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Knackfuß, Hermann; Rubens, Peter Paul [Ill.]
Rubens — Künstler-Monographien, Band 2: Bielefeld, Leipzig: Verlag von Velhagen & Klasing, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.60845#0132
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ihm das zeitweilige Verlassen von Haus und Werkstatt erwünscht machte, da beides ihm
verödet vorkam.
Im Sommer 1626 starb Rubens' Gattin. Was sie dem Meister war, geht am
besten aus seinen eigenen Worten hervor, die er am 15. Juli jenes Jahres in einem
Briese niederschrieb. „Wahrlich," sagt er, „ich habe eine ausgezeichnete Gefährtin ver-
loren; man konnte, was sage ich, man mußte sie mit Recht lieben, denn sie hatte keinen
der Fehler ihres Geschlechts; keine verdrießliche Laune, keine jener weiblichen Schwächen,
sondern nichts als Güte und Schicklichkeitsgefühl; ihre Tugenden machten sie bei ihren
Lebzeiten jedermann lieb, nach ihrem Tode verursachten sie allgemeine Betrtibnis. Ein
solcher Verlust erscheint mir gar empfindlich, und da das einzige Mittel für alle Übel
das Vergessen ist, das die Zeit mit sich bringt, so muß ich zweifellos davon meine
einzige Hilfe erhoffen. Aber wie schwer wird es mir werden, den Schmerz, den ihr
Verlust mir verursacht, von dem Andenken zu trennen, das ich mein Leben lang
dieser geliebten und verehrten Frau bewahren muß! Eine Reise würde mir vielleicht
gelegen sein, um mich von so vielen Gegenständen zu entfernen, welche unablässig
meinen Schmerz erneuern, ,wie jene (Dido in Virgils Äneis) einsam klagt im ver-
lassenen Haus und an Dinge sich brütend hängt, die ringsum als Erinnerungszeichen
geblieben?. Die wechselnden Bilder, die sich den Augen auf einer Reise darbieten,
beschäftigen die Einbildungskraft und besänftigen das Weh des Herzens. Freilich ist
es wahr, ,daß ich in meines Ich Gesellschaft wandern und mich selbst mit mir Herum-
tragen werde'" . . .
Die kaiserliche Ermitage zu Petersburg bewahrt ein herrliches großes Bild von
Isabella Brant aus ihren letzten Lebensjahren. Sie sitzt in vornehmer, reicher Kleidung,
in Brokatmieder und golddurchwirktem rotem Rock, auf einem roten Sessel; in der einen
Hand hält sie eine weiße Rose, in der anderen einen Fächer von Pfauenfedern. Ihre
Züge sind etwas welk geworden, aber ihre frische Farbe läßt noch keine Spur von
Kränklichkeit ahnen; die Augen leuchten so lebhaft, wie auf ihren frühen Jugendbildern,
und die Lippen scheinen allzeit zu einem freundlichen Lächeln bereit. Im Hintergrund
des Bildnisses hat Rubens ein Stück von den Bauten abgemalt, mit denen er seinen
Garten geschmückt hatte (Abb. 102).
Rubens ließ seine Gattin in der St. Michaelskirche in der nämlichen Gruft bestatten,
welche die Asche seiner Mutter barg.
Von allen Erinnerungszeichen, die Frau Isabella in dem verödeten Hause zurückließ,
waren die besten ihre beiden prächtigen Knaben, — das Töchterchen war früh gestorben.
Eines der schönsten Porträtstücke des Meisters ist das Doppelbildnis, in dem er seine
beiden Söhne in ganzer Gestalt abgemalt hat; nach dem Alter der Dargestellten muß das
Werk ganz kurze Zeit nach dem Tode Isabellas entstanden sein. Wenn sonst gerade jetzt
die Zeit des vielbeschäftigten Meisters dermaßen in Anspruch genommen war, daß er bei
der Ausführung seiner Schöpfungen, mehr aus Notwendigkeit als aus freiem Willen,
seine eigenhändige Arbeit auf das Allerunentbehrlichste — und manchmal selbst auf
weniger als dies — beschränkte, so hat er sich bei diesem Bilde, ebenso wie bei dem-
jenigen seiner Frau, die Zeit genommen und hat es vom ersten bis zum letzten Strich
mit all der künstlerischen Liebe, deren er fähig war, gemalt, und die Liebe zu den
Seinigen hat er mit hineingemalt. Das Doppelbildnis befindet sich in der Fürstlich
Liechtensteinischen Sammlung zu Wien; eine sehr schöne Wiederholung besitzt die Dresdener
Galerie. Albert, der ältere Knabe, ganz schwarz gekleidet, lehnt an einem Pfeiler, im
rechten Arm hält er ein Buch, das Zeichen seiner Lernbegierde, durch die er sich früh-
zeitig solche Kenntnisse erwarb, daß er schon im Alter von sechzehn Jahren vom König
von Spanien zu einem hohen Amte vorausbestimmt wurde; die Linke, die den aus-
gezogenen Handschuh lose gefaßt hält, legt er leicht um die Schulter des Bruders; dieser,
der hellfarbige Kleider trägt, ist noch ganz ein sorgloses Kind; all seine Aufmerksamkeit
gilt seinem Spielzeug, einem gefesselten Distelfinken. Die beiden Knaben leben vor uns,
und der künstlerische Reiz der Licht- und Farbenwirkung des Ganzen findet nicht in
manchem Werke seinesgleichen (Abb. 103).
 
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