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Knackfuß, Hermann; Rubens, Peter Paul [Ill.]
Rubens — Künstler-Monographien, Band 2: Bielefeld, Leipzig: Verlag von Velhagen & Klasing, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.60845#0059
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braune Reiter, von bissigen
Hatzhunden unterstützt, über
der Leiche eines gefallenen
Gefährten mit einem Nil-
pferd und einem Krokodil;
es ist ganz wunderbar, mit
was für einer Vorstellungs-
kraft der Künstler diese Un-
geheuer, die er doch nur in
der trägen Ruhe des Ge-
fangenenlebens beobachten
konnte, in grimmiger, heftig
bewegter Lebenstätigkeit ge-
schildert hat.
Urn 1615 erhielt Rubens
von dem Pfalzgrafen Wolf-
gang Wilhelm von Neuburg
den Auftrag, für die neu-
erbaute Hofkirche zu Neuburg
a. d. Donau ein Jüngstes
Gericht zu malen. Dieser
großartigste aller Vorwürfe
hatte Rubens schon früher
beschäftigt. Zwei in kleinem
Maßstab gemalte Bilder (das
eine in der Münchener Pina-
kothek, das andere in der
Suermondt-GaleriezuAachen,
von dem letzteren eine ver-
größerte Wiederholung eben-
falls in München) schildern
die Auferstehung der Ge-
rechten und den Höllensturz
der Verdammterem getrennter
Darstellung. Der Künstler
läßt das Richterwort, das die
Begnadigten vor: den Ver-
worfenen scheidet, schon ge-
sprochen sein; auf dem euren
Bilde steigt die Schar der
Seligen gleich einer dichten
Rauchwolke zum Himmel empor, wo in ferner Hohe der Weltenrichter auf dem Regenbogen
thront; in widerstrebenden Massen zusammengcballt, die wie Feuergarben durcheinander
wogen, stürzen auf dem anderen die Verdammten in Flammenglut und Finsternis. Das
Wunderbare, das Außerordentliche dieser Schöpfungen liegt weniger in dein unerschöpf-
lichen Reichtum der Einzelheiten, den Rubens in den steigenden und stürzenden Leibern
zur Anschauung bringt, als vielmehr in der in solcher Weise von keinen: anderen jemals
versuchten Massenwirkung; die Zahl der Seelen ist unendlich, zu Tausenden und Aber-
tausenden ballen sie sich zusammen, und beide Bilder erwecken mit Notwendigkeit die
Vorstellung, daß hier wie dort noch weitere Tausende folgen werden (Abb. 40 und 41).
Das vom Pfalzgrafen bestellte Altarbild mußte einfacher in der Komposition sein, weil
beides, das Emporschweben zum Himmel und das Hinabstürzen zur Verdammnis, in
einen: Rahmen zu vereinigen war. Als ein erster Entwurf hierzu erscheint die herrliche,
sehr durchgebildete Skizze, die in der Münchener Pinakothek als „Das kleine Jüngste

Abb. 43. Die Anbetung der Hirte». In der Pinakothek zu München
Nach einer Originalphotographie von Franz Hansstaengl in München
(Zu Seile 48)
 
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