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w. In Rußland wurde ein Herr, der ein Billett erster
Klasse gelöst hatte, aber nicht durch die Tür des Waggons
kommen konnte, weil er zu dick war, in dem Sanitäts-
wagen untergebracht. Unterwegs wurde dann ein Protokoll
ausgenommen, und später verlangte das Ministerium von
dem Reisenden die Bezahlung von 12 Fahrkarten I. Klasse,
weil er einen ganzen Waggon benutzt habe.

Da es nicht nur in Rußland, sondern auch bei uns
dicke Leute gibt, so hat die mitgeteilte Begebenheit den
ungewöhnlichen Erfolg gehabt, unsere Verkehrs,ninister
Breitenbach und Krätke zum angestrengten Nachdenken
anzuregen. Der erstere dekretierte natürlich sofort, die
Türen der Waggons durchweg bedeutend enger zu machen,
so daß es in Zukunft nichts Seltenes sein wird, daß ein
Fahrgast nicht in den Waggon gelangen kann. Da es
aber nicht angängig erscheint, jedem Zuge eine größere
Zahl von Sanitätswagen anzuhängen, so wurde jede
Tür als Flügeltür ausgestaltet, deren einer Flügel
sich automatisch öffnet, und zwar nach Einwurf eines
oder zweier oder dreier Zwanzigmarkstücke, je nachdem es
sich um die dritte, zweite oder erste Klasse handelt. Erwogen
wird, ob man die Türen nicht überhaupt so einrichtet, daß
sie sich erst gegen Einwurf eines Geldstückes öffnen. Krätke
der geniale Postreformator, dessen Wahlspruch kurz und
bündig das lateinische „Post“ bildet, und der bekanntlich
nie zurückbleibt, obgleich in seinem Reich so manches zurück-
geblieben ist — aus besseren Zeiten. Krätke hat ganz ähn-
liche Neuerungen bei den Briefkästen vorgenommen. Augen-
blicklich erwägt er, ob es nicht möglich wäre, die Türen
der Postämter und die Schalterfenster ebenfalls mit ähn-
lichen Einrichtungen zu versehen. Der Kluge nimmt eben
das Gute, wo er es jindet.

Die beiden Freunde

Wiederum hat jetzt beim Wickel
Das Gericht den Doktor Zickel.

Ein besondrer Leckerbissen

Ist dies für Herrn Hermann Nissen,

Der als Kriminalstudent

Ist im Sitzungssaal präsent.-

Schmunzelnd hört man Nissen sagen,

Ach. wie könnt' ich da noch klagen?

O Die Verhandlungen der Strafprozeßkommission des
Reichstages scyreiten immer weiter fort und erregen das
Interesse des deutschen Volkes, vor allem aber das der Be-
teiligten, d. h. der Richter, der Staatsanwälte, der Rechts-
anwälte und der Verbrecher.

Eine interessante Petition ist vvn sachverständiger Seite
an den Reichstag gelangt. Die Verteidiger des Reichstags-
abgeordneten Bruhn im „Wahrheits"-Prozeß beantragen, der
Reichstag möge folgende Bestimmung in die Strafprozeß-
ordnung einstigen: „Wird der Angeklagte freigesprochen, so
können die Kosten seiner Verteidigung der Staatskasse auf-
erlegt werden. — Wird durch das Gutachten von Sach-
verständigen festgestellt, daß der Angeklagte eine nationale
Gesinnung an den Tag gelegt hat, so hat das Gericht ohne
Rücksicht darauf, ob der Angeklagte freigesprochen wird oder
nicht, anzuordnen, daß ihm auf Staatskosten ein Denkmal
errichtet wird.“

m. i. In Augsburg wurde festgestellt, daß ein Diplom-
ingenieur dasselbe Einkommen erhielt, wie ein städtisches
Abortweib.

Infolge dieser Feststellung kamen sowohl die Rotunden-
frauen wie die Diplomingenieure um Erhöhung ihres Ein-
kommens ein.

„Beide zu berücksichtigen sind wir nicht in der Lage“,
meinte hierauf der Augsburger Magistrat. „Wir müssen
sehen, bei wem von beiden sich leichter etwas machen läßt.“

Reuters größter Erfolg

Einen großen Erfolg hat Fritz Reuter auch aus
dem Gebiet der Staatskunst errungeil, obgleich er wegen
Aufruhrs und Landesverrats viele Jahre hat brummen
müffen. Seine von ihm dem allerdings hochkonservativen
Iochen Nüßler in den Mund gelegten Redensarten:
„Wat sall ick dorbi dauhn" und ,,'t is all so. as dat
Ledder is" sind neuerdings Negierungsmarimen geworden.

Pupillarifche -Sicherheit

D Da die Earuso-Billette trotz aller Vorsichtsmaßregeln
der Eeneralintendantur in den Handel gekommen sind, so
macht ein Mann aus dem Publikum in der Presse den
Vorschlag, jeder Villettkäufer solle die Photographien der
Billettinhaber zur Kasse mitbringen und auf die Billette kleben.

Das genügt nicht, da hierdurch Fälschungen geradezu
herausgefordert werden. Zeder Billettkäufer muß die
Personen, für die die Karten bestimmt sind, an die Kasse
bringen. Sie erhalten als Legitimation nicht eine der sonst
gebräuchlichen Karten, sondern einen Stempelabdruck, der
die Nummer und den Preis ihres Platzes bezeichnet. Da
die glücklichen Inhaber von Caruso-Stempeln diesen Aus-
weis bis zur Vorstellung auf ihrem Körper tragen müssen,
so wird es sich empfehlen, den Stempelabdruck aus einem
Körperteil anzubringen, der nicht allgemein sichtbar ist
und der außerdem nicht gar zu oft gewaschen wird.

A. Wie finden Sie es bloß, daß Tolstoi den Nobel-
preis nicht haben wollte?

V. Unnobel in hohem Grade.

A. Scheint mir auch so.

Da wird so viel Aufhebens davon gemacht, daß die
Zofepha Ciaston so lange in Polizeihaft gehalten sei. Wie
jetzt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ erklärt, hat sie
nur zehn Monate sitzen müssen. — Was sollen da andere
Mädchen sagen, die heutzutage ja meistens ganz und ga-
sitzen bleiben?

Griechisches

So viel auch geleimt, genagelt und gebohrt wird,
wackelig ble'^ rrnnrr
 
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