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Doktor August Klipstein, Vormals Gutekunst und Klipstein <Bern> [Hrsg.]
Nachlass Julius Hess: Hess-Antiquariat, Bern und aus anderem Besitz (Band 2): Kostbare Bücher: Inkunabeln, Handschriften, illustrierte Bücher des 15. - 19. Jahrhunderts, kostbare Einbände ; Medizin, Naturwissenschaften ... Hand- und Fachbibliothek, bibliophile und graphische Nachschlagewerke ; Versteigerung in Bern 3. - 5. Dezember 1941 — Bern, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.11941#0013
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I. HANDSCHRIFTEN

1220 *) Bonnor (Bonnet), Honoré. L'arbre des batailles. — Traité des droits
d'armes. Burgundisch-flämische Pergamenthandschrift ca. 1482, in gleich-
mässiger Bastard in 2 Spalten sorgfältig geschrieben. Mit 1 ganz-
seitigen, 10 halbseitigen und 1 kleinen Miniatur, 1 Besitzer-
wappen auf der ersten Seite (Neufchâtel), 63 Wappen im Text und
zahlreichen grösseren und kleineren Initialen in Gold auf farbigem
Grunde. Folio. 208 Bll. (1—8; I—CC, 363:252 mm). Gotischer
Holzdeckelband mit blindgepresstem Lederüberzug des XVII. Jahrh.,
darunter das alte, blindgepresste Leder und (mod.) Schliessen.

Kostbares flämisch-burgundisches Manuskript mit prächtigen Miniaturen, die
dem von Durrieu so genannten Alexander Bening angehören oder jedenfalls sehr nahe
stehen, wohl in Brügge, wo dieser Meister 1487 urkundlich nachweisbar ist, entstanden
sind und zu den schönsten und interessantesten Arbeiten der Zeit gehören.
Der Band enthält zwei grössere Texte. Einmal das Hauptwerk des Honoré Bonnor,
der zu Ende des 14. Jahrhunderts Prior des von der Abtei Isle-Barbe (Diöz. Lyon) ab-
hängigen Benediktinerpriorats in Selonnet (Diöz. Embrun) war, über den sonst jedoch
nicht viel bekannt ist. Sein Werk zerfällt in vier Hauptteile: L'église en scisme, Les
rois en guerre, Les grands en dissension, Les peuples en révolte. Er behandelt kurz die
Geschichte des Altertums und danach die Streitigkeiten der Stände, ihre Rechte und
Pflichten usw., wobei er zahlreiche verwandte politische und geschichtliche Fragen streift.
Dieses Werk (ff. I—CVIr) ist durch zwei Miniaturen illustriert. Die prächtige halb-
seitige Miniatur f. Ir stellt die Übergabe des Buches durch den Autor an den jungen
König dar. Die sehr interessante ganzseitige Malerei f. llv gibt in symbolischer Dar-
stellung den Grundgedanken des Werkes, den Kampf der Stände gegeneinander, wieder:
Aus dem Höllenschlund wächst ein Baum mit zwei Hauptästen heraus ; auf dem linken
Ast sitzen auf den Zweigen untereinander streitende geistliche Paare. Auf dem rechten
Ast streiten ein König gegen einen Fürsten und zahlreiche Vertreter verschiedener Laien-
stände untereinander. Unten reitet aus dem Höllenschlund auf einem Ochsen ein Weib,
das aus einer Bombarde eine Kugel in die Luft feuert. Im Hintergrunde eine
weite Landschaft mit Wiesen, Wäldern und Seen. — Diese hochinteressante Darstellung,
die zum Verständnis des Textes sehr wesentlich ist, findet sich nicht in allen Handschriften
des Werkes.

Zweitens enthält der Codex einen anonymen, laut Schlussbemerkung 1481 vollendeten
Traité des droits d'armes (Vorrede nebst Inhaltsübersicht Bl. ir—6v; Text Bl.
ClXr—CICv). Er behandelt zunächst nach literarischen Quellen Ursprung, Wesen und
Vorrechte des Adels; dann gibt er eine ausführliche Darstellung des Wappenwesens
und Wappenrechts nebst Anleitungen und Regeln für die sachgemässe Ausführung und
technische Herstellung von Wappen, die durch 63 Wappenbilder erläutert sind. Darauf
folgen Kapitel über Wahl und Krönung eines Kaisers und eines Königs, über die Haupt-
würdenträger der Krone von Frankreich, über die Herzogs- und Grafenwürde, über
den Ritterschlag der Edelknaben, über den Rang und die Würden der höchsten Hof-
ämter, über die Kriegspflichten des Adels, über das Zeremoniell des Zweikampfes
nach englischer und französischer Sitte, über die Pflichten der Marschälle im
Kriege und im Frieden, über den «roi d'armes», über Turniere und anderes mehr.
Dieser Text ist durch 10 prachtvolle Miniaturen illustriert:

Bl. ir. Einleitungsbild, die Schande Noahs vor seinen Söhnen; im Hintergrunde Land-
schaft mit grosser Stadt (16 :iy cm). Am unteren Rande der Seite farbiges Besitzerwappen:
Neufchâtel.

Bl. ClXr. Darstellung einer Ordensverleihung (16 : 17 cm). In einer Halle mit zwei
Thronsesseln legt der König einem vor ihm knienden Fürsten das Goldene Vlies um,
während die Königin die Fürstin mit einer Kette schmückt.

Bl. CXLIIIr. Darstellung der Kaiserkrönung durch drei weltliche und die drei geistlichen
Kurfürsten (16 : 16 cm).

Bl. XLIIH. Ritterlicher Zweikampf mit kurzen Schwertern nach englischer Sitte auf
einem Schlosshofe vor einigen Zuschauern (16 : 16 cm).

*) Die N° 1—1219 sind im Katalog XVIII, Nachlass Hess, Erster Teil, verzeichnet und
umfassen den Bestand der reinen Orig.-Graphik.

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