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Das Morgenland.
fäße aus gebranntem Thon und Metall zeigen meist sehr einfache,
von den Kürbisfrüchten entlehnte Formen ohne weitere Verzierung.
Die türkischen und ägyptischen Gefäße sind mannichfaltiger, die Ver-
zierungen bestehen jedoch meist nur ans Reifen und Strichen, wie
sie auch auf unseren altgermanischen Gefäßen vorkommen. Dagegen
scheinen die Araber größere Gefäße zu Kunstwerken gestaltet zu haben,
wie die beiden Vasen zeigen, welche in den Werken von de la Borde
und Murphy abgebildet sind. Die persischen Gefäße, welche Gamba*)
mittheilt, sind von zierlicher schlanker Form, obschon wir sie nicht
unter die eigentlichen Kunstwerke rechnen dürfen, wie denn über-
haupt die Kunst im Orient nie um ihrer selbst willen, nie selbst-
ständig anftritt, sondern stets nur dazu dient, die Kleidung, Woh-
nung, Geräthe, Werkzeuge und Waffen, so wie den Cultus zu ver-
schönern, wozu sie dann aber auch alles, was sich ihr als Mittel
darbietet, mit Geschmack zu verwenden versteht. So hat sie denn
sich auch der Schrift, namentlich der schönen kufischen Charaktere
zur Ausschmückung der Moscheen und Fürstensitze bemächtigt.
Die Geschichte
des Orients ist die Geschichte seiner Religionen, und schon von die-
sem Gesichtspunkte aus stellen sich uns die Staaten des Orients in
zwei großen Gruppen dar. —- Die erste ist diejenige Gruppe, in
welcher der passive Urstamm durch die Religion in seiner Reinheit
und Knechtschaft von den Eroberern erhalten worden, wie in den
indischen Inseln und Festlanden. Die Eroberer activer Nasse waren
von den Gebürgen herabgestiegen und hatten sich das eingeborne
Urvolk unterthänig gemacht. Sie theilten sich in die Lande und
errichteten eine Menge Königreiche, die neben einander bestanden, ge-
stützt auf des Manu Gesetzbuch und eine fantastische Götterlehre.
Die strenge Kasteneintheilung gewährleistete den göttergleichen Bra-
manen, den gebornen Berathern der Könige und ihrer Krieger, mit
deren Hülfe die unbedingte Herrschaft über die zu ewiger Knecht-
schaft und Unmündigkeit verdammten Urbewohner, obschon sich
allgemach durch Vermischung beider Rassen eine dritte Kaste gestaltete.
Diese indischen Staaten entwickelten sich zu einer Cultur, deren
Denkmale die Sanskritliteratur ist, die alle Zweige des menschlichen
Wissens umfaßt; Astronomie, Medicin, Mathematik und Philosophie
gestalteten sich, unter dem Einflüsse einer lebhaften Fantasie. Musik,
Tanz, Dichtung, Bildnerei und Baukunst entfalteten sich zu bewun-
dernswürdigen Kunstwerken. Die Bramalehre aber blieb die, alle
Verhältnisse des Staats- und Familienlebens beherrschende Gesetzge-
berin, obschon auch sie nicht ohne Anfechtung blieb und Seelen sich
) llans la Uussis msrillionals pl. 56.
Das Morgenland.
fäße aus gebranntem Thon und Metall zeigen meist sehr einfache,
von den Kürbisfrüchten entlehnte Formen ohne weitere Verzierung.
Die türkischen und ägyptischen Gefäße sind mannichfaltiger, die Ver-
zierungen bestehen jedoch meist nur ans Reifen und Strichen, wie
sie auch auf unseren altgermanischen Gefäßen vorkommen. Dagegen
scheinen die Araber größere Gefäße zu Kunstwerken gestaltet zu haben,
wie die beiden Vasen zeigen, welche in den Werken von de la Borde
und Murphy abgebildet sind. Die persischen Gefäße, welche Gamba*)
mittheilt, sind von zierlicher schlanker Form, obschon wir sie nicht
unter die eigentlichen Kunstwerke rechnen dürfen, wie denn über-
haupt die Kunst im Orient nie um ihrer selbst willen, nie selbst-
ständig anftritt, sondern stets nur dazu dient, die Kleidung, Woh-
nung, Geräthe, Werkzeuge und Waffen, so wie den Cultus zu ver-
schönern, wozu sie dann aber auch alles, was sich ihr als Mittel
darbietet, mit Geschmack zu verwenden versteht. So hat sie denn
sich auch der Schrift, namentlich der schönen kufischen Charaktere
zur Ausschmückung der Moscheen und Fürstensitze bemächtigt.
Die Geschichte
des Orients ist die Geschichte seiner Religionen, und schon von die-
sem Gesichtspunkte aus stellen sich uns die Staaten des Orients in
zwei großen Gruppen dar. —- Die erste ist diejenige Gruppe, in
welcher der passive Urstamm durch die Religion in seiner Reinheit
und Knechtschaft von den Eroberern erhalten worden, wie in den
indischen Inseln und Festlanden. Die Eroberer activer Nasse waren
von den Gebürgen herabgestiegen und hatten sich das eingeborne
Urvolk unterthänig gemacht. Sie theilten sich in die Lande und
errichteten eine Menge Königreiche, die neben einander bestanden, ge-
stützt auf des Manu Gesetzbuch und eine fantastische Götterlehre.
Die strenge Kasteneintheilung gewährleistete den göttergleichen Bra-
manen, den gebornen Berathern der Könige und ihrer Krieger, mit
deren Hülfe die unbedingte Herrschaft über die zu ewiger Knecht-
schaft und Unmündigkeit verdammten Urbewohner, obschon sich
allgemach durch Vermischung beider Rassen eine dritte Kaste gestaltete.
Diese indischen Staaten entwickelten sich zu einer Cultur, deren
Denkmale die Sanskritliteratur ist, die alle Zweige des menschlichen
Wissens umfaßt; Astronomie, Medicin, Mathematik und Philosophie
gestalteten sich, unter dem Einflüsse einer lebhaften Fantasie. Musik,
Tanz, Dichtung, Bildnerei und Baukunst entfalteten sich zu bewun-
dernswürdigen Kunstwerken. Die Bramalehre aber blieb die, alle
Verhältnisse des Staats- und Familienlebens beherrschende Gesetzge-
berin, obschon auch sie nicht ohne Anfechtung blieb und Seelen sich
) llans la Uussis msrillionals pl. 56.