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Kladderadatsch — 90.1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.2317#0700
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Wohl überlegt

Vor dem Friedensrichter zu Clee-
thorpes hatte sich ein 77jährigcr Mann
wegen tätlicher Beleidigung eines 79-
jährigen Nachbarn zu verantworten.
Der Angeklagte erklärte, daß sie beide
seit 71 Jahren verfeindet seien und ihm
jetzt endlich die Geduld gerissen sei, er
habe dem Nachbarn eine Ohrfeige ge-
geben und sei dann davongelausen.
Der Mann kam mit einem Verweis
davon.

Man kann sagen, daß diese Ohrfeige
wohl überlegt war.

Wozu eine Wache?

Ein reicher amerikanischer Sonder-
ling hinterließ ein Testament, in dem
er denjenigen als Alleinerben einsetzt,
der sich verpslichtet, an seinem Grabe
Tag und Nacht Wache zu Hallen.

Gerade der Wachhabende wird aber
doch an dem Grabe sagen: Die Leiche
kann mir gestohlen werden!

Amerikanisches Blaubuch

In Amerika hat man jetzt die für
einen idealen Ehemann notwendigen
Eigenschaften in einem Blaubuch in
142 Punkten niedergelegt. Jeder Mann
hat die Ausgabe, wenigstens An-
näherungswerte zu erreichen.

Blaubuch wird diese Aufstellung des-
wegen genannt, weil die Ziffer 1 dem
Ehemann verbietet, jemals „blau" zu

Das würde helfen!

Der Magistrat des Städtchens Fair-
lawn im USA.-Staat New Jersey hat
beschlosien, daß die etwa 1000 Katzen-
besitzer des Ortes innerhalb eines Mo-
nats ihren Tieren eine Schelle um den
Hals anlegen und daß sie eine Jahres-
steuer von einem Dollar zahlen müssen.
Die Bürgerschaft erhob vergeblich hef-
tigen Protest.

Die Bürger hätten bei ihrem Protest
einige Mäuse-Pärchen den Stadtvätern
überreichen müssen.

Wcltbcdrohung

Nach dem Ausweis des statistischen
Reichsamtes hat in den ersten sechs
Monaten dieses Jahres die Ausfuhr
von deutschen Schirmen erheblich zuge-
nommen. Es wurden über 200 000
Stück nach allen Ländern der Welt
ausgeführt, und damit die englische
Vorherrschaft auf diesem Gebiet in ver-
schiedenen Ländern gebrochen. Die
Ausfuhr nimmt weiter zu.

Wieder eine neue Weltbedrohung
durch Nazi-Deutschland. Es will nun
am liebsten die ganze Welt unter seine
Schirmherrschaft bringen!

Hcmdärmclkrieg

In Brasilien ist ein lebhafter Streit
darüber entbrannt, ob man den Män-
nern gestatten solle, in Hemdärmeln zu
erscheinen.

Wenn es deswegen zu Schlägereien
kommt, so ist der Streit schnell entschie-
den i beide Teile gehen in Hemdärmeln
auseinander los.

Allerhand Dementi

Ein Tratsch ging um in einer kleinen Stadt,
daß es Herr Müller mit Frau Maier hat —

„Quatsch", sprach am Stammtisch Müller, „Kinder, Kinder,
ich schwör' es, es ist wirklich nichts dahinter!"

Zur gleichen Zeit erhob sich ein Gemunkel,

auch mit Frau Müller und Herrn Maier . . . dunkel-

Prompt schrieb Herr Maier groß es in die Zeitung:

„Ich warne die Verleumder vor Verbreitung!"

Noch waren es der Tage vierzehn nicht,
da sah man gleichen Tages vor Gericht

um neun Uhr „Müller contra Müller" steh'n
und „Maier contra Maier" um halb Zehn.

Und wiederum nach ein paar Wochen war
der Müller mit der Maierin ein Paar:
und auch der Maier gab cs zu: „Ich bin
schon ausgeboten mit der Müllerin."

Natürlich stand die ganze Kleinstadt Kopf,

sprach bald von Müller, bald von Maier: „Tropf . .

Und las im Tagblatt alsdann interesiiert,

was Prag. Paris. Wien. London wieder dementiert!!

Zoologisch-Harmonisches. (Rostock. L.
E.j: Im „Rostocker Anzeiger" vom 1. UI.
37 befindet sich folgende Anzeige: „Stadt,
gem. Chor. Zur Ausführung der Chor-
werke ,Zoologi>cher Garten' von Zillinger
und .Deutsches Requiem' von Brahms
können sich noch stimmbegabte Damen und
Herren melden. Anmeldungen bei Kapell-
meister Karl Reise, Augustcnstr. 126, II."
Run, sür die Ausführung des sonderbaren,
aber sicher originellen Chorwerkes „Zoolo-
gischer Garten" dürsten alle stimmkräf-
ligen männlichen und weiblichen Ein-
wohner, wenn sie auch nicht gerade singen
können, sogar die Erunzbäsie der Rostockcr
Grog-Stammtische, willkommen sein. Rur
die bereits von Siegfried Ochs ausgebil-
deten sogenannten „Alten Krähen", sollten
nicht zugelassen werden. Die Ausführung,
so viel steht sest, wird sicher „zum Quieken".

Ornithologisch - Japanisch - Militärisches.
(Frankjurt a. M. H. R.j: In der „Pir-
inasenser Zeitung" vom 18. !>. 67 lesen wir
von einem „Besuch im japanischen Kriegs-
Ministerium"; unter anderem heißt es da
von dem japanischen Kcncralstabsches
Risuburo Fujita: „Man sicht ihn zumeist
in Khaki-Unisorm und in seinem Privat-

kabinett zwitschern, die er aus Japan mit-
gebracht hat, im Käsig." Sicherlich hatten
die guten Freunde dem betr. Bericht-
erstatter vor dem Besuch des japanischen
Kriegsministeriums allzu reichlich Sake
eingeillllt: und nun sah er den ostasiati-
schen Himmel sür einen Dudcljack und den
Kriegsminister Risuburo Fujita sür einen
bunten Kakuda an. Übrigens „zwitschert"
der Kriegsminister recht kräftig, so daß es
selbst den Moskauer Brandschürern ge-
hörig in die Ohren dringt.

Unsrciwillig-Rätselhastes. (Liegnitz.
R. V.): Im „Liegnitzer Tageblatt" vom
11. 10. 37 dejindet sich unter der Über-
schrift: „Wir brauchen 1 Million Ziegen
mehr!" die Abbildung eines Kraftomni-
busses, der die riesengroße, uns allen so
wohlbekannte Ausschrist: „Kraft durch
Freude" trägt: darunter stehen die Worte:
„Backstation des Zicgenzüchtcr-Bcrcins
Liegnitz am Neudorfcr Weg." Der Leser
des sehr geschätzten „Liegnitzer Tageblatts"
steht hier vor einem unlösbaren Rätsel:
denn selbst die allcrkühnste Vermutung
könnte nicht zu der Annahme gelangen,
daß vielleicht ein alter ausrangicrtcr Om-
nibus von „Kraft durch Freude" einigen

Böcken des obengenannten Ziegenzüchter-
vereins zur Ausübung ihrer beruflichen
Tätigkeit eingeräumt sein sollte. Ebenso
absurd und grotesk wäre aber auch die
Vermutung, daß in dem besagten Vehikel
die der Böcke bedllrstigen Ziegendamcn zu
dem von ihnen ersehnten Ort transportiert
würden. Also L. T., äußere dich!

Ungeheures Sportsprachc-Eescires.
(Bremen. A. W.): In den „Bremer Nach-
richten" vom 11. 10. 37 lesen wir den Be-
richt über einen „Neuen deutschen Rekord
im Hansabad": darin heißt cs: „In Ab-
wesenheit von Inge Schmitz Spandau 04
wurden die 100-Meter-Frauenrllcken der
Meistcrklassc zu einer .zahmen Sache'."
Blitzkrcuzstaudendunnerwettcr! Das stellt
tatsächlich einen neuen Rekord — der
„wundervollen" Sportsprache dar.

In einen so langen Fraucnrücken
möchten wir gern mit Vergnügen zwicken
vom Genick an bis zum untersten Ende,
auch höben wir zärtlich klatschend die
Hände.

Doch verkneifen wir uns diese Neigung für
später,

bis die Rücken gewachsen auf tausend
Meter.
 
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