahmen) un über die Rothwendigkeit, daß der
eine Theil der Menschheit dem andern raußer mieißen muß, un meinswegen
über dem Einflüsse der verflossenen trockenen Witterung -'auf: bfc
Wickelung des Geziefers in der Natur un in der offenbaren Politik des
deutschen Volkes. ..Dieses, wäre eine nützliche Beschäftigung sor die Herrens
un för.die.Fi>ianzen, womit ich dir begrüße als dein nützlichen Freund

Dammberg i. Mklnbrg. in dissen Beconomiker. '

Ilustmonde, was for Obst un for
die Einseklen ein,»Wrlichen. Zeit? . , ; , „ .y

Punkt wesen thut, nameiitlich Wes-
penzeug.

Sinansiviffeuschufll'iches ans Mcus) <1. iL. '

In Franksnrt tagten die deutschen
Finanzminister hcn'r
Und suchten von Reiches wegen
Rach einer erfreulichen Sten'r.

Nur.einer war darunter,

Der schüttelte immer de» Kops
Und fluchte leis: „Potz Taufend,

Wo bin ich armer Tröpfl
Die Kirchensachen kenne
Ich freilich voll und ganz,

Doch dieses scheint beinah mir
Wie höhere Finanz"

So sprach der Rath von Meding

Vom Consistorium

In Greiz, den Renß entsandte:

Kein Mensch weiß recht, warinn.

Ter Professor der Kunstgeschichte an der Universität Breslau Herr
Schniarsow hat sein Schrämt niedergelegt, weil eS den, ihm unterstellte»'
kunsthistorischen Institut schon seit 25 Jahren an dem erforderlichen Lehr-
material mangelt.

Und in 25 Jahren hat dieser sonderbare Kunflschwärmer »och nicht-
gelernt, daß eS in Preußen nur eine Kunst gibt: gut zu crercircn, und
daß die öffentlichen Mittel knapp ausreichen, um das Institut, jn dem
diese Kunst gelehrt wird, standesgemäß zn unterhalten?

Am Sonntag Rogatc ivird in der Torgauer Schloß- und Garnison-
Kirche ein PredigämtScandidat und Lieutenant der Reserve predigen. An'
Erfolg kann’s ihm bei . seiner Zuhörerschaft nicht , fehlen; das Commando
„Rühren!" wird genügen, um auch bei dem hartgesottensten Sünder bie,
erwünschte Bewegung hervorzurufen.
 
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